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dpa-AFX · Uhr

Verfrühter Optimismus / Kommentar zum US-Arbeitsmarkt von Peter De Thier Frankfurt (ots) - Wie fast alle Konjunkturdaten, die seit März aus den US-Ministerien kamen, verleitet auch der Juni-Arbeitsmarktbericht zu voreiligen Schlussfolgerungen. So warnten Ökonomen nach dem Bericht für April, als über 20 Millionen Stellen gestrichen wurden, vor einem Absturz, der tiefer sein könnte als während der Weltwirtschaftskrise vor 90 Jahren. Die Wende im Mai belehrte sie dann eines Besseren. Gleichwohl bedeuten die 4,8 Millionen im Juni neu entstandenen Jobs keineswegs, dass das Schlimmste überstanden ist.

So liegt die Arbeitslosenquote immer noch über dem höchsten Stand, der während der Finanzkrise erreicht wurde. Das ist für sich genommen ernüchternd. Wichtiger ist es aber, die Entwicklung in den gesamtwirtschaftlichen Kontext einzubetten. Schließlich hat das Unvermögen der Regierung von US-Präsident Donald Trump, eine nationale Strategie zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu entwickeln, neue Gefahren für die konjunkturelle Erholung heraufbeschworen.

So begannen viele Staaten schon vor Wochen, ihre Wirtschaft wieder zu öffnen. Ostküstenstaaten, allen voran New York, warteten mit der Lockerung ihrer Kontaktbeschränkungen, bis die Infektionsrate erkennbar zurückging. Andere, gerade im republikanisch beherrschten Süden, ignorierten hingegen die Ratschläge der Gesundheitsexperten und hörten nur auf eine Stimme: die ihres Präsidenten, der im Interesse der eigenen Wiederwahl unermüdlich auf die Öffnung der Wirtschaft dringt und von unbestreitbaren Fakten nichts wissen will.

Die Folgen, insbesondere in Texas, Florida und Arizona, die zu den größten Staaten zählen und für einen bedeutenden Anteil am Bruttoinlandsprodukt stehen, sind verheerend. Weil Kontaktbeschränkungen ignoriert wurden, Ausgangssperren nur von kurzer Dauer waren und Menschen sich unbeirrt in Kneipen, Nachtklubs, Schwimmbädern und an Stränden tummelten, erreichen die täglichen Erkrankungen neue Rekordstände. Intensivstationen sind hoffnungslos überlastet, und nun müssen selbst die Trump-loyalen Gouverneure reagieren und das Tempo der Öffnung drosseln.

Das wird auch auf den Arbeitsmarkt durchschlagen. Wie gehabt schmückt sich Trump mit den Zahlen und jubelt über das starke Comeback. Doch sollte es einen erneuten Einbruch am Arbeitsmarkt geben, dann wird Trump spätestens am 3. November, wenn er sich wieder den Wählern stellen muss, das Lächeln vergehen.

(Börsen-Zeitung, 03.07.2020)

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