WOCHENAUSBLICK: Unsicherheit bleibt bestehen - Berichtssaison nimmt Fahrt auf

dpa-AFX · Uhr

FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach den Osterfeiertagen richtet sich der Blick auf die ersten Dax -Konzerne und ihren Umgang mit den großen Unsicherheiten am Markt. Zwar bleibt die Europäische Zentralbank vorerst bei ihrer lockeren Geldpolitik, was die Kurse grundsätzlich stützen dürfte. Die Folgen des Kriegs in der Ukraine und der Omikron-Ausbruch in China stellen aber schwer einzuschätzende Risiken dar. Auf eine baldige Erholung sei nicht zu hoffen, hieß es von den meisten Experten.

Das dominierende Thema bleibt auch in der neuen Woche der Krieg in der Ukraine. Horrormeldungen wie mutmaßliche Giftgasangriffe erhöhten den Druck auf die Bundesregierung, neue Sanktionspakete zu schnüren, schreiben die Experten der Landesbank Baden-Württemberg. Ein Gas- und Ölembargo etwa würde tiefe Spuren sowohl in der Konjunktur als auch an den Aktienmärkten hinterlassen. Carlo Masala, Politikprofessor der Bundeswehruniversität München, erwartet eine Großoffensive Russlands in der Ostukraine nach Ostern. Nachrichten über den Krieg dürften daher auch in der neuen Woche die Richtung an den Märkten vorgeben.

Als zweiter Unsicherheitsfaktor schweben die Inflation und die Reaktionen der Notenbanken darauf über dem Marktgeschehen. Zwar beließ der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) den Leitzins auf dem Rekordtief von null Prozent, wie die Notenbank im Anschluss an die Ratssitzung am Gründonnerstag mitteilte. Die Währungshüter bekräftigten aber, auf ein Ende ihrer ultralockeren Geldpolitik zuzusteuern.

Mit ihrer Entscheidung habe es die EZB versäumt, klare Verhältnisse zu schaffen, sagte Robert Halver, Marktstratege der Baader Bank. "Sie will langsam anfangen, sich aber weiter alle Türen offen halten."

Nachdem die Erzeugerpreise in den USA im März so stark angestiegen sind wie seit dem Erhebungsbeginn 2010 nicht, werden auch in Europa schlechte Nachrichten in Sachen Teuerung erwartet. Am Donnerstag werden die endgültigen Zahlen für die Verbraucherpreise in der Eurozone veröffentlicht. Nach einer ersten Schätzung sind sie mit 7,5 Prozent noch stärker gestiegen als von Analysten erwartet.

Am Freitag steht zudem die Veröffentlichung der europäischen Einkaufsmanager-Indizes an. An ihnen werde sich ablesen lassen, inwiefern der Krieg in der Ukraine die Stimmung in den Unternehmen drücke, sind sich die Analysten der Helaba sicher. "Die jüngsten ZEW-Konjunkturerwartungen deuten auf eine weitere Eintrübung."

Belastet werden dürfte die Stimmung auch von dem Omikron-Ausbruch in China - dem dritten großen Unsicherheitsfaktor. Resolute Lockdowns etwa in Shanghai trüben die Aussichten etwa bei Sportartikelherstellern wie Adidas und Puma . Immerhin deutet sich ortsweise eine Entspannung der Corona-Lage an: Nach drei Wochen Stillstand ist die Autoproduktion am weltweit größten BMW -Standort Shenyang in China wieder angelaufen.

Rückenwind für den deutschen Aktienmarkt könnten nach einer schwachen Woche der Beginn der Saison der Quartalsberichte liefern. Der Zahlenreigen wird am Donnerstag von Sartorius eröffnet. Nach einer Übernahme hatte der Pharma- und Laborausrüster die Umsatzprognose für das Gesamtjahr bereits nach wenigen Wochen leicht angehoben. Allerdings sei bisher kaum absehbar, wie sich der Rückenwind durch Covid-Impfstoffe und das Bestellverhalten der Kunden entwickeln werde, merkte Analyst Odysseas Manesiotis von der Privatbank Berenberg an.

Am Freitag folgt mit SAP das erste Dax-Schwergewicht. Der Softwarekonzern muss die Wende zu schnellerem Wachstum schaffen und die Profitabilität wahren - und zugleich den Abgang des Topmanagers Luka Mucic verkraften. Jüngste Indikationen für den IT-Sektor seien allerdings positiv gewesen, schrieb Analyst Andreas Wolf vom Analysehaus Warburg Research. Ihm zufolge dürfte SAP die mittelfristigen Ziele im Zug der Zahlen zum ersten Quartal bestätigen.

Kräftige Impulse für den deutschen Aktienmarkt erwartet Robert Halver indes nicht von den beiden Dax-Werten. Vor allem SAP sei kaum von den aktuellen Krisen betroffen. "Interessant wird es, wenn sich zyklische Werte erste Ausblicke geben, etwa aus der Automobilindustrie". Die folgen dann in den Wochen darauf./jcf/bek/he

--- Von Jan Christoph Freybott, dpa-AFX ---

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