Achtung, Disruption!

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo Leute! Wie es in den nächsten Monaten und im kommenden Jahr wirtschaftlich weitergehen wird, ist total unklar. Vielleicht ist das der Grund, dass sich unsere Vordenker zurücklehnen, um über grundsätzliche Trends im Klaren zu werden. Jedenfalls haben mich gerade ein paar solcher Grundsatzanalysen erreicht. Die sind auch für private Anleger interessant - jedenfalls für solche, die sich mit Gott und der Welt beschäftigen.

Beispiel DZ Bank, deren Volkswirte die provozierende Frage stellen „Wird die Globalisierung rückabgewickelt?“ Denn sie behaupten, dass es schon seit einigen Jahren einen abnehmenden Globalisierungstrend gibt. Das muss nicht heißen, dass sämtliche Vorteile aus der Globalisierung wieder verlorengehen, die Globalisierung also gewissenmaßen rückgängig gemacht wird. Es könnte aber bedeuten, dass eine Phase immer intensiverer, internationaler Vernetzung durch die Unternehmen nun ausgelaufen und eine Neuorientierung vonnöten ist. Hm, vielleicht sollten wir künftig beobachten, ob sich Aktiengesellschaften besonders gut entwickeln, die nach Expansion im Ausland nun vor allem auf dem Heimatmarkt Muskeln zeigen.

Andererseits behält die Globalisierung ein positives Vorzeichen, wie der Modebegriff „Disruption“ signalisiert, der Analysten und Ökonomen immer häufiger beschäftigt (Schrieb die FAZ schon Ende 2015: Disruption - Daran können sich Manager besoffen reden). Bei mir hat es aus zwei Gründen geklingelt - wegen meines mittleren Latinums in der Gymnasialzeit und weil darin „Ruptur“ vorkommt. Und ich spüre heute noch die Spätfolgen einer Quadrizeps-Sehnenruptur (interessierte Nicht-Mediziner bitte googeln!) aus dem vergangenen Jahr. Bedeutungstechnisch geht es um stören, unterbrechen, zerreißen u. ä.

In der modernen Wirtschaft versteht man unter Disruption einen Prozess, bei dem ein bestehendes Geschäftsmodell oder ein gesamter Markt durch eine stark wachsende Innovation abgelöst beziehungsweise „zerschlagen“ wird. Das Wort wird vor allem mit dem Umbruch der Digitalwirtschaft in Zusammenhang gebracht wird: Bestehende, traditionelle Geschäftsmodelle, Produkte, Technologien oder Dienstleistungen werden immer wieder von innovativen Erneuerungen abgelöst und teilweise vollständig verdrängt. Insbesondere in der Startup-Szene ist der Begriff „Disruption“ eine beliebte Vokabel, da er das revolutionäre Denken eines Gründers zum Ausdruck bringt.

Für die Strategen von T. Rowe Price ist Disruption eine interessante Herausforderung: Wenn Anlegern auf der richtigen Seite des Wandels stehen, können sich große Chancen eröffnen. Wer während Umbruchphasen allerdings auf die falsche Seite setzt, kann schmerzhafte Fehlinvestments erleiden. Innovationen bringen immer Gewinner und Verlierer hervor. Empfiehlt die Ami-Investmentgesellschaft: „Wir glauben, dass das hohe Veränderungstempo ein guter Grund ist, wirklich globale Investments einzugehen. Einige Auslöser für Disruption, wie technologische Neuerungen, würden keinen Halt vor Grenzen machen, während sich andere eher national oder sogar nur regional auswirkten.“

Das Goldman Sachs Asset Management (GSAM) liefert in einem ganz ähnlich klingenden Bericht passende Konkretisierungen: Cloud-basierte Computersysteme sind ein gutes Beispiel dafür, wie eine technologische Neuerung von geringem Ausmaß weit über das Silicon Valley hinaus Wellen schlagen kann. Da digitale und mechanische Technologien zunehmend stärker miteinander verknüpft werden, geht GSAM von einer Verschiebung der Gewinne in Richtung der Halbleiterindustrie aus. Im Zuge der Weiterentwicklung des „Internets der Dinge“ dürften Hersteller analoger Halbleiter von einer steigenden Nachfrage profitieren. Deshalb: Wir positionieren die Portfolios insofern mit einem Schwerpunkt im Technologiesektor bei Software- statt Hardwareunternehmen.

Ihr merkt schon, das sind eher Themen für selbstentscheidende Stock-Picker, die betont langfristig denken, und Investmentanleger, die sich in die Hände der aktiven Fondsmanager begeben wollen. Natürlich gibt es ungeachtet solcher Überlegungen andere, gängige Kriterien für die Anlageentscheidung. Auf alle Fälle wünsche ich Euch, meine Freunde, dass Euer Depot nicht disrumpiert wird!

Post an den Börsenfuchs: boersenfuchs@onvista.de

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