Russlands Angriff auf die Ukraine schreckt Europas Banken auf

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DEUTSCHLAND-BANKEN-UKRAINEKRISE:Russlands Angriff auf die Ukraine schreckt Europas Banken auf

Frankfur/London (Reuters) - Der russische Angriff auf die Ukraine und die geplanten westlichen Sanktionen trifft einen Sektor ganz besonders: die Banken.

Denn die schärfste Waffe des Westens sind Strafmaßnahmen gegen das russische Finanzsystem. Das würde aber auch die westeuropäischen Geldinstitute treffen, wie die Börsianer am Donnerstag bereits antizipierten: Der europäische Banken-Index brach um knapp acht Prozent ein, das größte Minus aller europäischen Sektor-Indizes. Der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zufolge halten europäische Banken den Löwenanteil des Auslandsengagements mit Russland, das insgesamt auf fast 30 Milliarden Dollar veranschlagt wird. Drei Banken sind besonders betroffen: Die österreichische RBI, deren Aktien um fast 19 Prozent absackten, sowie Societe Generale aus Frankreich und die italienische UniCredit, deren Aktien jeweils elf Prozent nachgaben.

"Wir haben uns auf verschiedene Szenarien vorbereitet und Notfallpläne erstellt", erklärte die Deutsche Bank auf Anfrage. Deutschlands größtes Geldhaus habe sein Russland-Engagement in den letzten Jahren deutlich reduziert und die Risiken seien gut eingedämmt. Die Deutsche-Bank-Aktie verlor dennoch zeitweise mehr als neun Prozent. Die französische Großbank Societe Generale teilte mit, die russische Tochter Rosbank arbeite derzeit innerhalb eines verstärkten Aufsichtsrahmens normal. Rosbank sei eine russische Bank mit hauptsächlich lokalen Aktivitäten. Der Konzern sei zuversichtlich, in der Lage zu sein, die Dienstleistungen für die Kunden sicherzustellen und gegebenenfalls anzupassen.

UniCredit, dessen russischer Zweig einer der größten Kreditgeber des Landes ist, teilte in einer Email mit, dass Rückstellungen für mögliche Verluste 84 Prozent der notleidenden Engagements der russischen Tochter abdeckten. Diese sei sehr liquide und eigenfinanziert. Der Finanzkonzern verfolge die Entwicklungen genau. Die Wiener Raiffeisen Bank International (RBI) rechnet mit weiteren Sanktionen. Inwiefern diese das Institut treffen würden, sei noch nicht abschätzbar, teilte das Geldhaus mit. Die Tochterbanken in Russland und der Ukraine seien gut aufgestellt. "Unsere Banken sind gut kapitalisiert und finanzieren sich selbst", hieß es. Zudem seien bereits im Vorjahr Rückstellungen gebildet worden. Für die österreichische Bank ist Russland der mit Abstand wichtigste Einzelmarkt.

INSIDER - SWIFT-AUSSCHLUSS RUSSLANDS VORERST NICHT GEPLANT

Ein Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift steht mehreren EU-Insidern zufolge vorerst nicht auf der Tagesordnung. Dies würde sehr weitreichende Konsequenzen haben, auch in Europa, wie eine mit den Überlegungen vertraute Person sagte. Ein weiterer EU-Diplomat sagte, es gebe keine Einigung, Swift in die jetzt im Raum stehenden Sanktionen gegen Russland einzubeziehen. Ein Swift-Ausschluss gilt als eine der schärfsten Sanktionsmaßnahmen.

Die Forderungen deutscher Geldhäuser in Russland lagen nach Angaben der Bundesbank im Dezember 2021 bei 6,03 Milliarden Euro, die Forderungen in der Ukraine bei rund 550 Millionen Euro. Die Commerzbank erklärte, man beobachte die weiteren Entwicklungen genau und passe die Risikoeinschätzung kontinuierlich an. Das Engagement in Russland und in der Ukraine sei überschaubar und in den vergangenen Jahren bereits deutlich reduziert worden. "Sanktionen werden wir selbstverständlich einhalten und haben für die Umsetzung Vorkehrungen getroffen", erklärte ein Sprecher der zweitgrößten deutschen Privatbank.

Für die Genossenschaftsbanken dürfte die unmittelbare Belastung durch die Ukrainekrise voraussichtlich überschaubar sein, wie ein Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) erklärte. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine trete ein hartes Sanktionspaket der EU in Kraft, dessen Auswirkungen insgesamt noch schwer einzuschätzen seien. Auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) wies darauf hin, dass man abwarten müsse, welche Sanktionen jetzt ergriffen würden. Wichtig sei, dass diese dann klar und auslegungsfrei formuliert seien. Ähnlich hatte sich vor zwei Tagen der Bankenverband BdB geäußert.

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