Wirecard: Morgen kommen die Zahlen, das erwarten die Analysten – In der Zwischenzeit schreitet die Expansion weiter rasant voran

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Der Zahlungsabwickler Wirecard hat die Wirren um Bilanzierungsprobleme einer Konzerntochter in Singapur aus dem Frühjahr im laufenden Geschäft gut verdaut. Doch die „Financial Times“ gibt keine Ruhe und bringt den Aktienkurs mit kritischen Berichten weiter unter Druck. Wie das dritte Quartal ausgefallen ist, will der Dax -Konzern an diesem Mittwoch (6. November) mitteilen.

Die Financial Times Affäre zieht sich bereits seit Monaten

Bereits Ende Januar hatten Berichte der „FT“ rund um Bilanzierungsprobleme in Singapur den Kurs bereits heftig unter Druck gesetzt. Und auch wenn die beauftragte Prüfung der Bücher in Singapur mit nur kleinen Qualitätsproblemen glimpflich ausging und Schein- und Luftbuchungen laut Wirecard ausgeschlossen sind: Investoren sind weiter nervös. Auch da sich der Druck durch weitere FT-Artikel in den folgenden Monaten weiter fortgesetzt hat. Vorläufiger Gipfel war ein von der Bafin ausgerufenes Short-Verbot auf die Wirecard-Papiere, das mittlerweile jedoch wieder ausgelaufen ist. Ziwschendurch kurz Ruhe, doch Mitte Oktober legte das britische Blatt nach und zweifelte auch mittels veröffentlichter, angeblich interner Wirecard-Dokumente Kundenbeziehungen von Töchtern in Dubai an. Wirecard wies die Berichterstattung erneut als „falsch und verleumderisch“ zurück. Das Unternehmen hat nun den Wirtschaftsprüfer KMPG beauftragt, die fraglichen Jahre noch einmal zu durchleuchten, um die jüngsten Vorwürfe möglicherweise aufgeblasener Bilanzen zu widerlegen.

Wirecard wurde schon des öfteren wegen angeblich unlauterer Geschäftspraktiken ins Gerede gebracht, nachgewiesen wurde dem Unternehmen an betrügerischen Methoden aber nichts. Die Finanzaufsicht Bafin und die Staatsanwaltschaft München gehen dem Verdacht nach, dass auch im Fall der Tochter in Singapur Spekulanten hinter den Berichten stecken, die mit sinkenden Kursen Geld verdienen. Das Unternehmen geht rechtlich gegen die Autoren und die Zeitung vor, weil sie mit sogenannten Short-Sellern unter einer Decke stehen sollen.

Die Expansion läuft weiter rasant

Wirecard-Chef Markus Braun sieht das operative Geschäft durch die Wirrungen weiter nicht beeinträchtigt. Allein in diesem Jahr will der Konzern laut Braun die Zahl der besonders großen Kunden mit mehr als einer Milliarde Euro Transaktionsvolumen verdoppeln. Kürzlich präsentierte Wirecard mit den deutschen Aldi-Märkten einen gewichtigen neuen Kunden. Für Analysten ist das potenzielle Transaktionsvolumen neuer Kunden ein guter Gradmesser für künftiges Wachstum.

Der Konzern hatte Ende vergangenen Jahres rund 280.000 überwiegend kleine Händler an die eigene Plattform angeschlossen. Knapp 200 von ihnen generierten demnach Zahlungsabwicklungen von über 100 Millionen Euro jährlich, lediglich 16 erzeugten 2018 mehr als eine Milliarde Euro an Transaktionen. In der Zwischenzeit ist die Zahl der Kunden auf über 300.000 gewachsen. Wirecard macht sein Geld damit, dass es von den abgewickelten Transaktionen eine Gebühr einbehält, die im Schnitt zwischen 1,4 und 1,7 Prozent liegt.

Große Chancen rechnet sich Wirecard auch von dem Einstieg des Tech-Investors Softbank aus. Mit dem Geschäft will sich Wirecard nicht zuletzt Zugang zu den Beteiligungen von Softbank sichern, um mit ihnen Geschäfte zu machen. Zudem könnte der Partner beim Markteintritt in Japan und Südkorea helfen. Für 200 Millionen Euro der von Softbank zunächst über eine Wandelanleihe zugeschossenen 900 Millionen Euro will Wirecard nun in einem Aktienrückkauf an die Anleger weiterreichen. Mit weiteren 340 Millionen Euro hat Wirecard laut Finanzchef Alexander von Knoop Schulden zurückgezahlt.

