Der griechische Stolz

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Was ist das für ein Irrsinn, den die griechische Regierung und ihr Chef Alexis Tsipras da die vergangenen Wochen abliefern? Erst lehnen sie Reformvorschläge als Demütigung ab, dann lassen sie das Volk entscheiden und werben auch hier für eine Ablehnung, die sie auch bekommen. Nun legen sie selbst eine Liste vor, die offenbar mehr oder minder den Forderungen aus Brüssel entspricht. Welchen Sinn hat das? Es zeigt ganz einfach, dass es den Griechen hier nicht allein um den wirtschaftlichen Kern der Reformen geht, sondern Stolz eine große Rolle spielt. Wenn es schon Grausamkeiten geben muss, dann wollen sich die Griechen diese selbst zumuten und Brüssel vorschlagen und nicht umgekehrt.

Dax mit zwei großen Aufwärts-Gaps

Der heutige Sprung hat nun das zweite große Aufwärts-Gap in Folge im DAX produziert. Gaps entstehen immer dann, wenn ein Markt über oder unter dem Schluss des Vortages eröffnet. Er neigt dazu, solche Gaps zu schließen. Daher steht der Aufschwung nicht auf so soliden Füßen und stören mich daher, da sie Anziehungskraft nach unten besitzen. Aber es ist nicht sicher, dass das Schließen bald passiert. In der Erholung nach der Havarie des japanischen Atomkraftwerks in Fukushima, wo die Nachrichten auch stets in der Nacht kamen, riss der DAX auch mehrere Aufwärts-Gaps auf, die erst im 2011er Crash im Sommer geschlossen wurden. Sollten die griechischen Reformvorschläge am Wochenende akzeptiert werden, muss einkalkuliert werden, dass es zunächst weiter nach oben geht und die Gaps recht lange offen bleiben. Beim DAX allein betrachtet sieht es aber nach wie vor positiv aus. Das extrem hohe Put/Call-Ratio deutet auf große Vorsicht der Anleger hin. In diesem Klima gibt es in der Regel keine Rieseneinbrüche.

Wall Street bleibt der Störfaktor

Es bleibt aber die angeschlagene Wall Street, die gestern auch wieder alle Anfangsgewinne abgeben musste. Von hier könnte kurzfristig wieder ganz schnell Gegenwind kommen. Doch ich rechne auch hier nicht mit einem Crash. Zu groß sind die Aktienrückkäufe und Übernahmen und die dadurch entstehende Nachfrage. Der Optimismus hat sich zuletzt auch abgekühlt, so dass es durchaus sein kann, dass die Ängstlichen schon verkauft haben, als der S&P 500 zuletzt die 200-Tage-Linie nach unten durchbrochen hatte.

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