onvista-Investment-Idee: Tesla – Kursfantasie ist übers Ziel hinausgeschossen – Gewinne mitzunehmen ist jetzt ratsam

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Tesla-Aktie ist momentan außer Rand und Band, das dürfte wohl mittlerweile jeder mitbekommen haben. Auf Drei-Monats-Sicht steht ein Plus von knapp 110 Prozent zu Buche, das letzte Allzeithoch bei etwa 385 Dollar von 2017 wurde durch den letzten Gipfelsturm pulverisiert. Selbst die 500-Dollar-Grenze wurde ohne groß zu stottern durchbrochen. Die Frage, die sich die meisten Anleger stellen dürften: Ist diese Bewertung noch irgendwie auf fundamentaler Ebene zu rechtfertigen, oder schwebt die Aktie mittlerweile in Höhen, aus der zwangsläufig eine Korrektur folgen muss?

Ein Blick auf die finanzielle Situation

Zunächst einmal etwas ganz Grundsätzliches: Tesla hat in der Zeit seines Bestehens bisher kein Jahr mit Gewinn abgeschlossen. In jüngster Zeit konnten quartalsweise Gewinne erzielt werden, doch fürs Gesamtjahr standen bis jetzt immer nur rote Zahlen unter dem Strich (Zahlen für das Gesamtjahr 2019 stehen noch aus). Für junge Unternehmen, die von Beginn an mit großen Zielen, sowie starken Wachstumsambitionen in ihrem jeweiligen Segment durchstarten wollen, ist das zunächst einmal nichts ungewöhnliches, vor allem bei Technologie-Unternehmen muss man in der Regel Jahre lang warten, bis man schwarze Zahlen sieht. Zudem wird der E-Autobauer ja auch (zumindest irgendwie) als Tech-Unternehmen betrachtet. Doch Tesla ist mittlerweile 17 Jahre alt, seit 10 Jahren an der Börse und wird im eigenen Segment, dem Auto-Sektor, als ernstzunehmende Konkurrenz beurteilt. Der Zeitpunkt ist längst da, an dem der Beweis nachhaltiger Profitabilität angebracht ist (etwas, das auch Elon Musk selbst betont hat).

Die bisherigen Kennzahlen sind jedoch weit von dieser Bringschuld entfernt. Der EPS-Wert (Gewinn je Aktie) liegt derzeit bei -4,8 Dollar, die durchschnittlichen Erwartungen für das Gesamtjahr 2019 liegen momentan bei -0,45 Dollar. Der Free Cash Flow, also die Summe der Geldmittel, die Tesla nach allen Ausgaben frei zur Verfügung stehen, war bisher ebenfalls fast die gesamte Zeit negativ. In Q3 2019 konnte der Wert wieder leicht in die schwarzen Zahlen rutschen (ca. 346 Mio. Dollar). Das Eigenkapital von Tesla beläuft sich auf 6,04 Milliarden Dollar, die Schulden belaufen sich auf 14,6 Milliarden Dollar (Stand Q3 2019). Im Kern heißt das: Sollte der Gewinn nicht bald anziehen, wird Tesla bald eine weitere Kapitalspritze brauchen, um weiter zu machen - Was aber auch Stand heute kein großes Problem darstellen dürfte, da das Interesse weiter ungebrochen ist.

Ein Blick auf den Status Quo

Gesamtmarkt: Das für 2019 ausgerufene Ziel von 360.000 bis 400.000 ausgelieferten Autos konnte Tesla mit 367.500 Fahrzeugen knapp erreichen und eine Steigerung zum Vorjahr um 50 Prozent hinlegen. Vor allem eine wachsende Nachfrage außerhalb der USA hat dabei geholfen. Ein Überblick, zu den einzelnen Regionen:

USA: Die Vereinigten Staaten sind sowohl für die Produktion, als auch für die Absätze immer noch der wichtigste Markt. Im dritten Quartal musste Tesla hier allerdings einen Dämpfer einstecken. In den drei Monaten bis Ende September ging das Umsatzvolumen im Jahresvergleich um fast 40 Prozent auf 3,1 Milliarden Dollar (2,8 Mrd Euro) zurück.

Zudem gab es jüngst einen Sneak-Peak auf die Q4-Entwicklungen: In Kalifornien, Teslas Heimatsitz, haben sich die Gesamtzulassungen für Tesla-Fahrzeuge im vierten Quartal 2019 fast halbiert. Die Zahl ist um 46,5 Prozent auf 13.584 Fahrzeuge gesunken, im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch 25.402 Stück. Die Zahl der Model-3-Registrierungen, die etwa drei Viertel der Gesamtzahl ausmachten, halbierte sich zudem auf 10.694 Stück.

