Kutzers Zwischenruf: Die Prognosen taugen nix

Hermann Kutzer · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo allerseits! Wie hoch (oder niedrig) sind die Trefferquoten von Konjunkturprognosen? Erstens wissen wir das immer erst hinterher und zweitens interessiert sich dann keiner mehr dafür. Typisch die momentane Situation: Gestern so, heute so, morgen …Sah es bisher so aus, als würde der Blick nach vorn allmählich wieder besser („Nur eine Wachstumsdelle“), so erreichen mich jetzt zunehmend skeptische bis negative Vorhersagen zum Wachstum der Weltwirtschaft - ohne dass über Nacht was Besonderes passiert wäre.

Drei Beispiele: Experten für die EZB-Geldpolitik haben ihre Konjunkturprognosen für den Euro-Raum ein weiteres Mal gesenkt. Laut einer turnusmäßigen Umfrage der Währungshüter erwarten die Volkswirte für das laufende Jahr nur noch ein Wachstum von 1,2 Prozent. Noch im Januar hatten sie einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,5 Prozent vorausgesagt. Für 2020 kürzten sie ihre Wachstumsprognose auf 1,4 von zuvor 1,5 Prozent. Sie hatten ihre Vorhersagen bereits in der Januar-Umfrage nach unten revidiert.

Das jährlich im Frühjahr erhobene DIRK-Stimmungsbarometer zeigt dieses Jahr eine deutlich gedämpfte Einschätzung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland. Investor Relations (IR)-Manager bewerten sowohl die aktuelle als auch die zukünftige Lage der Unternehmen schlechter ein als in den Vorjahren. Mit Blick auf die derzeitige wirtschaftliche Lage zeigt der DIRK-Stimmungsindikator einen starken Rückgang um 44 Punkte von +37 in 2018 auf aktuell -7 Punkte. Dieser Wert wurde letztmals im Frühjahr 2009 unterschritten. Auch das Wachstumspotential wird im laufenden Jahr schwächer eingestuft als zuletzt.

Laut Axa Investment Managers besteht nach mehr als zehn Jahren US-Wirtschaftsaufschwung kein Zweifel daran, dass sich der Konjunkturzyklus in der Spätphase befindet: Grund zum Börsenjubel gibt es nicht. Investoren sind gut beraten, ihre Positionen defensiv auszurichten. Die Daten sprechen für Abschwung.

Wer so etwas liest, kriegt kaum Appetit auf Aktien. Aber halt - nicht verrückt machen lassen von Konjunkturprognosen! Die werden erfahrungsgemäß immer wieder korrigiert (hoffentlich nach oben). Letztlich ist aus Börsensicht der längerfristige Trend ausschlaggebend. Jedenfalls macht die Kursentwicklung selbst den Anlegern im bisherigen Jahresverlauf auch viel mehr Mut als die Versuche der Volkswirte, Wachstumsraten von morgen vorauszuberechnen. Also keine Panik, aber wachsam müssen wir bleiben!

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