Hört auf Albert Einstein!

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute! Gebildete Menschen, darunter auch Amerikaner, zitieren gerne. Und wer einen besonders hohen IQ hat (oder zu haben glaubt), beruft sich schon mal auf Albert Einstein. Von Insidern der Wall Street habe ich am vergangenen Wochenende wieder ganz abgefahrene Sachen zugespielt bekommen - darunter erneute Crash-Warnungen, jetzt für Oktober, nachdem es kürzlich noch nicht funktionierte. Vorsichtige Katastrophenpropheten behalten das Datum aber für sich und verkünden in ihren Rundschreiben leise und hinter vorgehaltener Hand, dass der dramatische Rutsch der Aktienkurse „näher rückt“ bzw. dass er „bald bevorsteht“. Sorry, ich möchte Euch das nur zur Info weitergeben, meine Freunde. Was haben diese Crash-Prognosen aber mit Einstein zu tun? Nix. Deswegen gehe ich auch nicht näher darauf ein.

Vor langer Zeit hat unser Super-Hirn nämlich (angeblich) etwas gesagt, was eigentlich jeder wissen und möglichst auch ausnutzen sollte: Der Zinseszinseffekt (compound interest) ist die bedeutendste mathematische Entdeckung aller Zeiten, ist die stärkste Kraft des Universums, ist die größte Erfindung des menschlichen Geistes, ist das achte Weltwunder. Das sind jedenfalls die häufigsten Aussagen zu diesem Thema, die man Einstein in den Mund legt. Es gibt aber auch die mir sympathisch erscheinende Meinung, Einstein könnte das ironisch gemeint haben (zumindest ein bisschen). Wie auch immer, Börsenfüchse in Amiland haben das jetzt wieder mal ausgegraben - obwohl und gerade weil es momentan ja schwer ist, attraktive Zinsen zu kriegen.

Als jemand, der dauernd das sinnvolle langfristige Investieren (in Sachwerte) propagiert und das übertriebene und deshalb falsche Sparbuch-Sparten kritisiert, weise ich wiederholt auf spezielle Effekte hin. Bei Sachwerten wie den Edelmetallen ist es der Durchschnittskosten-Effekt. Der findet übrigens in den zahlreichen Es-Musste-doch-so-kommen-Kommentaren allwissender Schreiberlinge („Das Krisenmetall in der Krise“) viel zu geringe Beachtung. Gerade jetzt ist der Cost-average-Effekt beispielsweise bei Gold-Sparplänen nachdenkenswert.

Längerfristiges Sparen/Investieren in Anlagen, die Zinsen, Dividenden oder andere regelmäßige Ausschüttungen bringen, gewinnt - und da haben die Amis voll Recht - durch den Zinseszinseffekt eine eigene Qualität. Die simple Grundlage, die vielen Bundesbürgern gar nicht voll bewusst ist: Wer die Erträge seiner Investments stets sofort wieder anlegt, kann eben diesen Effekt nutzen. Nur ein Beispiel: Anleger, die vor 20 Jahren für 10.000 Euro Anteile von Aktienfonds mit Anlageschwerpunkt Deutschland kauften, erzielten eine Rendite von durchschnittlich 8,3 Prozent im Jahr und besaßen Ende Mai 2015 Ersparnisse von knapp 49.300 Euro. Hätten die Sparer die Ausschüttungen von durchschnittlich 3 Prozent nicht wieder angelegt, betrüge die jahresdurchschnittliche Rendite nur noch 5,3 Prozent und den Sparern stünden lediglich knapp 28.100 Euro zur Verfügung. Die Wiederanlage hat demnach das Vermögen um mehr als 21.000 Euro erhöht. Es sollte jedem einleuchten, dass der Effekt dabei umso stärker ist, je höher die Ausschüttungen sind und je länger der Anlagezeitraum ist.

Wer jetzt so was wie einen Aha-Effekte verspürt, weil er zu den Anfängern in Sachen Kapitalanlage gehört, sollte sich also mit dem Zinseszins-Effekt beschäftigen. Dabei kommen vor allem thesaurierende Investmentfonds in Frage, die in Hochzinsanleihen oder Mittelstandsanleihen investieren. Aktienfans wissen aber, dass heutzutage Dividendenerträge oft an die Stelle von Zinseinnahmen treten - deshalb ja auch das große Interesse an Aktien bzw. Aktienfonds von Unternehmen, die langjährig und regelmäßig hohe oder sogar steigende Dividenden ausschütten. Sparpläne plus Zinseszinseffekt sind sicher nicht die größte Entdeckung der Menschheit, für langfristige Anlagen (z.B. Altersvorsorge) aber enorm wichtig - einfach geil!

boersenfuchs@onvista.de

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