onvista-Börsenfuchs: Anleger hoffen – Notenbanken sollen Rezession verhindern

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Werdet nicht zittrig, weil diese Woche noch keine Klarheit gebracht hat! Wenn Ihr am Ball bleiben wollt, müsst Ihr weiter mit einem Auge die wichtigsten Infos aus der Wirtschaft beachten und mit dem anderen alles was die Zentralbanken betrifft - beides hängt eng zusammen. Denn die Geldpolitik soll ja eine Rezession verhindern. Und davon profitieren natürlich die Aktienkurse. Klappt das? Erfahrene Profis haben gestern mit heute verglichen. Interessant!

Ausgangslage: Der Geldmarkt in Ami-Land glaubt an Zinssenkungen von knapp 100 Basispunkten innerhalb der nächsten 12 Monate, und auch für die Europäische Zentralbank ist ein kleiner Zinsschritt nach unten von ca. 10 Basispunkten so gut wie eingeplant. Außerdem gehen viele Akteure nach den Ankündigungen von EZB-Chef Mario Draghi von einer Renaissance der sogenannten quantitativen Lockerung („QE“) im Verlauf der nächsten Quartale aus, also erneuten Ankäufen von Staats- und Unternehmensanleihen.

Wie passen diese Erwartungen zu der ebenfalls weit verbreiteten Ansicht, dass die nächste Rezession noch nicht bevorsteht? Die Auflösung lautet „vorsorgliche Zinssenkung“ (oder auf Englisch „insurance rate cut“). Man erwartet von den Zentralbanken vorauseilenden Gehorsam, um den Fortbestand des Konjunkturzyklus abzusichern. Betrachtet man die Zinssenkungszyklen seit 1980 in den USA, kann man vier Episoden als vorsorgliche Zinssenkungen in einem Umfeld ohne unmittelbar folgende Rezession klassifizieren, nämlich in den Jahren 1984, 1987, 1995 und 1998. Diese erfolgten teilweise aufgrund von Schocks im Finanzsystem (z.B. Aktiencrash im Herbst 1987), teilweise wegen sich abschwächender Wirtschaftsdaten (1984 und 1995). Üblicherweise gingen vorsorglichen Zinssenkungen eine deutliche Abschwächung von Konjunkturfrühindikatoren wie Geschäftsklima und Verbrauchervertrauen voraus, während Arbeitsmarktdaten noch keine Ermüdungserscheinungen anzeigten. Solche Analysen sind nix für den Anfänger, denn um diese Zusammenhänge richtig zu erkennen, braucht man schon scharfe Augen!

Jetzt wird’s spannend. Anleger haben die Phasen der vorsorglichen Zinssenkungen in guter Erinnerung: So stiegen globale Aktienmärkte in den folgenden 12 Monaten im Durchschnitt um knapp 10%, während sie bei Zinssenkungen im Rezessionsumfeld knapp 19% fielen. Die Wirkung auf amerikanische Unternehmensanleihen und Hochzinsanleihen war ebenfalls positiv, besonders stark schnitten im Rentensegment allerdings US-Staatsanleihen ab. Das passt zum derzeitigen Umfeld.

Ist die Zeit also wieder reif für vorsorgliche Zinssenkungen? Für die Notenbanken gibt es nach den abgekühlten Konjunkturdaten genug Gründe, Zinssenkungen zu rechtfertigen (übrigens auch wegen der niedrigeren Inflationserwartungen). Prominente Vordenker geben aber zu bedenken, dass die Börsen jetzt wohl zu viel von den Währungshütern erwarten. Ein zweites „Aber“ erscheint mir noch wichtiger: Es ist nämlich fraglich, ob eine durch den internationalen Zoll-Zoff verursachte Vertrauenskrise ins Wirtschaftswachstum mit Mitteln der Geldpolitik schnell überwunden werden kann. Habt also Geduld, meine Freunde, bisher gibt’s (noch) keinen Anlass für einen totalen Kurswechsel! Und die Hoffnung auf erfolgreiche Notenbanken bleibt.

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