Schweizer Notenbank behält rekordtiefen Negativzins bei

Reuters · Uhr

Zürich (Reuters) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hält trotz anziehender Inflation an ihrer expansiven Geldpolitik fest.

Der Leitzins und der Zins auf Sichteinlagen bei der Notenbank bleiben bei minus 0,75 Prozent, wie die SNB am Donnerstag mitteilte. Den Franken stuften die Währungshüter weiterhin als hoch bewertet ein, und sie wollen sich bei Bedarf weiterhin mit Devisenmarktinterventionen gegen eine wirtschaftsschädliche Aufwertung der Landeswährung stemmen. "Die Nationalbank führt ihre expansive Geldpolitik unverändert fort, um die Preisstabilität zu sichern und die Erholung der Schweizer Wirtschaft von den Folgen der Corona-Pandemie weiter zu unterstützen", erklärte die Zentralbank.

Von Reuters im Vorfeld der vierteljährlichen Geldpolitischen Lagebeurteilung der SNB befragte Volkswirte hatten übereinstimmend unveränderte Zinsen prognostiziert. Das dreiköpfige Direktorium um SNB-Präsident Thomas Jordan setzt seit mehr als sechs Jahren auf den historisch tiefen Negativzins und Fremdwährungskäufe, um eine Aufwertung des Frankens zu unterbinden. Jordan leitete das Zinstreffen, nachdem bis zuletzt offen war, ober der 58-Jährige nach einer Herzoperation im August rechtzeitig dafür an den Arbeitsplatz zurückkehren wird.

Mit dem Festhalten am expansiven Kurs ist die SNB nicht alleine. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte Anfang September zwar angekündigt, das Tempo ihrer Krisen-Anleihekäufe zu drosseln, doch ein Ende der Notfallhilfen zur Überwindung der Coronavirus-Krise ist nicht in Sicht. Auch die US-Notenbank Fed beließ den Leitzins am Mittwoch in der Spanne von null bis 0,25 Prozent. Allerdings signalisierten die amerikanischen Währungshüter, dass sie den Krisenmodus zügig verlassen wollen und es eine erste Zinserhöhung bereits 2022 geben könnte.

VORSICHTIGERE WACHSTUMS- UND HÖHERE INFLATIONSPROGNOSE

Vorsichtiger als zuletzt fällt die Konjunktureinschätzung der SNB aus. Sie rechnet im laufenden Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um rund drei Prozent, nachdem sie im Juni noch von rund 3,5 Prozent ausgegangen war. Die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten würden noch eine Weile unterausgelastet bleiben, erklärte die Notenbank. Aufgrund der Pandemie unterliege die Prognosen zudem einer erhöhten Unsicherheit.

Die Teuerung dürfte dagegen dieses und nächstes Jahr etwas stärker anziehen als bislang veranschlagt. "Der Hauptgrund dafür sind erneut etwas höhere Preise für Erdölprodukte und Waren, die von Lieferengpässen betroffen sind", erklärte die SNB. "In der längeren Frist ist die Inflationsprognose gegenüber jener vom Juni praktisch unverändert." Die Verbraucherpreise dürften dieses Jahr um 0,5 Prozent steigen, im kommenden dann um 0,7 Prozent und 2023 um 0,6 Prozent. Handlungsbedarf zeichnet sich für die SNB, die eine Inflation zwischen null und zwei Prozent anpeilt, damit nicht ab.

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