“Black Friday” nach Brexit-Votum – Dax verliert 600 Punkte

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Das unerwartete Votum der Briten für einen EU-Austritt hat die Finanzmärkte schwer getroffen. Der Dax kann seine Verluste zwar etwas eindämmen, notiert aber immer noch tief im Minus.

“Black Friday” an den Finanzmärkten: Das Brexit-Votum der Briten hat am Freitag zu massiven Verwerfungen geführt und den Dax zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit Februar zurückgeworfen. Nachdem bereits die Börsen in Asien eingebrochen waren, kam es auch an Europas Börsen zu Kursverlusten, die das letzte Mal in der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 gesehen wurden. Gegenüber dem Handelsbeginn beruhigten sich die Ausschläge am späteren Vormittag aber wieder.

Der deutsche Leitindex, der kurz nach seinem Start noch rund 10 Prozent oder mehr als 1000 Punkte eingebüßt hatte, verlor zuletzt noch etwas mehr als 6 Prozent auf 9600 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging mit minus 8,5 auf Talfahrt, während sich der britische FTSE 100 mit minus 5 Prozent noch mit am besten hielt.

Im Dax büßte zuletzt nur noch wenige Aktie prozentual zweistellig ein, nachdem es zum Handelsauftakt noch etwa die Hälfte der 30 Werte waren. Zu den größten Verlierern gehörten die Deutsche Bank und die Commerzbank mit Verlusten von 13 beziehungsweise 11 Prozent. “Das ist kein guter Tag für Europa. Die Konsequenzen lassen sich noch nicht vollständig absehen. Sie werden aber für alle Seiten negativ sein”, erklärte Deutsche-Bank-Chef John Cryan.

Brexit-Votum ist ein Schock

Während das Pfund einbrach und auf den tiefsten Stand seit 31 Jahren fiel und auch der Euro kräftig auf 1,1139 US-Dollar nachgab, war vor allem der japanische Yen als Fluchtwährung gesucht. Auch Gold und Anleihen waren gefragt. “Keiner hat damit gerechnet, dass die Briten wirklich austreten”, sagte ein Händler. “Jetzt gibt es immensen Absicherungsbedarf.” Jochen Stanzl von CMC Markets sprach von einem “Schock”. Seit Mitte der Vorwoche hatte der Dax noch in zunehmender Hoffnung auf einen Verbleib der Briten um fast 9 Prozent zugelegt.

Für den Brexit stimmten 51,9 Prozent der Wähler, 48,1 Prozent wollten in der Europäischen Union bleiben, wie die britische Wahlbehörde nach dem Referendum mitteilte. Premierminister David Cameron, der sich für einen Verbleib seines Landes in der EU starkgemacht hat, kündigte seinen Rücktritt an. Europäische Spitzenpolitiker reagierten bestürzt auf das Votum. Sie beschwörten die Einheit der verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten und mahnten dafür Reformen an. Rechtspopulisten in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden forderten indes ihrerseits ein Referendum über den Verbleib in der EU.

Billionenwerte wurden vernichtet

Der Crash an den Börsen in Folge des Brexit-Entscheids hat Experten zufolge weltweit bis zu fünf Billionen Dollar an Börsenwert vernichtet. Dies entspreche dem Doppelten der gesamten Wirtschaftsleistung Großbritanniens und 17 Prozent der Wirtschaftsleistung der G7-Staaten im vergangenen Jahr, schrieb Aktienstratege Christian Kahler von der DZ Bank in einem Kurzkommentar. Allein im Dax hätte sich eine Marktkapitalisierung von 95 Milliarden Euro in Luft aufgelöst. An dieser Erstbewertung zeige sich, dass die Reaktion der Kapitalmärkte auf das Votum der Briten für einen Austritt aus der Europäischen Union mit großer Wahrscheinlichkeit deutlich übertrieben sei.

Analyst Kahler rechnet mit hohen Schwankungen an den Finanzmärkten in den kommenden Tagen und Wochen. Der Dax dürfe wegen seiner hohen Liquidität im Handel überproportional in Mitleidenschaft gezogen werden. Längerfristig sei entscheidend, welche Auswirkungen ein Brexit auf die Entwicklung der Gewinne deutscher Unternehmen habe.

Notenbank sind wieder im Fokus

Die Augen der Anleger richten sich nun auf die Notenbanken, die zuletzt in Notlagen immer stützend eingegriffen hatten. “Die Wahrscheinlichkeit einer starken Antwort der Europäischen Zentralbank ist jetzt hoch”, sagte Stanzl. Er sieht daher das Risiko für eine Rezession als relativ gering an.

Daher dürfte der bislang schwärzeste Tag des Dax wohl auch weiterhin der 16. Oktober 1989 bleiben, als der Leitindex infolge eines Einbruchs an der New Yorker Börse letztlich um 12,81 Prozent gefallen war. Auslöser war damals ein fehlgeschlagener Übernahmeversuch in der US-Luftfahrtbranche gewesen.

OnVista/dpa-AFX/Reuters
Foto: Deutsche Börse

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