onvista Börsenfuchs: Aktien kurzfristig lieber picken als mischen

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Hallo Leute! Prognosen sind heutzutage so was wie Wetten. Bei Börsenprognosen solltet Ihr Euch sowieso selbst entscheiden. Und das fällt im laufenden Krisenjahr noch schwerer als sonst. „Das dicke Ende der Wirtschaftskrise kommt noch“, warf ein oppositioneller Redner vorhin im Bundestag der Kanzlerin entgegen. Ob er Recht behält? Vieles spricht dafür, dass der Schwung der Erholung von Konjunktur und Kursen jetzt nachlässt, dass es längerfristig aber trotzdem weiter nach oben geht – nur wann und wie stark, weiß kein Mensch. Dazu kommen internationale Einflüsse, die für Unsicherheit sorgen: Vor allem der näher rückende Wahltermin (3. November) in Ami-Land. Habt Ihr Euch die erste Schlammschlacht der Kandidaten vergangene Nacht angetan? Ich hab’s nur für ein paar Minuten geschafft. Online konnte man dann zusammenfassende Berichte lesen wie „Wildes TV-Duell / Lügender Clown gegen alten Mann“ und „TV-Debatte wie sie die Welt noch nie gesehen hat / Das TV-Duell zwischen US-Präsident Trump und Herausforderer Biden verkommt zu einem chaotischen Schlagabtausch. Politikwissenschaftler und US-Experte Andrew Denison spricht im Video von einem ungleichen Kampf zwischen Rüpel-Präsident Trump und einem überforderten Herausforderer.“ Das braucht kein Mensch, erst recht kein Anleger.

Aber: Wir müssen uns daran gewöhnen, auf unbestimmte Zeit mit zwei „un…“ zu leben: un-einheitlich und un-sicher. Nee, das soll aktive Börsianer unter Euch nicht abschrecken. Doch stellt man besser darauf ein, dass zumindest im jetzt beginnenden letzten Quartal des Jahres mehr nervöses Auf und Ab als ein stabiler Trend der Aktienkurse zustande kommt. Uneinheitliche Kurse bedeuten aber Unsicherheit der Anleger – und umgekehrt! Fast alle Profis sagen deshalb jetzt eine höhere Volatilität (= Schwankungsbreite) voraus.

Ich sehe die Welt momentan (bei aller Unsicherheit) ähnlich wie bekannte Schweizer Strategen. Die Weltwirtschaft überwindet allmählich das Loch der Corona-Krise. Aktuelle Wirtschaftsdaten belegen allerdings, dass die Erholung an Kraft verliert und einzelne Branchen nach wie vor stark unter den anhaltenden Kontakt- und Bewegungseinschränkungen leiden. Eine vollständige Rückkehr der wirtschaftlichen Aktivitäten auf das Niveau vor der Krise wird ohne Impfstoff deshalb kaum möglich sein. So bleibt’s dabei, dass Regierungen und Notenbanken (Fiskal- und Geldpolitik) unglaublich großzügig die Wirtschaft unterstützen müssen – weiterhin.

Großanleger richten sich darauf ein, dass die Rückkehr der Unsicherheit und Volatilität erst mal so bleibt – währungstechnisch gefragt sind deshalb mutmaßlich sichere Häfen wie der Yen, der US-Dollar und der Schweizer Franken. Wall-Street-Aktien gelten vielen dennoch nicht mehr so attraktiv. Auch diesmal ist der Wahlausgang unklar. Schweizer Fondsmanager gehen zwar in ihrem Basisszenario davon aus, dass Joe Biden als Präsident gewählt wird und die Demokraten in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit stellen, also klare Verhältnisse herrschen sollten. Allerdings steht zu befürchten, dass ein Wahlverlierer Trump die Anerkennung des Ergebnisses so lange wie möglich hinauszögern wird. Also Fortsetzung der Unsicherheit.

Auf kurze bis mittlere Sicht, also für die nächsten Monate bis etwa 2022, erscheint es mir nicht sinnvoll, einzelne Währungen, Länder oder Branchen zu kaufen. Selbst bei den großen Aktienthemen Technologie und Gesundheitswesen sollte man genauer hingucken und auswählen. Grundsätzlich rate ich Euch deshalb nicht mehr zur breiten Mischung, wie sie sonst zu Recht empfohlen wird. Sinnvoller erscheint es, sich aufs Stockpicking zu konzentrieren, denn die Aktienmärkte reagieren inzwischen (oft ganz schön heftig!) auf aktuelle Nachrichten der Unternehmen zur Geschäftslage bzw. den Geschäftsaussichten.

Bleibt gesund, Leute, und macht’s gut!

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