Europa: Sein erstes großes europäisches Werk plant der Autobauer in Deutschland. In Grünheide bei Berlin soll von 2021 an das Kompakt-SUV Model Y und das Model 3 herstellt werden. Der Baubeginn für die Fabrik auf einer 300 Hektar großen Fläche soll im ersten Halbjahr 2020 sein. Die Kapazität soll irgendwann 500.000 Modelle jährlich erreichen. In den Niederlanden gibt es bereits mehrere Produktionsstätten in Tilburg. In den Niederlanden steigen die Absatzzahlen zudem stark. Insgesamt hat Tesla dort 2019 in den ersten neun Monaten 14.317 Autos verkauft - Eine Steigerung von 154 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

China: Das fertiggestellte Shanghai-Werk produziert bereits seit Oktober 2019, laut Berichten liegt die Produktionsrate mittlerweile bei etwa 1000 Model 3 Fahrzeugen in der Woche. Die Rate soll zudem zeitnah auf bis zu 3000 Modelle anwachsen. Das Werk soll eine Kapazität von jährlich 500.000 Autos erreichen. Das in Shanghai ansässige Marktforschungsunternehmen Automotive Foresight hat zuletzt prognostiziert, dass Tesla in diesem Jahr 100.000 bis 150.000 Einheiten des Model 3 in China ausliefern kann. Das würde eine Kapazität von bis zu 12.500 Fahrzeugen monatlich ergeben.

Kaufargumente werden kleiner!

Generell bekommen Autobauer in Amerika für Elektrofahrzeuge eine Steuergutschrift in Höhe von bis zu 7.500 US-Dollar, um Kunden mehr Kaufanreize zu geben, für sie ist es im Grunde ein Rabatt in entsprechender Höhe. Nachdem ein Hersteller 200.000 Fahrzeuge verkauft hat, laufen diese Subventionen innerhalb von 15 Monaten aus – Was bei Tesla nun der Fall ist, da die Grenze von 200.000 Stück im Juli 2018 erreicht wurde.

Eigentlich soll ein Vorschlag in der US-Politik vorangebracht werden, dass dieser Bonus auf eine weitere Tranche von 400.000 Elektrowagen einer Marke gezahlt werden soll, doch dazu gibt es seitens der Trump-Regierung massiven Widerstand. Für Tesla ist das doppelt ärgerlich, da einersetis ein nicht unerheblicher Teil des Kaufanreizes für Kunden somit wegfällt und andererseits die Konkurrenz teilweise noch von den Subventionen profitieren kann, zum Beispiel die deutschen Autobauer, die erst viel später in den E-Automarkt eingestiegen sind.

Preisprobleme in China?

Laut jüngsten Aussagen eines chinesischen Regierungsvertreters sei nicht geplant, die Subventionen für die Branche in diesem Jahr so stark zu senken wie noch 2019, also nimmt das zumindest auf dem chinesischen Markt in dieser Hinsicht den Druck von Tesla. Hier gibt es jedoch andere Herausforderungen: Das Model 3 ist im Vergleich zu den normalen Verhältnissen auf dem chinesischen Markt teuer. Laut Bernstein Research fallen ungefähr die Hälfte aller in China verkauften Autos in die Preiskategorie unter 100.000 Yuan. Das Model 3 beginnt bei einer Preiskategorie von über 300.000 Yuan (knapp 39.000 Euro) und ist somit im Vergleich sehr teuer. Ob die Marke dies kompensieren kann, muss sich langfristig noch zeigen.

Ein Blick auf die Bewertung und die Erwartungen, die darin stecken

Generell gilt: An der Börse wird die Zukunft gehandelt. Doch die Erwartungen und Zukunftsfantasien, die mittlerweile in der Börsenbewertung von Tesla stecken, sind atemberaubend. Am besten erkennt man das, wenn man Tesla mit den anderen großen Autobauern vergleicht. Tesla hat momentan eine Marktkapitalisierung von etwa 93 Milliarden Dollar. Die beiden amerikanischen Autobauer Ford und General Motors haben zusammengenommen eine Marktkapitalisierung von 86 Milliarden Dollar. Volkswagen liegt bei 90 Milliarden Dollar. Während Tesla bei einer höheren Bewertung als die drei Schwergewichte gerade einmal 367.500 Autos in 2019 verkauft hat, haben GM und Ford im vergangenen Jahr jeweils mehr als zwei Millionen Fahrzeuge allein in die USA ausgeliefert. Volkswagen hat von Januar bis Oktober knapp 9 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert und dabei 263,3 Milliarden Dollar Umsatz gemacht. Tesla hingegen 21,5 Milliarden Dollar.

