Mehr Hilfe für Kulturbranche gefordert - DIHK schlägt Alarm

dpa-AFX · Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Für besonders betroffene Berufsgruppen in der Coronavirus-Krise wird der Ruf nach Extra-Hilfen laut. Der Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fordert "sehr schnell einen staatlichen Notfallfonds" für Solo-Selbstständige und sehr kleine Unternehmen.

"Bei diesen Unternehmern fällt der Umsatz über Nacht drastisch, manchmal bis auf Null. Und sie wissen aktuell nicht, wann sie wieder Aufträge bekommen und diese annehmen dürfen", stellte DIHK-Präsident Eric Schweitzer am Sonntag fest. Deshalb sei ein Fonds nötig, der den Betroffenen "unbürokratisch für die kommenden Wochen und Monate Überbrückungsgelder beziehungsweise direkte Hilfe zum Lebensunterhalt auszahlt". Das Handwerk verlangte großzügige zinslose Steuerstundungen.

Im Blick der Bundestagsparteien standen vor allem Künstler und Kulturbetriebe. Die Kultusminister der Länder hatten am Freitag beschlossen, sich dafür einzusetzen, dass bei Krisen-Programmen für die Wirtschaft auch die Kultur und Kreativwirtschaft mit einbezogen werden.

Der Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, Jens Michow, sieht die Lage düster: Wenn Veranstaltungen jetzt auch nur über zwei, drei Wochen abgesagt würden, "werden sich zahlreiche Firmen davon nicht wieder erholen können", sagte Michow der dpa. In seiner Branche herrsche zurzeit Ratlosigkeit. Er halte es für falsch, pauschal Veranstaltungen zu verbieten. Stattdessen sollte im Einzelfall geprüft werden, ob eine Absage sinnvoll ist.

Die Linkspartei schloss sich der Anregung der Gewerkschaft Verdi an, zur Belebung der Konjunktur an ärmere Menschen Konsumschecks zu verteilen, also Geld zum Ausgeben zu schenken. Die Bundesregierung hatte am Freitag ein umfassendes Hilfspaket auf den Weg gebracht mit unbegrenzten Liquiditätshilfen für betroffene Unternehmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte bei einem Treffen mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften im Kanzleramt, alles Notwendige zu tun, um die Wirtschaft in dieser besonderen Lage zu stabilisieren. "Wir haben in den letzten Jahren gut gewirtschaftet. Die finanziellen Reserven sind vorhanden", sagte Merkel nach Angaben der Regierung vom Freitagabend.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sieht sich auch für einen starken Anstieg von Kurzarbeit gerüstet. Es seien keine besonderen Vorkehrungen im Haushalt erforderlich, um Kurzarbeitergeld zu zahlen, sagte eine Sprecherin der Behörde auf Anfrage. Derzeit seien dafür im Haushalt der BA 255 Millionen Euro eingeplant. Der Bundestag hatte am Freitag ein erleichtertes Kurzarbeitergeld beschlossen. Demnach können Unternehmen ab April Kurzarbeitergeld schon nutzen, wenn nur 10 Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind.

Die Grünen verlangten ähnlich wie der DIHK einen Rettungsfonds für Solo-Selbstständige und Kulturschaffende. Dieser solle schnell helfen, wenn die wirtschaftliche Existenz nachweislich infolge von Umsatzeinbußen durch die Epidemie gefährdet sei, heißt es in einem Papier, das unter anderem die Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock unterzeichnet haben. "Neben dem Schutz unserer Wirtschaft braucht es auch eine Absicherung für die Menschen, die von der Krise betroffen sind."

Für freiberufliche Künstler verlangte die kulturpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Simone Barrientos, unbürokratische Soforthilfe. "Wie wäre es, wenn wir ihnen ein zeitlich begrenztes bedingungsloses Grundeinkommen für sechs Monate zahlen, etwa 1500 Euro im Monat, damit sie ihr Leben und ihre Miete weiter bezahlen können?", sagte sie der "Welt".

Auch Kulturpolitiker anderer Fraktionen wollen Künstler und privatwirtschaftliche Kulturbetriebe wie Clubs, Konzerthallen, Theater und Kleinkunstbühnen unterstützen. Auf der nächsten Sitzung des Kulturausschusses im Bundestag am 25. März soll über umfangreiche Hilfspakete beraten werden. Die Ausschussvorsitzende Katrin Budde (SPD) sagte der "Welt", die Unterstützung sollte "so unbürokratisch wie möglich" gestaltet werden.

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte der dpa: "Der Staat muss einspringen und darf die Prekärsten nicht allein lassen. Konsumschecks können gerade für diese Menschen in der Krise eine sozial und ökonomisch richtige Antwort sein." Die Gewerkschaft Verdi hatte die Ausgabe solcher Schecks vorgeschlagen. Sobald die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zurückgehe, solle allen Bürgern damit die Möglichkeit gegeben werden, durch Konsum die Konjunktur anzukurbeln, hatte Verdi-Chef Frank Werneke gesagt./ted/DP/mis

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