Kutzers Zwischenruf: Aktien mit Rabatt – trotzdem vorsichtig bleiben!

Hermann Kutzer · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Angst und Gier sind schlechte Ratgeber. Das sollten alle Privatanleger wissen. Jetzt werden sie sogar von beiden Seiten bombardiert. Jeden Tag neue Stellungsnahmen zum leidigen Thema Inflation, die mehrheitlich nicht so gelassen sind wie die offiziellen Äußerungen unserer Währungshüter. Dauerhaft hohe Teuerungsraten stimmen ängstlich, denn das kann die Börse nicht gebrauchen. Seit der vergangenen Woche dürften mutige Anleger aber auch steigende Lust auf neue Aktienkäufe verspüren, denn der „Black Friday“ (Black Week, Red Week und ähnliche Bezeichnungen) macht alles billiger. Jetzt schon das Signal für Rückkäufe? Der Dax hat innerhalb weniger Tagen Immerhin mehr als 5 Prozent verloren. Weihnachtsgeschenke mit satten Rabatten einzukaufen, macht Sinn. Nur sollte man die Güterpreise nicht mit den Aktienkursen vergleichen. Denn bevor die „billig“ werden, können sie noch viel tiefer fallen.

Das hängt, vereinfachend zusammengefasst, von der wirtschaftlichen und geldpolitischen Entwicklung ab. Und hinter diesem Umfeld stehen dicke Fragezeichen. Dementsprechend bleiben die Preise in Bewegung. Corona treibt uns alle in eine Krise, deren Folgen, Verlauf und Dauer nicht berechenbar sind. Somit ist die Bewertung der aktuellen Aktienkurse spekulativ. Positiv ausgedrückt: Die Angst vor der Pandemie sollte die Gier auf sinkende Aktienkurse bremsen.

Die kontroverse Inflationsdiskussion wird auf absehbare Zeit nicht verstummen - und damit auch die Finanzmärkte immer wieder bewegen. Vom Ifo kamen dazu am Freitag interessante Zahlen, die nachdenklich stimmen können. Derzeit wollen nmämlich so viel Firmen in Deutschland ihre Preise erhöhen wie nie zuvor. Der Index der Ifo-Preiserwartungen ist auf 45 Punkte gestiegen, einen neuen Rekordwert seit dem Beginn der Umfragen. Im Vormonat lag der Wert bei 41 Punkten. Das Münchner Institut fragt dabei Firmen nach Plänen für Preiserhöhungen in den kommenden drei Monaten. „Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen für die Verbraucherpreise“, erläutert der Leiter der ifo Konjunkturprognosen, Timo Wollmershäuser. Bis Ende dieses Jahres dürfte die Inflationsrate bis auf knapp 5 Prozent steigen und auch im kommenden Jahr zunächst spürbar über 3 Prozent liegen. Im Schnitt erwartet das Ifo nun eine Inflationsrate von 3 Prozent in diesem Jahr und 2,5 bis 3 Prozent im Jahr 2022.

Ursache für den Anstieg der Preiserwartungen sind kräftige Preisschübe bei Vorprodukten und Rohstoffen, die Hersteller und Händler nun an ihre Kunden weitergeben wollen. Der weitere Verlauf dieser Kostensteigerungen stellt derzeit das größte Risiko für die mittelfristige Inflationsentwicklung dar. Sollten sich die Lieferengpässe fortsetzen, könnten die Preisanstiege bei Vorprodukten und Rohstoffen weiter hoch bleiben. Zudem könnte in die anstehenden Tarifabschlüsse ein Ausgleich für die hohen Kaufkraftverluste der Arbeitnehmer einfließen und somit einen weiteren Kostenschub bei den Unternehmen verursachen.

Inzwischen haben sich die Aktienkurse außerbörslich weiter abgeschwächt der Marke 15.000 Dax genähert. Die neue Woche beginnt sicher noch nervöser, weil die neue Virus-Mutante („Omikron“) Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zusätzlich unter Entscheidungsdruck stellen wird. Ist das ein Tag zum Aktienkauf?

Meistgelesene Artikel