Neue Übernahme angekündigt – Tor in den chinesischen Markt?

Am heutigen Dienstag hat Wirecard zudem einen weiteren Coup bekannt gegeben und steigt mit einer Übernahme in den chinesischen Markt ein. Für die Übernahme des Zahlungsabwicklers Allscore Payment mit Sitz in Peking gibt Wirecard schrittweise insgesamt bis zu 72,4 Millionen Euro aus. Allscore Payment besitze ein umfassendes Lizenzportfolio für digitale Zahlungsdienste in China, die es Wirecard ermöglichen sollen, mit international tätigen chinesischen Händlern Produkte anzubieten. 2021 soll die Integration des Zukaufs vollständig abgeschlossen sein, der dann mehr als 35 Millionen Euro zum operativen Ergebnis (Ebitda) beitragen soll. Für das Jahr 2022 wird ein Beitrag von über 50 Millionen Euro erwartet.

„Wir freuen uns sehr darüber, heute unseren Markteintritt in China verkünden zu können. Der chinesische Markt stellt eine hervorragende Chance für uns dar. Das umfassende Lizenzpaket ist eine perfekte Ergänzung zu unserer globalen Plattform-Strategie“, sagte Wirecard-CEO Markus Braun.

Mit diesen Zahlen rechnet der Konzern

Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll in diesem Jahr auf 765 bis 815 Millionen Euro ansteigen nach 568 Millionen 2018. Wirecard hat sich auch schon Ziele für die kommenden Jahre gesetzt: Der Umsatz soll 2020 mehr als 3,2 Milliarden Euro betragen – bei einem Transaktionsvolumen von über 230 Milliarden Euro und einer Ebitda-Marge von 30 bis 35 Prozent als Richtwert. 2025 soll der Umsatz auf mehr als 12 Milliarden Euro klettern, das Ebitda auf mehr als 3,8 Milliarden. Das Transaktionsvolumen veranschlagt Braun dabei auf mehr als 810 Milliarden Euro.

Das sagen die Analysten

Die operativen Ergebnisse des Konzerns blieben zweitrangig, urteilte jüngst UBS-Analyst Hannes Leitner. Hauptthema sei die Sonderprüfung der Bilanz. Die Analysten der Societe Generale erwarten erst Ende des ersten Quartals 2020 Ergebnisse der Sonderprüfung durch KPMG. Sollte alles korrekt sein, sollte sich der Markt dann allmählich wieder auf die fundamentale Story des Konzerns konzentrieren. Markus Braun hatte jüngst gesagt, man rechne in wenigen Monaten mit einem Ergebnis.

Den Umsatz im dritten Quartal erwarten die von Bloomberg bis Dienstag befragten Analysten mit einem Anstieg von 31 Prozent bei 716,4 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen dürfte mit gut 39 Prozent auf 209 Millionen Euro noch stärker wachsen.

Was macht die Aktie?

Das Investment in Wirecard-Aktien ist derzeit wohl eher etwas für hartgesottene Anleger, die auch mit Risiko umgehen können. Zwar ging es lange nur bergauf, insbesondere seit Anfang 2017 von rund 40 Euro bis zum Rekordhoch von 199 Euro kurz vor dem Dax-Aufstieg Anfang September vergangenes Jahr. Davon ist die Aktie nach dem neuerlichen Kursrutsch Mitte Oktober aber mit rund 120 Euro derzeit weit entfernt. In diesem Jahr hat das Papier eine weite Spanne aufzuweisen vom Tief bei 86 Euro und dem Hoch bei 170,70 Euro.

Dennoch ist Wirecard aktuell mit 14,6 Milliarden Euro Börsenwert in den Augen der Anleger noch immer mehr wert als die Deutsche Bank mit 14,1 Milliarden. Auf dem Rekordhoch brachte das Unternehmen aber noch fast 10 Milliarden Euro mehr auf die Börsenwaage. Von dem letzten, durch den FT-Bericht verursachten, Kurssturz konnte die Aktie sich noch nicht nachhaltig erholen, hat aber seit Anfang der Woche zumindest wieder zu einer leichten Erholungsbewegung angesetzt, auch da Wirecard Chef Braun in mehreren Interviews um mehr Transparenz bemüht war und um das Vertrauen der Anleger geworben hatte.

onvista-Redaktion/dpa-AFX

Titelfoto: Anton Garin / Shutterstock.com

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