"Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt
...er setzt seine Felder und Wiesen in Stand", so heißt es in einem deutschen Volkslied, das eigentlich auch das neue Mottolied für die EZB und ihren Bauern Mario Draghi sein könnte. Denn jetzt im März beginnt sein Anleiheaufkaufprogramm. Die Absicht seines Feldversuchs ist klar: Mit Liquiditätsregen sollen die konjunkturellen Trockengebiete der Eurozone in blühende Landschaften verwandelt werden.
Viel Geld und die damit gedrückten Zinsen sollen zu erhöhter Kreditvergabe der Banken führen. Klingt auf den ersten Blick gut, aber ist es wirklich so einfach? Schwierig ist die technische Umsetzung dieses Gärtnerlateins. Denn zunächst frage ich mich, ob der EZB überhaupt so viele Staatspapiere angedient werden. In den USA hat es drei Jahre gedauert, bis die Fed Staatspapiere in befriedigendem Ausmaß aufkaufen konnte. Denn wie in den USA müssen auch Eurolands Banken aus aufsichtsrechtlichen Gründen sogenannte risikolose Staatspapiere halten. Diese kann man nicht einfach so abgeben wie Regenschirme an der Garderobe.
Die Eurozone hat kein Liquiditäts- und auch kein Zinsproblem, sie hat ein Kreditvergabeproblem
Überhaupt, warum sollten Banken mit mehr Liquidität mehr Kredite vergeben. Liquidität ist schon heute in Euroland mehr als genug da. Ebenso hat die Eurozone auch kein Problem mit zu hohen Zinsen. Ginge es nur um Geld und Zinsen, würde die Euro-Wirtschaft längst blühen wie der tropische Urwald. Der Wachstumshemmer für Kredite sind aber die wettbewerbsschwachen Standortbedingungen und - damit verbunden - die vielfach mangelnden Renditeaussichten der Unternehmen und Privathaushalte. Abzulesen sind diese unfruchtbaren Rahmenbedingungen am im Jahresvergleich immer noch rückläufigen Kreditvolumen in der Eurozone.
Amerika hat das Problem wenig fruchtbarer Konjunktur-Böden mit seiner Rückbesinnung auf Industriekultur und Reformbereitschaft in den Griff bekommen. Die USA haben endlich begriffen, dass Liquiditäts- und Reformpolitik zusammengehören. Denn nur bei Regen und Sonne sprießt die volkswirtschaftlich schönste Blume: Gesundes von der Privatwirtschaft getragenes Wirtschaftswachstum. Diese Blume gedeiht in den Gärten der Eurozone leider immer weniger. Und schaut man sich das wuchernde Unkraut der Reformablehnung in Griechenland an, das ebenso das Zeug hat, in Portugal und Spanien nach den dort im Herbst stattfindenden Parlamentswahlen zu streuen, muss man schon dankbar sein, wenn diese Pflanze in der Euro-Peripherie nicht ganz zertreten wird. Und hier sollen Banken freudestrahlend Kredite vergeben?
Ohnehin sind viele Euro-Banken noch bis zur Halskrause voll mit schlechten (Immobilien-)Krediten. Warum sollten sie das Fass mit noch mehr Darlehen zum Überlaufen bringen, zumal sie diese auch noch mit wertvollem Eigenkapital unterlegen müssen?
Wird Florian der Gartenfreund alias Mario Draghi also mit dem Ankauf von Staatspapieren scheitern, weil sein Wasser die Wurzeln der Konjunkturtriebe nicht erreicht?
Unorthodoxes Gärtnerlatein ist gefragt
Draghi denkt bereits über neue Methoden des konjunkturellen Landschaftsbaus nach. Wenn Banken zu viel schlechte Erde in ihrem Garten haben, sozusagen zu viele Kreditaltlasten in den Bilanzen, dann muss die minderwertige Erde eben abgetragen werden. So könnte die EZB den Banken statt Staatspapieren deutlich mehr Kredite in Form von ABS-Papieren (Asset Backed Securities) abkaufen. Je mehr sie das tut, umso mehr verringern sich auch die Ausfallrisiken der Banken. Es ginge noch besser: Die EZB könnte wie in der florierenden Zeit der Immobilieneuphorie sogar wildwuchsartig verbriefte Kredite aufkaufen. Die Banken würden dann ihre schlechten Kreditqualitäten umfangreich los und sogar neue Kredite vergeben, weil sie diese am Ende des Tages auch wieder auf dem Komposthaufen der EZB entsorgen könnten.
Auch wenn den geldpolitischen Landschaftsgärtnern mittlerweile alle revolutionären Feldversuche zuzutrauen sind, zum Instrument Verbriefung - finanzhistorisch ist es sehr belastet - würde man wohl erst greifen, wenn alle Stricke reißen. Auszuschließen sind sie aber nicht. Die Eurozone und ihre Institutionen haben sich in den letzten fünf Jahren so einige Dinger geleistet.
Im Märzen der Mario den Staat für die Konjunktur einspannt
Und wie will die EZB die Eurozone in der Zwischenzeit grün bekommen? Da hilft ihr der Blick in die Wirtschaftstheorie: Wenn die Geldpolitik nicht in der Lage ist, die Konjunktur gedeihen zu lassen, muss laut dem britischen Ökonomen Keynes die Fiskalpolitik ran: Der Kunstdünger der staatlichen Nachfrage solle dann die mangelnde private Nachfrage ersetzen. Hier hilft die Liquiditätsschwemme der EZB auf jeden Fall. Denn die Zinsen sind so günstig, dass es fast eine Verschwendung wäre, sie nicht für frische Staatsneuverschuldung zu nutzen.
Leider gibt es keinen wirklichen konjunkturellen Garten Eden, wenn innovationsfreundliche Privat- durch planwirtschaftliche Staatsnachfrage ersetzt wird. Das hat noch nie funktioniert. Der Garten wird zwar grün. Aber das, was wächst, will eigentlich kein Gärtner haben. Denn es ist viel Unkraut dabei.
Eins schafft das Aufkaufprogramm der EZB aber in jedem Fall, egal wie die Liquidität in die Finanzmärkte kommt: Aktien grünen so grün, wenn Marios Liquiditätsblüten blühen. Mindestens wird ihr Verwelken verhindert.
Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG:
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