onvista-Börsenfuchs: Die Aussichten sind unscharf, deshalb noch nicht voll Gas geben

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Hallo Leute! Glaubt nur nicht, dass sich der Horizont aufhellt. Nix ist klar, alles ist immer noch unsicher – auch wenn mit der Kurserholung die Prognosen mutiger werden. Ich hab‘ für mich wieder mal eine Zwischenbilanz der Zwischenbilanzen gezogen: Was schreiben unsere professionellen Vordenker jetzt zu Wirtschaft und Politik? Zwei Punkte will ich gleich hervorheben: Beim Blick nach vorn, über eine Entfernung von mehreren Monaten, wächst die Zuversicht. Auch die kann nämlich ansteckend sein. Börsianer wissen das (Stichwort Herdentrieb). Außerdem sollte sich der Anleger nicht an die Headlines hängen, sondern die Analyse/Prognose stets bis zum Schluss durchlesen – am Ende stehen meist die Einschränkungen und Warnungen, mit denen das vorher Gesagte relativiert wird.

Als Beispiel eine typische Agenturmeldung: „Die deutsche Wirtschaft kann im dritten Quartal auf ein Ende der Rezession hoffen.“ Das signalisiert der Konjunkturindikator des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) für den Zeitraum von Juli bis Ende September. Dieser Indikator bündelt die aktuell verfügbaren Daten über die Wirtschaftslage. In der Drei-Monats-Prognose signalisiert es eine mittlere Rezessionswahrscheinlichkeit von 31 Prozent – nach knapp 96 Prozent im Juni. Das sieht repräsentativ aus und wichtig. Dann heißt es aber: Allerdings ist die statistische Unschärfe noch relativ hoch, wie die Forscher des IMK einräumen. Das gelte insbesondere für den laufenden Monat. Zudem basiere das Modell auf der Annahme, dass es in den kommenden Monaten keine massive neue Corona-Welle gebe.

Geht es um taktische Empfehlungen, folgt der allgemein gehaltenen Zuversicht oft eine Differenzierung nach Regionen/Ländern oder eine Konzentration auf Aktien oder Anleihen. Aktuell kann man ein schönes Durcheinander auf den Favoritenlisten sehen: Die einen Investmentstrategen bevorzugen Value-Aktien und raten zu Gewinnmitnahmen bei den irre hoch gekletterten Tech-Giganten. Andere raten genau zum Gegenteil oder sind vorsichtshalber kompromissbereit, indem man einen der beiden Aktienstile hervorhebt und den Kunden nahelegt, nur „Qualitätsaktien“ zu kaufen (Hey, wer will was anderes als Qualität?).

Nee, Leute, Corona ist (längst) noch nicht ausgestanden. Und wer sich die jüngsten Zahlen aus Nord- und Südamerika sowie einigen asiatischen Ländern anguckt, dem muss die Muffe gehen, weil eine zweite Pandemie-Welle droht. Irgendwie ist das Gesamtbild von Wirtschaft und Börse unscharf – auch wenn man ein Fernglas aufsetzt. Sollte man in einer solchen Situation mutig zuschlagen oder umgekehrt lieber jüngste Kursgewinne mitnehmen? Ich finde, zu „unscharf“ passt „ein bisschen“ – also mitmachen und dabei sein (mit Käufen und Verkäufen), aber nicht gleich volle Kanne!

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