Markt-Update: Dynamische Erholung - Experte warnt jedoch: "Nicht mit schneller Trendwende rechnen" - Richemont schockt Anleger, Valneva mit Kurssprung

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Die jüngsten Maßnahmen der chinesischen Regierung, durch eine Absenkung bestimmter Zinssätze die schwächelnde Wirtschaft anzukurbeln, sorgt auch an den europäischen Börsen für Optimismus. Europas Aktienmärkte haben im heutigen Handel deutlich zugelegt, der Dax notiert derzeit mit einem Plus von knapp 2 Prozent wieder deutlich über der Marke von 14.000 Punkten. Der EuroStoxx 50 stieg am späten Vormittag um 1,44 Prozent auf 3693,34 Punkte. Nicht ganz so stark ging es in Paris nach oben.

Der Leitindex Cac 40 zog wegen der schwächelnden Luxusgüteraktien um ein Prozent auf 6337,11 Punkte an, der Londoner FTSE 100 kletterte dagegen dank fester Rohstofftitel um 1,95 Prozent auf 7445,38 Punkte.

Experte: Nicht mit schneller Trendwende rechnen

Die Vorgaben aus Fernost überlagerten die mäßige Entwicklung der Wall Street. "Hilfreich sind für den europäischen Handel die Vorgaben aus dem asiatischen und insbesondere dem chinesischen Handel", stellte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect fest. Die Maßnahme der chinesischen Zentralbank zur Stützung des angeschlagenen Immobiliensektors sei in Anbetracht der hohen Inflationsdynamik ein sehr interessanter Schritt.

Die aktuelle Stabilisierung sollte aber nicht als Vorbote einer Trendwende verstanden werden. "Angesichts der Fülle der aktuellen Herausforderungen erscheint eine schnelle Aufhellung der Großwetterlage unwahrscheinlich", warnte Chefstratege Bernd Hartmann von der VP Bank. "Anleger sollten deshalb nicht davon ausgehen, dass eine schnelle Wende einsetzt." Gegenbewegungen seien zwar stets möglich, aber die "Phase anhaltender Unsicherheit und Orientierungssuche" dürfte zunächst anhalten.

Autosektor vorne mit dabei

Der Rückenwind aus China stützte zyklischen Branchen, allen voran den Autosektor. Dabei profitierten Aktien von Mercedes von zuversichtlichen Studien mehrerer Häuser. Renault kletterten mit um 4,3 Prozent überdurchschnittlich. Nach Einschätzung des Researchhauses Stifel trägt der abgeschlossene Verkauf des Anteils an RNO Russia dazu bei, dass die Aktie ihre Erholung von den Tiefs im März fortsetzen kann.

Rohstoffwerte gefragt

Auch Rohstoffwerte waren gefragt. Analyst Carsten Fritsch von der Commerzbank verwies auf die "kräftige Preiserholung bei Gold, Silber und Platin". Dazu trage der schwächere Dollar bei. Zudem sei nach der jüngsten Schwächephase eine Erholung überfällig gewesen. Auch die Preise für Industriemetalle seien wieder merklich angezogen. Rio Tinto gewannen vor diesem Hintergrund 2,3 Prozent.

Richemont schockt Anleger

Am Ende des Feldes lag dagegen der Sektor der privaten Konsumwerte. Die hier versammelten Luxusgüteraktien litten unter dem Einbruch von Richemont . Die Umsätze des Luxusgüterkonzerns seien zwar solide gewesen, schrieb Analystin Chiara Battistini von der US-Bank JPMorgan. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern habe aber die Konsensprognose wegen höherer operativer Kosten um zehn Prozent verfehlt. Richemont brachen um 12,5 Prozent ein.

Bavarian Nordic mit Rally – Anleger spekulieren wegen Affenpocken

Unter den kleineren europäischen Werten fielen die Aktien des dänisch-deutschen Unternehmens Bavarian Nordic auf. Die Aktie zog in Kopenhagen um über 20 Prozent an und knüpfte damit an den Kurssprung vom Vortag an. Angesichts der sich mehrenden Fälle von Affenpocken in verschiedenen Ländern hatte das Unternehmen am Donnerstag einen Vertrag mit einem nicht näher genannten europäischen Land für die Lieferung eines Impfstoffs vermeldet.

Instone Real Estate am SDax-Ende - Deutsche Bank skeptisch

Die Streichung einer Kaufempfehlung durch die Deutsche Bank hat die Aktien von Instone Real Estate am Freitag an das Ende des SDax der kleineren Börsentitel fallen lassen. Sie büßten 6,6 Prozent auf 11,34 Euro ein. Optisch gaben die Papiere der Deutschen Pfandbriefbank mit 9,5 Prozent zwar noch stärker nach, der Abschlag war hier jedoch der Dividendenzahlung geschuldet.

Analyst Thomas Rothäusler senkte die Empfehlung für die Aktien des Projektentwicklers von Wohnimmobilien von "Buy" auf "Neutral". Das Unternehmen werde voraussichtlich weniger Projekte fertigstellen und die Hauspreisdynamik lasse nach angesichts einer geringeren Nachfrage. Hinzu komme, dass die Aktien mit einem Aufschlag zu denen der Konkurrenz bewertet seien.

Valneva mit weiterem Kurssprung - Corona-Zulassungsprüfung läuft

Die Anleger von Valneva schöpfen in diesen Tagen neue Hoffnung auf eine Zulassung des Corona-Impfstoffs der Franzosen. Vor einigen Tagen gab es noch einen Kursrutsch wegen des drohenden Verlusts einer Großbestellung, dieser wurde mittlerweile aber mehr ausgeglichen. Am Vortag waren die Papiere schon um 17 Prozent angezogen und am Freitag legten sie an der Pariser Euronext -Börse nochmals ein Kursplus von zuletzt 6,2 Prozent nach. Bis zu 12,70 Euro wurden dort gezahlt, was das höchste Niveau seit zwei Wochen bedeutet.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) akzeptierte den Zulassungsantrag für das Corona-Vakzin VLA2001 mittlerweile, wie Valneva am Donnerstag mitgeteilt hatte. Am Markt hieß es, dies mache doch noch Hoffnung, dass ein umfangreicher Liefervertrag mit der Europäischen Union noch zustande kommt. Am Montag hatte eine Mitteilung des Unternehmens noch hohe Wellen geschlagen, dass die EU die Absicht hat, diesen zu kündigen.

Analyst Jean-Jacques Le Fur vom Analysehaus Bryan Garnier hatte jüngst in einem Kommentar aus den Vertragsdetails geschlossen, dass Valneva bis in die zweite Junihälfte noch die Chance hat, von der EMA grünes Licht zu bekommen. Anders als mRNA-Vakzine basiert das Valneva-Mittel auf inaktivierten Viren und damit auf einem schon lange bewährten Ansatz. Daher gilt es als große Hoffnung, um den Kreis der Impfwilligen noch vergrößern zu können. Mittlerweile scheint die Pandemie in Westeuropa aber ein Stück weit abzuklingen. Experten warnen aber vor einer weiteren Welle im Herbst.

onvista/dpa-AFX

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