Schwindende Brexit-Sorgen: Pfund weiter stark – Goldpreis schwächelt

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Anleger verlassen die sicheren Häfen. Während der Goldpreis schwächelt, legt die britische Währung zu. Experten warnen jedoch: Das könnte sich rasch drehen.

Am Devisenmarkt spekulierten Investoren weiter auf ein “Ja” der Briten zur Europäischen Union. Das Pfund Sterling verteidigte am Mittwoch die Gewinne der vergangenen Tage und stieg in der Spitze auf 1,4707 Dollar.

Die jüngsten Umschichtungen aus sicheren in riskante Anlagen wie Aktien und das britische Pfund könnten allerdings bedeuten, dass die Anleger die Auswirkungen eines Brexit unterschätzten, warnte Marktanalyst Jasper Lawler von CMC Markets. Die Landeswährung hatte am Dienstag bei 1,4783 US-Dollar den höchsten Stand seit einem halben Jahr erreicht. Vergangenen Donnerstag war die britische Währung noch fast bis auf 1,40 Dollar abgerutscht.

Umfragen zeigen offenes Rennen

“Die Weichen stehen im Moment für einen Verbleib in der EU, aber es ist noch zu früh, um sich zu positionieren”, sagte Währungsexperte Manuel Oliveri von der französischen Bank Credit Agricole.Commerzbank-Analystin Esther Maria Reichelt betonte, sie halte eine Fortsetzung der Pfund-Rally angesichts einer nach wie vor hohen Unsicherheit für nicht angemessen.

Jüngste Umfragen deuten einen Tag vor der Abstimmung weiter auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Gegnern und Befürwortern eines britischen EU-Verbleibs hin – ein Abschied würde die Finanzmärkte wohl kräftig durcheinanderwirbeln. Doch laut Buchmachern ist die Wahrscheinlichkeit eines britischen EU-Austritts zuletzt auf den niedrigsten Stand seit Monatsbeginn gesunken.

Absturz und Flucht bei Brexit

Sollten die Briten in ihrer Volksabstimmung entgegen den jüngsten Erwartungen doch für ein Ausscheiden aus der EU stimmen, dürfte besonders die britische Währung unter Druck geraten. Davon zumindest gehen Beobachter wie der Milliardär George Soros aus. Er erwartet bei einem Brexit einen Einbruch des Pfunds um möglicherweise mehr als 20 Prozent. Es würde schlimmer für die britische Währung als im Jahr 1992 kommen, sagt er dem “Observer”. Soros strich in dem Jahr einen großen Gewinn ein, als er gegen das Pfund wettete.

Devisenspezialist Michael Rottmann von der italienischen Großbank UniCredit hält im Falle eines Brexits ebenfalls einen starken Pfund-Einbruch für wahrscheinlich. Zudem könnten Experten zufolge der Schweizer Franken oder der japanische Yen kräftig aufwerten, die für Investoren in Zeiten von Unsicherheit häufig als sicherer Hafen gelten. Ähnliches gilt für den Goldpreis.

Preis für Edelmetalle dürften rasch anziehen

Sollten die Briten am Donnerstag für ein Verlassen der EU stimmen, dürfte der Preis für eine Feinunze (31,1 Gramm) um etwa 10 Prozent auf 1400 US-Dollar nach oben schnellen. Davon gehen die Analysten Mark Keenan und Michael Haigh von der Societe Generale in einer Studie aus. Zuletzt notierte der Goldpreis bei rund 1270 Dollar und damit deutlich unter den Kurs vom vergangenen Donnerstag, als er auf über 1310 Dollar gestiegen war.

Da Investoren bereits vor der Brexit-Abstimmung auf Anlageklassen wie Gold setzten, sei die Ungewissheit in puncto des Ausgangs bereits teilweise eingepreist. Im Falle eines Brexit dürfte sich diese Flucht aber verstärken. Dann würden die Anleger vermutlich nicht nur in Großbritannien, sondern auch im größeren europäischen Markt – insbesondere in Deutschland – physisches Gold kaufen.

Sollten sich die Briten hingegen für einen Verbleib in der EU entscheiden, dürften die Goldpreisschwankungen den SocGen-Experten zufolge zunehmen. Sobald sich der Staub lege, dürfte der Preis sinken. Im weiteren Verlauf dürften dann vor allem US-Wirtschaftsdaten und die daraus resultierende Fed-Politik ein wichtiger Treiber werden. Bei positiven Daten könnte die Fed früher oder später den Leitzins erneut nach oben schrauben. Das dürfte den Goldpreis dann erneut unter Druck setzen.

OnVista/dpa-AFX/Reuters
Foto: Dennis Vrublevski/shutterstock.com

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