Koalition ringt um Kurs gegenüber China wegen Hongkong

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Berlin (Reuters) - Die Koalition in Berlin ringt wegen des umstrittenen Sicherheitsgesetzes für Hongkong um den Kurs gegenüber China.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier verteidigte die Handelsbeziehungen zur Volksrepublik. "Es war immer die Politik der westlichen Staatengemeinschaft, auch der EU, dass internationale Handelsbeziehungen nicht allein daran ausgerichtet werden können, wie demokratisch ein Land ist", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstagausgabe). "Ich glaube, dass wir sensibel mit den Partnern umgehen müssen, auch wenn sie Dinge tun, die uns nicht gefallen können und nicht gefallen dürfen", sagte der CSU-Landesgruppenvorsitzende Alexander Dobrindt im Deutschlandfunk. Außenminister Heiko Maas (SPD) wies den Vorwurf mangelnder Kritik an China zurück und forderte eine gemeinsame Position der Europäischen Union.

Das unlängst von China in Kraft gesetzte sogenannte Sicherheitsgesetz für Hongkong schränkt die Autonomie und die Freiheiten der Sonderverwaltungszone drastisch ein. Diese waren Hongkong aber bei der Rückgabe der einstigen britischen Kronkolonie an China 1997 nach dem Prinzip "Ein Land - zwei Systeme" für mindestens 50 Jahre garantiert worden. Das Auswärtige Amt hatte am Freitag den chinesischen Botschafter zu einem Gespräch gebeten, um ihm die Besorgnis wegen des Gesetzes mitzuteilen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen, der sich um den CDU-Vorsitz bewirbt, forderte ein härteres Vorgehen gegenüber China.

Altmaier und Dobrindt unterstrichen die Bedeutung der Wirtschaftsbeziehungen zur Volksrepublik. "Wenn man Einfluss nehmen will auf seine Partner, dann geht das natürlich nicht mit der Brechstange, sondern dann geht das auch, indem man versucht, Einfluss zu nehmen auf eine sinnvollere, geschicktere partnerschaftliche Art", sagte Dobrindt. Man könne wirtschaftlichen Druck ausüben, "aber in einem Maß, in dem es auch verträglich ist und nicht zu Gegenreaktionen führt, die dann ein Gegenteil von dem erzeugen, was man will." Man dürfe in Peking keine Aggressionen wecken, könne aber darauf hinweisen, dass das Vorgehen in Hongkong China schaden werde.

Altmaier verwies darauf, dass diese realpolitische Einstellung lange Tradition in der deutschen Politik habe. "Das haben wir nie gemacht, selbst nicht zu den Zeiten von Willy Brandt und Joschka Fischer", sagte er zu Forderungen, die Kontakte an die Einhaltung demokratischer Werte zu knüpfen. Für die Bundesregierung hätten der Schutz und die Einhaltung der Menschenrechte höchste Priorität, sagte Altmaier, warnte aber zugleich vor zu hohen Erwartungen. "Ich bin nicht der moralische Oberlehrer der Welt, aber ich bin davon überzeugt, dass Länder wie China wirtschaftlich nur dann langfristig erfolgreich sein werden, wenn grundlegende Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit gewährleistet sind."

Natürlich wolle Deutschland gute Beziehungen zu China, auch wirtschaftlich, sagte Außenminister Maas den RND-Zeitungen. "Denn China ist für uns ein wichtiger Partner. Aber eben auch ein Wettbewerber und systemischer Rivale." Die EU-Außenminister würden am Montag beraten, wie man auf die Entwicklung in Hongkong reagieren solle. Die EU könne nur gemeinsam agieren.

Wegen des Sicherheitsgesetzes will Altmaier nun Gespräche mit deutschen Unternehmen in Hongkong führen. "Wir müssen mithelfen, dass diese Unternehmen sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, egal welcher Nationalität sie angehören, nicht in Gefahr geraten." China ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Im vergangenen Jahr wurden laut Statistischem Bundesamt Waren im Wert von 205,7 Milliarden Euro zwischen beiden Staaten gehandelt.

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