Stampede!

Der onvista-Börsenfuchs · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Hallo, Leute!  „Es geht immer noch tiefer - Ausverkauf an Europas Aktienmärkten.“ So stand’s im Internet und hat manchen aufgeschreckt. Kein Wunder, denn nach (vorübergehenden) Stabilisierungsversuchen rutschte der Dax steil unter 8.500 Punkte ab, fiel zeitweise sogar unter 8.400, spätnachmittags wieder knapp über 8.600, nachts wieder deutlich darunter. Ist das noch normal? Ein alter Bekannter (ein Anlageberater, der aber nicht weiß, dass ich der „Börsenfuchs“ bin) konnte gestern Vormittag seine Panik am Telefon kaum unterdrücken: „Na, Du ewiger Optimist, und jetzt? Ist das schon ein Crash?? Mensch, was soll ich mit meinen Kunden machen???“ Gleichzeitig wird Öl immer billiger (eine Verschwörung?). Und selbst das Nicht-mehr-Krisenmetall Gold wackelt. All das ist ganz schön krass!

Nun rätseln Händler, Analysten und Medien, wie und warum  es ausgerechnet jetzt zu diesem fast haltlosen Absturz der Aktienkurse gekommen ist. Die Palette der Argumente ist bunt und breit. Sie reicht von den geopolitischen Bränden über drohendes Wiederausbrechen der Euro-Finanzkrise, Deflationsdiskussion, Ebola-Ausbreitung bis zur internationalen Enttäuschung über die lahmende europäische Wirtschaft. Vor allem die deutschen Zahlen und korrigierten Prognosen sorgen für verbreiteten Frust. Mag ja alles stimmen, wobei keiner sagen kann, welche Einflüsse welches Gewicht für den Druck auf Dow, Dax Co. haben. Sooo viel Neues hat es in den zurückliegenden Tagen auch nicht gegeben. Und voll verrückt: Seit mindestens zwei Wochen diskutieren die Börsianer über die Berichtssaison der Amis fürs dritte Quartal, von der man sich Rückhalt für die Kurse verspricht. Die ersten Ergebnisse (von Alcoa bis Goldman, Sachs) haben die Erwartungen sogar noch übertroffen - aber kein Hahn kräht danach. Halt! Gestern Abend wurde die Stabilisierung der Wall Street doch mit günstigen News von den Unternehmen und Spekulationen über eine „taubenhafte“ Geldpolitik der Fed (Zinserhöhung doch erst später?) begründet.

Ich sage: Von was auch immer entscheidend angestoßen, erleben wir jetzt einen von Algorithmen und Hochfrequenzhandel - also von Computern und Software - forcierten Herdentrieb. Ich vergleiche das mit einer Stampede, wie man sie aus alten Western kennt. Wikipedia erklärt uns: Das Wort „Stampede“, abgeleitet vom gleichbedeutenden mexikanisch-spanischen Wort „estampida“, entstammt dem amerikanischen Englisch und bezeichnet eine unvermittelte Fluchtbewegung innerhalb einer Tierherde, die die gesamte Herde erfasst und diese unkontrollierbar macht. Genau. Irgendwas passiert (z.B. ein Schuss in dunkler Nacht), was ein Rind oder ein paar Viecher weckt. Dann rennen die weg, einfach so. Und die ganze Herde flüchtet daraufhin in Panik. Nur extrem wagemutige Cowboys versuchen dann die Herde aufzuhalten - es ist einfach viel zu gefährlich, sich den wild gewordenen Kühen entgegen zu stellen. Man wartet also, bis die Erde nach einer gewissen Strecke wieder zur Ruhe kommt. So sollten auch Ihr Euch verhalten, meine Freunde! Es sei denn, Ihr würdet Euch wie John Wayne fühlen.

boersenfuchs@onvista.de

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