Stefan Riße: Der Handelsstreit ist ein Segen für die Aktienmärkte

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Ganz langfristig gibt es für die Aktienkurse nur eine Wahrheit. Die Entwicklung der Unternehmensgewinne. Das gilt für den Kurs jedes einzelnen Unternehmens und folglich auch für die Gesamtheit aller beispielsweise in einem Index enthaltenen Unternehmen und der Gewinne, die sie in der Gesamtheit erzielen. Denn der Gewinn  bestimmt am Ende die Rendite, die der Aktionär auf sein eingesetztes Kapital erzielt und damit den inneren Wert einer Aktie. Wie hoch dieser ist, hängt dann noch vom risikolosen Zins ab, den der Anleger alternativ erzielen kann. Je höher dieser ist, desto geringer ist der innere Wert der Aktien. Denn sein Kurs spiegelt die abgezinsten Gewinne von morgen wieder.

Gewinnprognosen sind einfacher als Aktienprognosen

Zu wissen, dass der Wert eines Unternehmens am Ende die abgezinsten Gewinne von morgen darstellt, ist sehr hilfreich inmitten der komplexen Kapitalmärkte. Sofern ein Investor Recht hat mit der Prognose der Gewinnentwicklung eines Unternehmens, und er in die entsprechenden Aktien zu einem dementsprechend vernünftigen Preis investiert hat, kann er sich darauf verlassen, dass der Aktienkurs irgendwann seinen inneren Wert an der Börse widerspiegelt. Diese Methode ist langfristig die verlässlichste und wahrscheinlich auch die einfachste. Das Wachstum eines Unternehmens vorherzusagen, ist weitaus einfacher als Aktienkurse zu prognostizieren. Zu wissen, dass die Gewinne von Unternehmen weiter wachsen ist nicht allzu schwer, wenn sie in einer wachsenden Branche operieren, in der sie einer der Marktführer sind und die Innovationszyklen ins dieser nicht als zu schnell sind. Unternehmen wie Mc Donald’s, Nestle oder auch Adidas  sind gute Beispiele hierfür.

Mittelfristig sind Zinsen die entscheidende Determinante

Es kann manchmal jedoch Jahre dauern, bis Aktienkurse wieder ihren inneren Wert erreichen. Oft sind sie über lange Zeiträume viel zu teuer, so dass ein Investment zu einem vernünftigen Preis nicht möglich ist. Aktuell ist dies insbesondere an der Wall Street der Fall. Sofern die Zinsen tief bleiben, sind die Bewertungen  noch zu rechtfertigen. Sollten sie wieder steigen, stellen sie eine echte Gefahr für die Kurse da. Die US-Notenbank Federal Reserve wird ihre Zinspolitik wie immer an der Entwicklung der Konjunktur und der Inflation orientieren. Zieht beides an, wird sie zu weiteren und schnellen Zinserhöhungen neigen und auch – wie im vergangenen Jahr angekündigt – Staatsanliehen aus der eigenen Bilanz verkaufen.  Schwächt sich beides ab, so wird sie womöglich auf weitere Zinsschritte verzichten und ihre Bilanz nicht verändern.

Insofern ist der Handelsstreit und sind auch die geopolitischen Spannungen fast als Segen zu betrachten. Denn wenn diese zu so viel Verunsicherung führen, dass die Konjunktur sich leicht abkühlt, werden sich die Aktienmärkte kurz- bis mittelfristig wahrscheinlich besser entwickeln als bei boomender Konjunktur. Denn die Geldpolitik ist dafür viel entscheidender als wenn die Gewinne um ein bis drei Prozent stärker steigen. Nur echte Kriege, weder militärische noch im Welthandel darf es nicht geben.

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