Ukraine kritisiert Lieferung von 5000 Schutzhelmen als unzureichend

Reuters · Uhr

Berlin (Reuters) - Die Ukraine hat die Zusage Deutschlands, dem von Russland bedrohten Land 5000 Schutzhelme zu liefern, als völlig unzureichend kritisiert. "Was wir in der Tat benötigen, sind vor allem Verteidigungswaffen", sagte der ukrainische Botschafter, Andreij Melnyk, am Mittwoch in einem Interview mit Reuters TV. "Wir sind froh, dass wir zumindest den Beginn eines Umdenkens feststellen können", fügte er mit Blick auf die Weigerung der Bundesregierung hinzu, dem Land Mittel zur Selbstverteidigung zu liefern. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht räumte ein: "Das sind keine Waffen, aber das hilft, das ist Unterstützung", sagte die SPD-Politikerin in Berlin. "Und genauso werden wir auch weiterarbeiten in diesem Konflikt."

Melnyk betonte stattdessen: "Wir müssen die Reservisten jetzt ausstatten. Da geht es um Hunderttausende Menschen, die Tag und Nacht geschult werden." Diese Menschen brauchten sofort nötige Ausrüstung. "Wir brauchen auch ganz dringend Waffen für die Abwehr eines möglichen Angriffs." Er setze darauf, dass die westlichen Partner Deutschland überzeugten, der Ukraine Defensivwaffen zu liefern. Ausdrücklich zählten dazu auch Schiffe, weil die Ukraine fast ihre gesamte Marine bei der russischen Annexion der Krim verloren habe. "Die Deutschen haben die Systeme für den Küstenschutz, die Deutschen bauen die besten Schiffe weltweit." Es sei zudem "Blödsinn" zu behaupten, dass man mit Panzerabwehrwaffen Angriffskriege führen könne.

Die Bundesregierung verweigert Waffenlieferungen an die Ukraine mit dem Verweis auf den Koalitionsvertrag, nach dem solche Exporte in Krisen- und Kriegsgebiete verboten sind. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Montagabend noch einmal bekräftigt: "Wir liefern keine letalen Waffen." Anders verhält es sich mit einer geplanten Lieferung von Haubitzen aus Estland an die Ukraine. Die Waffen stammen aus DDR-Beständen und wurden von Deutschland zunächst nach Finnland und dann weiter nach Estland gegeben. Einem Weiterverkauf muss die Bundesregierung zustimmen. Scholz sagte, der Vorgang befinde sich nach wie vor in der Prüfung.

Russland hat an der Grenze zur Ukraine rund 100.000 Soldaten zusammengezogen. Die Regierung in Moskau weist den Vorwurf zurück, eine Invasion vorzubereiten. Sie fordert aber Sicherheitsgarantien der Nato wie eine Absage an eine Aufnahme der Ukraine. Die Allianz lehnt dies mit Verweis auf das Selbstbestimmungsrecht von Staaten ab, hat der Ukraine bislang aber keine konkrete Beitrittsperspektive in Aussicht gestellt. Am Montag hatte die Nato angekündigt, weitere Kampftruppen nach Osteuropa zu verlegen.

(Reporter: Andreas Rinke, Sabine Siebold, Alexander Ratz; Redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern +49 30 2201 33702 oder +49 30 2201 33711; www.reuters.de; https://twitter.com/reuters_de)

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