Drei Fragen an Bernecker: Wie jetzt Energie-Titel spielen, haben EU- oder US-Werte die Nase vorn und sollte man Cathie Woods Beispiel folgen?

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In unserer heutigen Ausgabe geht es erneut um die durch den Ukraine-Krieg verursachten Turbulenzen und sich daraus möglicherweise ergebende Investment-Gelegenheiten, darunter disruptive Technologien, Energiewerte und europäische vs US-Sektoren.

onvista-Redaktion: Cathie Wood hat zuletzt die Strategie ihres ARK Invest Fonds bekräftigt, voll auf Innovation und disruptive Technologien zu setzen. In den nächsten fünf Jahren werde man in diesem Bereich „spektakuläre Renditen“ sehen. Ist es aus Ihrer Sicht eine Option, jetzt die Rückschläge an den Börsen zu nutzen, um Engagements in hochriskanten Investments aufzubauen oder sind die Bewertungen immer noch viel zu weit oben?

Die Investmentstrategie von Cathie Wood mit ihrem Fonds ARK Innovation ist eine Mutprobe dafür, wie weit man bereit ist, Risikoprämien auf erstklassige Geschäfte zu akzeptieren und wie auf der anderen Seite die bisherige Strategie dieser Art in eine Vertrauenskrise mündete: Kursverlust knapp 70 %. Ein Comeback aus einer solchen Situation heraus verlangt umfangreiche Neuinvestments, also neues Geld, das ausschließlich neu akquiriert werden muss. Oder aber die Barreserve des Fonds ist so hoch, dass echte Verbilligungsinvestments möglich sind. Diese Quote ist unbekannt. Also: Von der jetzigen Ausgangsbasis nach den markanten Korrekturen sind neue Investments in Tech-Werte vertretbar, so wie nach jeder scharfen Korrektur oder dem Abbau von übertriebenen Bewertungen. Ein neuer Fonds, der jetzt beginnt, hat dann das vor sich, was Cathie Wood 2020/2021 tatsächlich erreicht hat.

onvista-Redaktion: Angesichts der derzeitigen Krise zeichnet sich langfristig eine Spaltung zwischen dem Westen und Russland ab, was den Energiehandel angeht. Jetzt in europäische, US- und südamerikanische Öl-Werte investieren, oder direkt auf erneuerbare Energien gehen, was hat aus Ihrer Sicht mehr Potenzial?

Die Energiekrise wird durch den Ukraine-Konflikt angeheizt. Sie war jedoch schon vorher erkennbar. Für die Amerikaner ist dies regelbar, für die Europäer weniger und für die Deutschen eine historische Herausforderung.

Der Öl- und Gaspreis erreicht zurzeit absolute Spitzenwerte, die nicht haltbar sind. Spätestens mit der Waffenruhe gibt es die ersten deutlichen Korrekturen. In Öl zu investieren, war vor 12 Monaten richtig, wie wir es nachhaltig vorgeschlagen haben. Neue Investments kommen nicht infrage. Die deutsche Energiekrise beruht auf falschen politischen Entscheidungen, die nun zu korrigieren sind. Wer davon profitiert, muss sich noch zeigen. Mithin: Die Züge in Sachen Öl, Gas und Metalle fahren zurzeit ungebremst auf die Spitze, was eine Fahnenstange ergibt und wie dies anschließend läuft, kennt jeder.

onvista-Redaktion: Vor der Eskalation des Ukraine-Konfliktes schien der europäische Sektor mehr Potenzial zu haben als die US-Märkte, da die massiven Infrastruktur- und Hilfsprogramme aus der Corona-Pandemie hier erst noch entfaltet werden sollen, während Amerika sein Pulver schon größtenteils verschossen hatte – die geopolitische Lage hat die Situation jedoch erneut geändert. Haben US-Werte jetzt wieder die Nase vorn?

Die amerikanische Konjunktur hat ihre Eigenleben. Aufbauend auf die umfangreichen Geldprogramme jeder Art inklusive Helikopter Geld. Die Wirtschaft ist insgesamt weniger eingebrochen und hat deshalb auch weniger Aufholpotenzial. Die Europäer erwischte es stärker, wenn auch unterschiedlich, und darin liegt das höhere Erholungspotenzial bis zu den Ausgangswerten. Europa ist vom Ukraine-Krieg auch stärker betroffen. Der bisherige Rückgang der Indizes seit Jahresanfang fällt jedoch nicht aus dem Rahmen. Der DAX verlor rd. 20 % bis zum letzten Tief und die drei New-York-Indizes nur 2 %-Punkte weniger. Damit herrscht Gleichstand für den Start aller Märkte, wenn eine Waffenruhe kurzfristig vereinbart wird. Das ist das Schlüsselwort.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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