Kaufsignal für den DAX

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Steigende Zinsen sind Gift für die Börse. Denn zum einen bedeuten sie stärkere Konkurrenz für die Aktienanlage. Wer immer mehr sicher geboten bekommt, überlegt sich, ob er das Kursrisiko von Aktien auf sich nimmt. Zum anderen geht – wie von der Notenbank angestrebt – das Kreditwachstum zurück zur Begrenzung der Inflation. Das bedeutet aber eben auch rückläufiges Geldmengenwachstum und damit weniger Liquidität und Treibstoff für die Aktienmärkte. Seit jeher fürchten Börsianer daher steigende Zinsen. Heute fürchten sie diese noch mehr als je zuvor, denn allen ist klar, dass die Kurssteigerungen der letzten Jahre vor allem der extrem lockeren Geldpolitik der Notenbanken geschuldet sind. Die Zinsen bei Null oder nahe Null und die Notenbanken kaufen Anleihen und erhöhen die Geldmenge immer weiter. Es gibt kein besseres Umfeld für Aktien.

Wirklich restriktive Geldpolitik kann sich keine Notenbank leisten

Nun treffen sich die Chefs der wichtigsten Zentralbanken heute in Jackson Hole, einem relativ kleinen Ort in Wyoming. Wird von diesem Treffen aus nun die Zinswende eingeleitet, auch in Europa? Wird der Chef der Europäischen (EZB) Mario Draghi dieses in seiner Rede heute um 21:00 Uhr unserer Zeit verkünden? Und wird die US-Zentralbankchefin Janet Yellen die Verkürzung der Notenbankbilanz konkret ankündigen? Wahrscheinlich nicht, denn den Notenbankern ist längst klar, dass die Welt an diesen tiefen Zinsen hängt wie ein Drogenabhängiger an der Nadel. Die Verschuldung steigt immer weiter. Damit meine ich nicht die Staatsverschuldung. Die lässt sich ja leicht durch die eigene Notenbank finanzieren, so sie in der eigenen Währung begeben ist. Nein, es ist die Verschuldung der Unternehmen, die teilweise auf Kredit eigene Aktien zurückkaufen, und der privaten Haushalte in Ländern wie den USA oder auch Großbritannien. Alles wird finanziert, weil das Geld ja so billig ist. Studentengebühren, Autos und natürlich Immobilien. Würden die Zinsen wirklich stark steigen, dann bräche das ganze Schuldengerüst zusammen, wie 2007/08. Das wird keiner riskieren. Und da die Inflationsraten überall in den alten Industrieländern so schön tief sind, besteht überhaupt keine Not.

Antizyklisch kaufen!

Das Traumumfeld für Aktien bleibt damit erhalten. Es sollte daher bald weiter aufwärts gehen. Indexstände von über 13.000 Punkten noch in diesem Jahr für den deutschen Leitindex würden mich nicht wundern. Hierfür spricht die in Deutschland und der Eurozone gute konjunkturelle Situation. Und auch global ist alles in Ordnung. Die Wirtschaft in China, die für das Wachstum des deutschen Exports heute viel wichtiger ist als die der USA, läuft rund und wächst ordentlich. Die Rahmenbedingungen stimmen also. Was aber dafür spricht, dass der nächste Impuls nach oben und nicht nach unten geht, das ist die sehr pessimistische Stimmung in Deutschland. Die Börsenbriefe sind sehr pessimistisch und das für das kurzfristige Timing noch viel wichtigere Put/Call-Ratio gibt so klare Kaufsignale wie selten. Das zeigt, dass immer weniger an eine Fortsetzung der Hausse glauben. Mit Sicherheit setzen auch viele auf fallende Kurse. Steigen die Kurse in dieser Situation plötzlich, könnten die Rückkäufe dieser Short-Positionen den Aufschwung stark beschleunigen.

Einzig das Stimmungsbild in den USA bleibt die Unbekannte. Hier gibt es teilweise sehr optimistische Stimmungsindikatoren, sie haben sich zuletzt aber abgekühlt. Nichtsdestotrotz vermittelt auch die Wall Street den Eindruck, dass die Short-Spekulanten nur darauf warten, auf einen satten Rückschlag der stark gestiegen großen Technologiewerte zu setzen. In diesem Klima passiert in der Regel eher das Gegenteil.

Und hier noch mein Börsenausblick auf die kommende Woche für das Werthstein Institut: https://www.werthstein.com/werthstein-woche-boersenausblick-von-giles-keating/

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