Alle Augen auf Mario Draghi

Holger Scholze · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Welche Ergebnisse bringt die Sitzung des EZB-Rates
Und wieder einmal warten die Börsianer mit großer Spannung auf den Auftritt eines einflussreichen Notenbankers. Heute, um 13:45 Uhr (MESZ), wird die Europäische Zentralbank (EZB) zunächst ihre aktuelle Zinsentscheidung veröffentlichen. Besonders interessant wird es dann traditionell im Zuge der obligatorischen Pressekonferenz von EZB-Präsident Mario Draghi ab 14:30 Uhr (MESZ). Die Erwartungen sind groß
Mario Draghi hat durch seine Ankündigung auf dem bedeutenden Zentralbanker-Treffen in Jackson Hole vor knapp zwei Wochen eine hohe Erwartungshaltung der Marktteilnehmer generiert. Die EZB werde alle verfügbaren Mittel im Kampf gegen die Schwäche der Konjunktur und die Gefahr einer gefährlichen Deflation einsetzen, hieß es dort. Europas Notenbanker stehen unter Druck
Darüber hinaus haben aber auch führende Notenbanker aus den USA die europäischen Währungshüter zu Handeln aufgefordert. So sagte der Chef der Fed von St. Louis am 22. August, dass der geringe Preisauftrieb in der Eurozone ihn mit Sorge erfülle. Dies wurde allgemein auch als Warnsignal verstanden. Denn die EZB muss sicherstellen, dass die Investoren weltweit auf ihre Fähigkeit vertrauen, mittelfristig stabile Preis zu garantieren. Bei einer Inflationsrate von 0,3 Prozent in der Eurozone gerät dieses Vertrauen allerdings ins Wanken. Schließlich sprechen die Notenbanker selbst erst bei einer Preissteigerungsrate von knapp zwei Prozent von stabilen Preisen. Europas Wirtschaft stagniert
Zuletzt stagnierte auch das Wirtschaftswachstum im Euro-Raum. Hoffnungen auf ein Jahr des konjunkturellen Aufschwungs sind geschwunden. Da helfen auch die überraschend guten Nachrichten aus der deutschen Industrie erst einmal nicht weiter. Denn dort hatte es im Juli wenigstens einen kräftigen Auftragsschub gegeben. Dafür ist aber zum Beispiel die Arbeitslosigkeit in Frankreich im zweiten Quartal auf 10,2 Prozent gestiegen. Kein Wunder bei der flauen Wirtschaftsentwicklung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone. Und in Italien, der Nummer drei im Währungsraum, sieht es auch nicht besser aus. Es muss aber unbedingt verhindert werden, dass Europa erneut in eine Rezession stürzt. Mögliche Überlegungen
Die EZB hatte ihren Leitzins erst im Juni auf das Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt. Nun dürften die Mitglieder des Rates ein großangelegtes Programm zum Ankauf von Wertpapieren in Erwägung ziehen, um einen erneuten Einbruch der Wirtschaft und die Gefahr eines Preisverfalls im Keim zu ersticken. Denn dies würde Europa für viele Jahre lähmen.

Doch ob die europäischen Währungshüter diesen Schritt schon heute beschließen oder ob sie es zunächst bei deutlichen Verbalattacken belassen, ist schwer vorhersehbar. Schließlich müssen Notenbanker stets auch ihre Unabhängigkeit unter Beweis stellen und sind gerade deshalb auch immer für eine Überraschung gut.
Fazit für den Aktienmarkt
Die Anleger verhalten sich bisher noch vorsichtig und zögerlich. Der DAX hat sich dennoch bereits wieder über der 9.500er Marke eingelebt. Wie in den vergangenen Wochen beschrieben, hat das deutsche Börsenbarometer einen guten Nährboden für weitere Kursanstiege gebildet.

Die japanische Notenbank hält an ihrem Kurs der ultralockeren Geldpolitik fest und wird weiterhin Milliardensummen in die Märkte pumpen. Die US-Notenbank (Fed) beobachtet in den USA das erhoffte moderate Wirtschaftswachstum. Einen Grund für verfrühte Zinsanhebungen erkenne ich deshalb aber nicht. Außerdem sind die Börsianer hier auf einen leicht steigenden Leitzins im Jahr 2015 bereits eingestellt.

Und was die EZB betrifft, ist es aus meiner Sicht unerheblich, ob heute bereits große Maßnahmen verkündet werden oder ob man diese nur in Erwägung zieht. Fakt ist, Mario Draghi und die anderen Mitglieder des EZB-Rates verfolgen die Wirtschaftsdaten mit Argusaugen. Und sollte es notwendig sein, werden sie handeln. Darauf vertraue ich. Kursrückschläge können aus meiner Sicht derzeit lediglich durch die schwelenden geopolitischen Spannungen hervorgerufen werden. Aber auch hier ist meine Hoffnung groß, dass speziell im Ukraine-Konflikt die Vernunft siegt.

Insofern gehe ich davon aus, dass der DAX nach Abschluss seiner aktuellen Konsolidierungsphase bald auch die Hürde bei 9.700 Punkten meistern und danach die 9.800er Marke anpeilen wird. Einen Angriff auf das Rekordhoch von 10.051 Zählern erwarte ich wie gehabt im Zuge einer aus heutiger Sicht sehr wahrscheinlichen Herbst-Rallye. Ihr Holger Scholze

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