Zudem hat Volkswagen seinen eigenen Feldzug hinein in die Elektroauto-Sparte ausgerufen - das heißt, dass Tesla dem deutschen Giganten nun in direkter Konkurrenz gegenübersteht. Um zu verdeutlichen, wie groß der Unterschied ist, muss man sich die enormen Strukturen von VW anschauen. Während Tesla ständig auf dem Drahtseil zwischen Pleite und Solvenz balancieren muss und anvisierte Produktionsvolumina nur unter enormen Kraftanstrengungen schafft (Musk sprach beim Erreichen des Ziels von 5000 Model 3 pro Woche im Hauptwerk in Kalifornien von einer „Produktionshölle“), rüstet Volkswagen allein in China einfach zwei seiner zahlreichen Werke für den Bau emissionsfreier Fahrzeuge um und kann sich auf eine eingespielte Belegschaft stützen. 2020 soll dort die Produktion beginnen, bis 2022 eine Kapazität von jährlich 600.000 E-Autos erreicht werden.

Wegen seiner schieren Größe mit 660.000 Beschäftigten rund um den Globus und der Erfahrung beim Aufbau von Produktionsnetzen und -Abläufen wird Volkswagen zugetraut, den E-Vorstoß zu bewältigen. Bis 2022 will VW auf vier Kontinenten acht Fabriken für die Produktion von Stromern auf Basis des Elektrobaukastens MEB umrüsten - vier in Deutschland (Zwickau, Emden, Hannover und Dresden), zwei in China (Anting, Foshan) und je eines in Tschechien (Mlada Boleslav) und den USA (Chattanooga). Ob Tesla da langfristig mithalten kann, steht in den Sternen.

Ein Blick auf die Analystenmeinungen

Credit Suisse:

Kursziel – von 200 auf 340 US-Dollar angehoben

Einstufung – „Underperform“

Das neue Kursziel räume dem Hersteller von Elektrofahrzeugen in vielerlei Hinsicht Wohlwollen ein, hieß es. „Obwohl wir ein Underperform-Rating für Tesla haben, halten wir es dennoch für wichtig, Tesla dort den Kredit einzugestehen, wo sie es verdienen. Wir glauben, dass Tesla in den Bereichen führend ist, die wahrscheinlich die Zukunft des Automobilbaus bestimmen werden - Software und Elektrifizierung … Tesla ist wahrscheinlich anderen mit Batterien voraus - dem Kern des elektrischen Antriebsstrangs.“

Jefferies:

Kursziel – von 400 auf 600 US-Dollar angehoben

Einstufung – „Buy“

Der Elektroauto-Hersteller profitiere von einer zunehmenden Akzeptanz der Kunden für emissionsfreie Fahrzeuge und sollte 2020 profitabel werden, hieß es.

JPMorgan:

Kursziel – von 220 auf 240 US-Dollar angehoben

Einstufung – „Underweight“

Aufgrund einer schon hohen Bewertung bleibe man bei einer negativen Einschätzung.

RBC:

Kursziel – von 290 auf 315 US-Dollar angehoben

Einstufung – „Underperform“

Mit den unerwartet hohen Fahrzeug-Auslieferungen habe der Elektroauto-Hersteller ein ohnehin gutes Jahr stark beendet, deshalb hat RBC die Umsatz- und Ergebnisprognosen (EPS) für die Jahre 2020 und 2021 erhöht.

Morgan Stanley:

Kursziel - von 250 auf 360 US-Dollar angehoben

Einstufung - „Underweight“

In China sieht man Wachstumspotenzial, den Wertansatz für die Robotertaxi-Pläne von Elon Musk haben die Experten jedoch um 40 Prozent reduziert.

Fazit - Der Zeitpunkt für Gewinnmitnahmen dürfte gekommen sein

Tesla ist ohne Zweifel ein Pionier im Bereich der Elektromobilität und hat geschafft, was vorher keiner geschafft hat: Als Neuling in der Autobranche Fuß zu fassen. Die Marke ist attraktiv, die Autos bei den Kunden beliebt und technologisch hat Tesla einiges zu bieten. Auf lange Sicht dürfte das Rennen um die E-Mobilität, selbstfahrende Autos und die Umgestaltung des ganzen Verkehrs-Sektors hin zur Shared-Mobility noch vollkommen offen sein.

Auf kurze Sicht empfehlen wir aber, aufgrund des zuletzt extremen Preisanstieges Gewinne zu realisieren - Die momentane Bewertung von Tesla ist zu sehr von Zukunftsfantasien getrieben, um fundamental noch gerechtfertigt zu sein.

Auch unser Redaktionsleiter Markus Weingran hat eine Short-Position gegen Tesla in sein Musterdepot aufgenommen:

Von Alexander Mayer

Offenlegung: Alexander Mayer besitzt keine Tesla-Aktien und ebenfalls keine Short-Positionen gegen Tesla.

Titelfoto: Sergio Monti Photography / Shutterstock.com

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