Analyse: Ist Microsoft nun endgültig das „Netflix“ der Gaming-Branche? – Bei Sony ist nicht nur die Aktie unter Druck, auch das Management ist gefordert!

onvista · Uhr

Als Microsoft Mitte November 2001 – etwa 7 Jahre nach der Sony Playstation – die erste Version der Xbox auf den Markt brachte, war der Kampf der Spielekonsolen eröffnet. Allerdings konnte die Xbox und ihre Folgemodelle lange Zeit nicht wirklich zu den Verkaufszahlen der Japaner aufschließen. Der Marktvorsprung bis 2020 war immer ein klarer Vorteil für die Playstation, da viele Gamer auch bei den Nachfolgemodelle nicht die Seiten wechselten. Das zeigt besonders der Vergleich der Verkaufszahlen der Playstation 4 und der Xbox one.

Microsoft konnte zwar immer mal wieder den Abstand verkürzen, dass die Playstation unter den Spielekonsolen aber der klare Platzhirsch ist, stand bislang nie wirklich zur Debatte. Auch bei den neuesten Modellen, der Playstation 5 und der Xbox Series X/S, hat die japanische Spielekonsole im Jahr 2020 klar die Nase vorn.

Neue Ideen waren gefragt

Da die Konsole allein nicht reichte, um einen richtigen Angriff auf Sony zu fahren, suchte Microsoft nach anderen Möglichkeiten. 2017 startete der Softwaregigant ein Abonnentenmodell à la Netflix – den Game Pass. Gegen eine monatliche Gebühr können die Zocker gleich auf mehrere Spiele – aktuell über 100 – zugreifen und spielen. Damit schlug Microsoft einen ganz neuen Weg in der Gaming-Branche ein. Der ursprüngliche Plan, die Nummer eins bei den verkauften Spielekonsolen zu werden, wurde damit zum Nebeneffekt verdrängt und monatlich widerkehrende Einnahmen rückten in den Vordergrund. Damit dieser Plan aufgeht hat Microsoft tief in die Tasche gegriffen.

Fast 80 Milliarden Dollar für mehr Games und Attraktivität

Ein Problem bliebt trotzdem bestehen. Die Blockbuster der großen Spielschmieden EA, Take-Two oder Activision sind nach wie vor auf beiden Konsolen erhältlich. Daher musste Microsoft sich etwas einfallen lassen, um den Game Pass aufzuwerten und exklusiver zu machen. Zuerst angelte sich Microsoft den Spielproduzenten Bethesda Softworks samt aller Markenrechte und angeschlossenen Studios für 7,5 Milliarden Dollar und sicherte sich für den Gamepass Blockbuster-Games wie The Elder Scrolls, Doom oder Fallout.

Jetzt kommt mit Activison, vorausgesetzt das Kartellamt stimmt zu, die nächste Spieleschmiede in den Microsoft Konzern. Damit sichert sich Microsoft weitere Blockbuster Games wie „Diablo“, „Overwatch“, „World of Warcraft“ und die Call of Duty-Reihe, die jährlich mit der Fifa-Reihe von EA um Platz 1 bei den Verkaufszahlen kämpft.

2 Fliegen mit einer Klappe – Candy Crush kommt gleich mit

Wie die 12,7 Milliarden teure Übernahme von Zynga durch Take-Two gezeigt hat, wird der Bereich Mobile Gaming immer wichtiger für die Branche. Hier ist Activision schon früh auf den Trend aufgesprungen und hat 2015 für 5,9 Milliarden Dollar King Digital, den Produzenten von Candy Crush, übernommen. Somit stärkt Microsoft auch mit der Übernahme seinen Bereich Mobile Gaming.

Microsoft hat jetzt die Macht

Das die Aktie von Sony nach Bekanntgabe des Deals um rund 13 Prozent einbrach hat schon seinen Grund. Mit Spannung dürften die Gamer jetzt erwarten, was Microsoft mit seinen neuen Spieleschmieden und ihren Blockbustern macht. Wird es sie nur noch als exklusive Titel für die Xbox rausbringen, um die Verkaufszahlen für die Spielekonsole anzukurbeln?

