Markt-Update: Dax fängt sich über 14.000 Punkten, bleibt jedoch unter Druck – Barclays-Studie bewegt Halbleiter-Branche, Henkel auf Mehrjahrestief, Wacker Chemie gefragt

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Vor wichtigen US-Inflationsdaten steht der deutsche Aktienmarkt weiter unter Druck. Auch die ZEW-Konjunkturdaten, die etwas besser als erwartet ausgefallen waren, konnten daran am Vormittag nichts ändern. Nach anfänglichen Verlusten von mehr als zwei Prozent notierte der Dax gegen Mittag bei 14021,24 Zählern – ein Minus von 1,15 Prozent. Entscheidend für den weiteren Verlauf könnten am Nachmittag die US-Verbraucherpreise sein.

Der MDax gab zuletzt um 0,58 Prozent auf 30 399 Zähler nach. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank um 0,8 Prozent. Am Vortag war bereits in den USA der Ausverkauf der Technologie-Werte bei steigenden Anleihen-Renditen weitergegangen, ehe am Morgen auch Asiens Börsen überwiegend Verluste verzeichneten.

Die US-Verbraucherpreise dürften im März weiter gestiegen sein auf ein 40-Jahreshoch, vermuten die Experten der Helaba. „Insofern wird sich die Fed in dem Ansinnen bestätigt sehen, die Leitzinsen in diesem Jahr mehrmals zu erhöhen. Ob die bereits ambitionierten Zinserwartungen noch forciert werden, bleibt abzuwarten.“

Der Ukraine-Krieg und die weltweiten Lieferkettenprobleme, jüngst noch einmal verschärft durch neue Covid-Ausbrüche und Lockdowns in China, heizen die Inflation immer weiter an, sodass die Notenbanken unter Zugzwang stehen, ihre Geldpolitik weiter zu verschärfen – mit entsprechend negativen Folgen für die Börsen.

Fallen die Daten aus den USA besser aus als erwartet, könnte allerdings der US-Aktienmarkt mit Rückenwind starten, schrieb Andreas Lipkow von Comdirect. Das könnte auch den hiesigen Finanzplätzen neuen Auftrieb verleihen.

Keinen nennenswerten Einfluss auf die Kurse hatten am Vormittag die ZEW-Konjunkturdaten. Zwar fielen die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten belastet durch den Krieg in der Ukraine auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Corona-Pandemie. Analysten hatten allerdings einen noch drastischeren Einbruch erwartet. Die Daten lieferten eine negative Indikation für das anstehende ifo Geschäftsklima, kommentierten die Experten der Helaba. Die EZB gerate durch die Daten unter Druck, ihre Geldpolitik anzupassen.

Barclays: Zunehmend Risse beim Halbleiter-Wachstum – Infineon fällt

Eine Studie von Barclays hat am Dienstag Aktien der Halbleiter-Branche bewegt. Die britische Bank stufte STMicroelectronics auf „Equal Weight“ ab und senkte das Kursziel auf 38 Euro. Für den Konkurrenten Infineon reduzierte Analyst Keagan Bryce-Borthwick das Kursziel auf 30 Euro bei einer unveränderten „Equal Weight“-Einstufung. Die kurzfristigen Aussichten für Chipindustrieausrüster wie ASML und ASM International seien besser.

Am Ende einer einmaligen Wachstumsphase der Branche machten sich erste Risse bemerkbar, schrieb Analyst Keagan Bryce-Borthwick. Das sei bereits in verbrauchernahen Branchen wie Computern und Smartphones erkennbar. Der Analyst rechne deshalb auch in der Halbleiter-Branche bald mit einer trägeren Entwicklung

Die Aktien von Infineon fielen am Dienstag um 1,3 Prozent auf 26,58 Euro, die von STMicro um 0,8 Prozent auf 34,58 Euro.

