Ein Austritt aus der Währungsunion ist sehr wohl möglich!
Anbei ein Beitrag aus der Feder meines Kollegen Daniel Kühn.
In einem Gastbeitrag für die Wirtschaftswoche erläutert Dirk Meyer, Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, wie ein Mitglied der Währungsunion aus dem Euro austreten oder zumindest eine Parallelwährung einführen könnte. Dabei wird vor allem eines sofort klar: So juristisch unmöglich wie man zunächst meint ist das Austritts-Prozedere nicht. Es bedarf dabei einiger Flexibiliät und viel Pragmatismus: beides war in der Eurokrise bisher reichlich vorhanden. Und überdehnt wurde schon so mancher Vertragstext.
Option 1: Staat scheidet ganz aus der Eurozone aus und verlässt auch die EU. Das geht über Artikel 50 Abs.1 EUV: “Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten. “
Option 2: Staat verlässt die Eurozone, tritt kurz aus der EU aus (Art. 50 Abs. 1 EUV) und tritt dann wieder ein gemäß Art. 49 EUV. Hier müsste das europäische Parlament zustimmen, der Europäische Rat müsste einstimmig nach Anhörung der EU Kommission entscheiden. Ferner wäre eine Ratifizierung des Wiedereintritts durch alle Mitgliedsstaaten nötig.
Option 3: Staat verlässt die Eurozone und bleibt in der EU. Königsweg dabei: Art. 2 Abs. 1 AEUV : “Übertragen die Verträge der Union für einen bestimmten Bereich eine ausschließliche Zuständigkeit, so kann nur die Union gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen; die Mitgliedstaaten dürfen in einem solchen Fall nur tätig werden, wenn sie von der Union hierzu ermächtigt werden, oder um Rechtsakte der Union durchzuführen.”
Der Europäische Rat könnte einstimmig einem Einzelstaat die Währungssouveränität rückübertragen. Dieser würde dann nicht mehr an der gemeinsamen Geldpolitik teilhaben.
Meyer kommt zu dem Schluss, dass speziell im Falle Griechenlands auch eine Option 4 denkbar wäre:
Nämlich ein De-facto-Austritt aus der Währungsunion nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. Die Griechen würden dann Euro-Bargeld horten (tun sie wohl bereits schon!). Der griechische Staat könnte dann eine neue Drachme auf Schuldscheinbasis einführen und damit seinen fiskalischen Verpflichtungen nachkommen.
Parallelwährungen: Wäre das auch ein Modell für die gesamte Eurozone? Was der Europäische Rat einstimmig für ein einziges Land beschließt, kann natürlich theoretisch auch für jedes Land beschlossen werden. Bleibt am Ende der Euro nur noch eine europaweite Quasi-Verrechnungseinheit? Es lohnt sich, darüber intensiver nachzudenken
(© BörseGo AG 2015 - Autor: Harald Weygand, Head of Trading bei GodmodeTrader)