Kurzers Zwischenruf: Don’t sell wegen May!

Hermann Kutzer · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo allerseits! Hinter uns liegt eine Woche mit vielen Schlagzeilen. Doch haben die News die Lage an den Börsen nicht entscheidend verändert (von einzelnen stärkeren Ausschlägen abgesehen). Auch die Rücktrittsankündigung von Theresa May ist nicht kursrelevant - der Schritt war eingepreist und ist eigentlich nur noch ein weiteres Menetekel für das Brexit-Chaos und die Zukunft Europas. Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass sich institutionelle Großanleger mit ihrer Zurückhaltung gegenüber europäischen Aktien bestätigt sehen. Wichtiger werden aber - auch aus Börsensicht - die Ergebnisse der Euro-Wahlen sein. Denn ein Rechtsruck könnte die Skepsis gegenüber der alten Welt noch vergrößern und internationale Kapitalströme umlenken, zumal die Aktien der wachstumsstarken Schwellenländer wieder in Mode gekommen sind.

Vorerst teile ich noch die relative Gelassenheit, die trotz aller Sorgen vom Bullenlager verbreitet wird. Man weiß ja , dass unter einem anhaltenden Handelskrieg alle Beteiligten leiden würden. Schließlich hängen die Unternehmensgewinne sehr stark von der Entwicklung des weltweiten Handels ab. Wer will da einen Crash von Konjunktur und Börsen riskieren? Deshalb setzten die meisten Aktienanleger auf Einigung im Handelskonflikt (früher oder später) und einen Wiederaufschwung der Weltwirtschaft.

Übrigens passt der Vorlauf des Dax, der bereits zum Jahresende 2018 sein Tief erreichte, ebenso ins historische Verlaufsmuster früherer zyklischer Erholungsphasen wie das Ausmaß des Kursanstiegs. Wie ist die Bewertungssituation einzuschätzen? Dazu stellen zuversichtliche Analysten zum Wochenausklang fest: Während sich die Notierungen bereits erholten, fielen die Schätzungen für die Unternehmensgewinne zunächst noch. Dennoch bewegt sich die Bewertung des Dax - im Gegensatz zu der des S&P 500 - noch klar innerhalb des langfristigen fairen Bandes. Gleichzeitig hat der negative Revisionstrend gedreht. Mittlerweile ziehen die Erwartungen für die Nettoergebnisse der kommenden 12 Monate wieder leicht an. Wenn sich das bestätigt, eröffnet das Raum für weiter steigende Notierungen. Also wachsam und vorsichtig bleiben, geschätzte Anleger, satte Gewinne teilweise realisieren, aber nicht die Reißleine ziehen.

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