SNB zu weitreichenden Interventionen gegen starken Franken bereit

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Zürich (Reuters) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) will ihre im Zuge der Corona-Krise verstärkten Devisenmarkt-Interventionen beibehalten, um eine für die Wirtschaft schädliche Aufwertung des Frankens zu unterbinden.

Für eine Entwarnung sei es zu früh, sagte Notenbankchef Thomas Jordan am Donnerstag. "Es gibt eine Reihe von Risiken, die immer wieder für Rückschläge sorgen können", sagte er. "Beispielsweise könnte eine zweite Welle bei der Pandemie auftreten, das würde je nachdem zu Lockdowns führen, was die Erholung behindern könnte." Auch auf politische Risiken wies Jordan hin. "Die US-Wahlen stehen bevor, wir haben den Brexit mit großer Unsicherheit und zudem auch den Handelskonflikt zwischen Amerika und China."

Den bereits rekordtiefen Leitzins tastete das dreiköpfige SNB-Direktorium am Donnerstag nicht an. Er beträgt weiterhin minus 0,75 Prozent. Die Gebühr, den Banken für Sichteinlagen bei der Zentralbank ab einem gewissen Freibetrag zahlen müssen, bleibt ebenfalls bei 0,75 Prozent. Und das dürfte auf Jahre hinaus so bleiben, erwarten Ökonomen. "Mit Blick auf die Zukunft werden Devisenmarktinterventionen die bevorzugte Waffe der SNB bleiben, um einen Aufwärtsdruck auf die Währung abzuwehren", erklärte beispielsweise David Oxley von Capial Economics. "Alles in allem gehen wir davon aus, dass die SNB die Zinsen während unseres gesamten Prognosehorizonts und aller Wahrscheinlichkeit nach mindestens im weiteren Verlauf dieses Jahrzehnts bei minus 0,75 Prozent belassen wird."

Die SNB setzte neben den Negativzinsen zuletzt immer stärker auf Eingriffe am Devisenmarkt, um einer weiteren Aufwertung des aus ihrer Sicht hoch bewerteten Franken entgegenzusteuern. Denn die Schweizer Devise ist in unsicheren Zeiten bei Investoren als sicherer Hafen gefragt. Das treibt den Wechselkurs hoch und verteuert Schweizer Waren im Ausland - und schadet somit der exportorientierten Wirtschaft des Landes. Die Hauptexportwährung Euro, die im Zuge der Coronavirus-Krise im Mai vorübergehend auf den tiefsten Stand seit dem Frankenschock im Jahr 2015 gesunken war, kostet aktuell rund 1,0780 Franken.

BANKEN WERDEN WEITERHIN GROßZÜGIG MIT LIQUIDITÄT VERSORGT

Den Banken will die Notenbank zur Refinanzierung von Coronavirus-Notfallkrediten weiterhin großzügig Liquidität zur Verfügung stellen. Zwar geht die SNB davon aus, dass die Corona-Pandemie ohne eine erneute starke Beeinträchtigung der Weltwirtschaft unter Kontrolle gehalten werden kann. Hinter diesem Szenario stünden allerdings viele Fragezeichen.

Für die Schweiz erwarten die Währungshüter dieses Jahr trotz einer deutlichen Konjunkturbelebung in den letzten Monaten den stärksten Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) seit Mitte der 1970er-Jahre. Mit einem Minus von rund fünf Prozent fällt die Prognose aber etwas weniger pessimistisch aus als noch vor drei Monaten. Die Inflationsrate dürfte bei minus 0,6 Prozent liegen und im kommenden Jahr dann mit plus 0,1 Prozent wieder knapp positiv werden.

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