Ich fordere die Hochfrequenzsteuer!

Stefan Riße · Uhr

Es gibt Themen, die sich für breitangelegte Diskussionen eignen. Manchmal können es sogar Wirtschafts- und Finanzthemen sein. Der Steuerfall Uli Hoeneß war hierzulande so ein Thema. Wochenlang wurde spekuliert, ob und wenn ja, wie Hoeneß so viel Geld an den Finanzmärkten verdienen konnte. Weil Deutschlands bekanntester Fußballmanager plötzlich der fleischgewordene Spekulant war, wurden die komplexen Themen Daytrading und Devisenhandel plötzlich griffig. Dass vieles im Detail trotzdem nicht verstanden wurde oder ganz im Dunkeln blieb, tat der Sache keinen Abbruch. So weit so gut. Dass es aber sogar der noch viel komplexere Hochfrequenzhandel schaffen würde, zumindest in den USA zu einem breit diskutierten Thema zu werden, dass hätte sich vor kurzem wohl niemand vorstellen können. Und das ganz ohne einen prominenten Protagonisten, der damit reich oder arm geworden wäre.

Ein Roman um Algorithmen

Geschafft hat das Michael Lewis, der Bestsellerautor für Wirtschaftskrimis. Bekannt wurde er vor allem durch sein Buch „Liar’s Poker“ (deutscher Titel: Wall Street Poker), der die Wall Street in den 80er Jahren beschreibt, aber auch „The Big Short“ über die Finanzkrise 2008. Sein nun neuestes Werk heißt „Flash Boys - Revolte an der Wall Street“ (erscheint am 10. April in Deutschland im Campus Verlag). Dem Wirtschaftsjournalisten Lewis gelingt es in seinem Roman, Figuren zu erschaffen, die dem Hochfrequenzhandel ein Gesicht geben. Die Botschaft ist dabei eindeutig. Die Handelsprogramme, die im Millisekundentakt Orders an die Börsen schießen und genauso schnell wieder stornieren, schaden dem normalen Investor. Durch ihren schnellen Zugang zu den Börsen würden die Hochfrequenzhändler sich einen systematischen Informationsvorsprung verschaffen und zum Nachteil anderer Anleger ausnutzen. Weil der größte Teil der Orders, die die Megacomputer erteilen, gleich wieder storniert wird, würden sie außerdem Nachfrage suggerieren, die es gar nicht gibt und andere in die Irre führen.

Volkswirtschaftlicher Nutzen gleich Null

Ich kann diese Vorwürfe weder verifizieren noch falsifizieren. Dafür kenne auch ich mich im Detail zu wenig mit diesem Segment des Börsenhandels aus. Das Argument derer, die ihn betreiben und deshalb verteidigen ist jedoch Unsinn. Sie argumentieren mit der Liquidität, die so zur Verfügung gestellt und den Handel damit noch reibungsloser funktionieren lassen würde. Die Börsenbetreiber, die in das gleiche Horn stoßen, schielen nur auf die Umsätze, die ihnen verloren gingen, würde der Hochfrequenzhandel eingeschränkt oder sogar verboten. 40 Prozent aller Umsätze der Deutschen Börse AG werden mittlerweile durch die Hochfrequenzhändler bestritten. Wer den volkswirtschaftlichen Nutzen des Ganzen betrachtet, wird zwangsläufig feststellen, dass es keinen gibt. Das Argument der Liquiditätsstiftung ist nicht stichhaltig. Auch in der Zeit vor dem Handel in Millisekunden konnten private wie institutionelle Anleger zu fairen Kursen handeln.

Mit der Finanzmarkttransaktionssteuer alles erschlagen

Es spricht doch einiges dafür, dass vom Hochfrequenzhandel Gefahren ausgehen. Der sogenannte Flash-Crash 2010 und andere Fakten deuten darauf hin. Da es auf der anderen Seite keinerlei Nutzen gibt, kann die Abwägung nur zur Gunsten eines Verbots oder einer Einschränkung ausfallen. Diskutiert wird in der EU so einiges an Maßnahmen. So sollen die Hochfrequenzhändler ihre Algorithmen offenlegen und genehmigen lassen. Was für eine schräge Idee. Wie viel wollen die Regulierungsbehörden denn in Gehälter von Experten investieren, die solche Formeln tatsächlich durchschauen und bewerten können?

Ich habe eine andere Idee. Erschlagt den Hochfrequenzhandel mit der Finanzmarkttransaktionssteuer. Vielleicht ist sie auch den Angelsachsen mit diesem Nebeneffekt schmackhaft zu machen. Das hierzulande herumgereichte Argument, der kleine Anleger würde am Ende benachteiligt, ist mit Verlaub gesagt Quatsch. Wer Aktien kauft und über längere Zeit hält, für den sind Kosten von 0,1 Prozent pro Transaktion völlig zu vernachlässigen. Für denjenigen, der eine Haltedauer von einigen oder manchmal weniger als einer Sekunde hat, weil er auch nur ein Cent pro Transaktion verdienen will, wären sie der Overkill.

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