Ich denke nicht. Blicken wir kurz ins Jahr 2014 zurück. Da hat Microsoft das schwedische Studio Mojang für 2,5 Milliarden Dollar gekauft, um die Rechte an einem der erfolgreichsten Spiele überhaupt zu erwerben – Minecraft. Bis heute gibt es das Spiel auf dem PC und auf den Konsolen. Ähnlich dürfte es mit den kommenden Blockbustern von Bethesda und Activision.

Zeitverzögerung und Lizenzen statt Exklusivität

Der Game Pass dürfte bei Microsoft mittlerweile bei mindestens die gleiche Priorität haben, wie der Verkauf der Konsole. Denn eins ist klar. Je attraktiver der Game Pass ist, desto höher ist die Chance, dass sich die Xbox besser verkauft. Ich denke daher, dass Mircrosoft die neuen Blockbuster nicht exklusiv auf der Xbox startet, sondern erst einmal exklusiv im Game Pass. Nach einen gewissen Zeit wird das Game dann auch auf der Playstation verfügbar sein. Die richtigen Zocker stehen somit vor der Entscheidung: Abwarten oder Xbox kaufen und loszocken. Da es mit der Geduld so eine Sache ist, dürften einige Zocker dann das Lager wechseln und beim Game Pass einsteigen. erneut würde Microsoft so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Verkaufte Konsole und widerkehrende Einnahmen durch den Game Pass. Und dann könnte die Xbox bei den monatlichen Verkaufzahlen auch mal an der Playstation vorbeiziehen. Im November 2021 war Konsole aus Redmont schon nah dran.

Sony in der Zwickmühle

Damit die Blockbuster von Bethesda und Activision weiter auf der Playstation spielbar sind, müssen die Japaner sicherlich tief in die Tasche greifen und damit leben, dass Microsoft jederzeit auf Exklusivität umstellen kann, wenn sich die Verkaufszahlen für die Playstation deutlich abschwächen. Zudem muss sich Sony auch Gedanken machen einen Pendant zum Game Pass anzubieten. Je erfolgreicher Microsoft mit dem Modell wird, desto weniger kommt Sony um den gleichen Weg herum. Jetzt sind die Japaner am Zug ihre Gaming-Abteilung neue aufzustellen und ihr neue Fantasie zu verleihen.

Microsoft-Aktie bleibt ein Kauf

Die Gaming-Abteilung von Microsoft ist sicherlich nicht der Umsatztreiber Nummer 1 im amerikanischen Konzern, aber die Übernahme von Activision wertet die Sparte enorm auf und zeigt deutlich die Philosophie von Microsoft. Da, wo wir antreten, da wollen wir auch die Nummer 1 werden. Seit der ersten Xbox vor 21 Jahren hatte Sony immer die Nase vorn. Jetzt hat zum ersten Mal wohl Microsoft die besseren Trümpfe in der Hand. Die waren mit fast 80 Milliarden Dollar zwar nicht gerade billig, aber die Gaming-Sparte dürfte in Zukunft deutlich größere Früchte abwerfen, da Activison 2020 einen Umsatz von etwas mehr als 8 Milliarden Dollar erzielt hat. Vergleichen mit den 143 Milliarden die Microsoft im gleichen Jahr gemacht hat, erscheint das zwar nicht gerade groß, aber mit dem Softwaregiganten im Rücken dürfte die Gamingsparte weiter wachsen und sicherlich für mehr als 10 Prozent des jährlichen Umsatzes stehen.

Rücksetzer sollten daher bei Microsoft zum Einstieg genutzt werden. Der amerikanische Software-Gigant dürfte weiter für gute Neuigkeiten sorgen und ist mit einem KGV von etwas mehr als 30 zwar nicht billig, aber auch nicht extrem überbewertet.

Von Markus Weingran

Foto: Barone Firenze / Shutterstock.com

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