Kann ich Risiko beschreiben oder muss ich es erfahren?

Martin Weber · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Risiken an Finanzmärkten zu verstehen fällt den allermeisten Menschen schwer. So schwer, dass viele Menschen, insbesondere in Deutschland, davor zurückschrecken, einen Teil ihres Vermögens in risikoreichere Anlagen zu investieren und sie damit auf erwartete Rendite verzichten. Zur Erinnerung, es gilt die Wahrheit (Weisheit): nur wer mehr Risiko eingeht, kann mehr Rendite erwarten. Für das Vermeiden von Risiko mag es eine Vielzahl an Gründen geben - einer ist mit Sicherheit die schwierige Kommunikation von finanziellem Risiko.

Denken Sie eine ganze Zeit lang zurück. Vor fast 20 Jahren, also vor dem Platzen der Dot-Com-Blase, begann die Privatisierung der Deutschen Telekom. In einer bis dahin beispiellosen Werbekampagne wurde die Telekom Aktie als „Volksaktie“ gepriesen und dem Anleger wurde die Möglichkeit zu einfach verdientem Geld suggeriert. Ein Problem dabei: der große Hype um die Aktie hatte dazu geführt, dass die Aktie für manchen Privatinvestor die erste und womöglich einzige Beteiligung an den Finanzmärkten darstellte. Wenn es damals unglücklich für den Anleger lief, so hatte er im Zuge des Niedergangs nach der Jahrtausendwende durch die Investition in die Telekom Aktie einen signifikanten Verlust erzielt. Hätten Investoren über das unverhältnismäßige Risiko einzelner Aktien besser Bescheid gewusst (und das gilt nicht nur für Telekom-Aktien - denken Sie an die Kursentwicklung der Deutsche Bank-Aktie, der E.ON-Aktie, der….usw.), so hätten Sie zumindest einen Teil der Verluste, die mit der Telekom Aktie und der Dot-Com-Blase einhergingen, in einem breit diversifizierten Portfolio abfangen können.

Etwas anders verhielt sich die Situation in der Finanzkrise von 2008. Dadurch, dass die Märkte global ins Rutschen kamen, konnten auch sehr gut diversifizierte Anleger starke Einbußen kaum vermeiden. Hätten Anleger sich jedoch eher ins Bewusstsein gerufen, dass auch solche Krisen mit ruhiger Hand über längere Zeit ausgestanden werden können, hätten wahrscheinlich eine Vielzahl von verschlimmernden Panikverkäufen vermieden werden können.

Beiden Fällen dabei gemeinsam: Sie wurden von Anlegern aktiv durchlebt, d.h. im Nachhinein sind wir immer schlauer, d.h. haben etwas gelernt und verstehen die Risiken und Chancen jetzt besser. Wenn also das aktive Erleben fundamentalen Einfluss auf das Verständig von Risiko hat, warum sollte man sich diese Erkenntnis nicht zu nutzen machen? Im Hinblick auf die Risikokommunikation, z.B. in den Key Investor Information Documents (KIID), wird jedoch bisher ausschließlich auf beschreibende Informationen gesetzt. Wir sehen in aller Regel fünf Balken, die die Rendite des Finanzinstruments in den letzen fünf Jahren darstellen und das ist es dann. Schon länger ist bekannt, dass die genaue Art der Darstellung einen deutlichen Einfluss auf das Verständnis von Finanzinformationen hat (und erst die Farbe und Ausgestaltung der Grafik). Effektiver jedoch zeigen sich Methoden, bei denen Anlegern die Möglichkeit gegeben wird, Risiko interaktiv zu erfahren. In einer Studie konnten wir zeigen, dass Anleger, die anhand von Computersimulationen Risiko vermittelt bekamen, die Risiken genauer als bei einer reinen Beschreibung einschätzen konnten, ihre Anlageentscheidung weniger an das zufällige Ergebnis der Anlageentscheidung anpassten und insgesamt mehr bereit waren, in riskante Aktienanlagen zu investieren.

Sollte man also in Zukunft vor der Frage stehen, wie man den deutschen Sparern am besten das Risikokommunizieren kann, könnte man auf die Resultate der Risiko-Simulation aufbauen. Sollten Sie neugierig geworden sein, wie konkret solch ein Hilfsmittel für die Risikokommunikation aussehen könnte, dürfen Sie es gerne kostenlos unter „simulator.behavioral-finance.de“ ausprobieren.

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