Öl- und Rohstofftitel gefragt

An der Spitze der Einzelbranchen standen – wie so oft in fallenden Gesamtmärkten – die Öl- und Rohstofftitel. Wieder steigende Ölpreise stützten die Notierungen. Analystin Barbara Lambrecht von der Commerzbank verwies auf „die kleinen Lockerungen der scharfen Lockdown-Maßnahmen in Shanghai, die den Preisen wieder Auftrieb gaben.“

Deutsche Bank und Commerzbank im Keller

Im Dax verbuchten fast alle Aktien Verluste, dabei erwischte es die Deutsche Bank mit einem Minus von mehr als acht Prozent am schlimmsten. Im MDax sackten Commerzbank um fast acht Prozent ab. Grund ist ein Verkauf großer Aktienpakete durch einen Investor, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete.

Rheinmetall streben nach Rekordhoch

Im weiter von Kriegssorgen dominierten Marktumfeld profitierten europaweit abermals Papiere der Rüstungsbranche. Rheinmetall verpassten mit in der Spitze 209,60 Euro ihr Rekordhoch aus der vergangenen Woche nur knapp. Zuletzt kosteten sie mit einem Plus von gut drei Prozent 208,20 Euro.

Symrise halten sich stabil im schwachen Gesamtmarkt

Symrise schlugen sich im Dax nach Zahlen des Konkurrenten Givaudan aus der Schweiz mit einem Abschlag von knapp 0,2 Prozent erheblich besser als der Gesamtmarkt. Givaudan habe etwas besser abgeschnitten als erwartet, so der Tenor unter Analysten.

Henkel mit weiterem Tief seit 2012 – Beiersdorf halten sich besser

Papiere von Henkel und Beiersdorf sind am Dienstag weiter auseinander gelaufen. Während die Aktien der Düsseldorfer mit rund 58 Euro auf einen weiteren Tiefststand seit 2012 absackten, hielten sich die Anteilsscheine der Hamburger im schwachen Markt robust. Sie liegen auch für 2022 leicht im Plus, während Henkel gut 17 Prozent verloren haben. Etwas relativiert wird dies allerdings dadurch, dass letztere ihre Dividende für das Geschäftsjahr 2021 bereits ausgezahlt haben, Beiersdorf aber erst in der kommenden Woche ausschüttet.

Analysten äußerten zuletzt zunehmend Sorgen über die Profitabilität angesichts stark gestiegener Produktionskosten. Metzler-Experte David Varga hält die Jahresziele von Henkel für gefährdet. Geschäftszahlen für das erste Quartal legt der Konzern Anfang Mai vor. Beiersdorf überzeugte bereits in der Vorwoche mit seinem starken Jahresstart, zollte aber seither der starken Erholung seit Mitte März auch etwas Tribut.

Wacker Chemie mit Hoch seit November – Barclays optimistisch

Papiere von Wacker Chemie haben sich am Dienstag mit einem Höchststand seit November erfolgreich gegen den schwachen Markttrend gestemmt. Die Aktien gewannen zuletzt noch 1,70 Prozent auf 164,85 Euro und nehmen das damalige Zwischenhoch bei fast 175 Euro ins Visier. Seit 2011 wurde in diesem Bereich dreimal ein Vorstoß in Richtung Rekordhoch bei 200 Euro aus dem Jahr 2007 ausgebremst.

Barclays-Analyst Sebastian Satz hob sein Kursziel in einer aktuellen Studie auf 197 Euro an und erwartet „sonnige Tage“ für den Spezialchemiekonzern und Solarausrüster. Im Polysilizium-Geschäft mit der Solar- und Halbleiterbranche hält er sein optimistisches Szenario für immer wahrscheinlicher. Höhere Stromkosten in China und ein „Revival“ der Solarproduktion in Europa nennt er als Triebfedern. Wacker Chemie weise unter der den vom ihm beobachteten Unternehmen die beste Gewinndynamik aus, lobte Satz.

Zuletzt hatten bereits einige Experten ihre Kursziele aufgestockt. Spitzenreiter bleibt das Investmenthaus Stifel mit 204 Euro.

onvista/dpa-AFX

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