Thyssenkrupp Marine übernimmt Standort der Pleite-Werft MV

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Hamburg (Reuters) - Der U-Boot- und Marineschiff-Hersteller Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) übernimmt den Standort der insolventen MV Werften in Wismar und will dort ab 2024 Unterseeboote bauen.

Das Unternehmen teilte am Freitag mit, dass damit 800 bis 1500 Arbeitsplätze langfristig gesichert werden könnten. TKMS-Vorstandschef Oliver Burkhard sagte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Insolvenzverwalter, dem Betriebsrat und der IG Metall in Wismar, mit der Entscheidung für den milliardenschweren Sonderfonds zur Ertüchtigung der Bundeswehr gebe es eine Reihe von Indikationen, dass entsprechende Schiffe seitens der öffentlichen Auftraggeber nachgefragt würden. "Die wollen wir auch hier an diesem Standort bauen."

Im Gespräch mit Reuters erläuterte Burkhard, TKMS habe bereits vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine volle Auftragsbücher gehabt. Durch den Krieg sei Nachfrage deutlich gestiegen. Das mache es unmöglich, in einem für die Kunden akzeptablen Zeitraum zu liefern. Deshalb habe man über Kapazitätserweiterungen nachgedacht. Die Pleite der MV Werften habe die Gelegenheit dafür geboten. Der Standort sei in sehr gutem Zustand und die Belegschaft qualifiziert. "Damit wird Wismar ein wichtiger Standort in unserem Verbund." Zum Kaufpreis für die Werft machte er keine Angaben. Auf Nachfrage sagte er: "Natürlich ist es für uns als Unternehmen schön, wenn man etwas möglichst günstig bekommt."

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) erklärte: "Der Schiffbau lebt in Wismar weiter." Die Beschäftigten hätten in der Vergangenheit bewiesen, dass sie Schiffe bauen und komplexe Herausforderungen meistern könnten. "Es besteht mit Thyssenkrupp Marine Systems die Chance, möglichst viele Arbeitsplätze in der maritimen Industrie zu erhalten."

Maßgeblich für die Zukunft des Standorts in der strukturschwachen Ostseeregion seien weitere Aufträge für U-Boote durch den Bund und daraus folgende Investitionen in die Ertüchtigung der Werft, teilte TKMS mit. Die Dimension des Engagements hänge vom Umfang der Aufträge ab. Bei einem Hochlauf der Produktion 2024 könnten rund 800 Mitarbeiter eingestellt werden. Bei zusätzlichen Orders im Überwasserbereich könne sich die Zahl auf mehr als 1500 erhöhen.

"INTELLIGENTE BRÜCKEN" FÜR DIE BESCHÄFTIGEN WERDEN GESUCHT

Die Abhängigkeit von öffentlichen Aufträgen erkläre auch, warum man erst 2024 mit dem Start der Produktion dort rechnen könne, sagte Burkhard. Auf dem Weg dahin sollten mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern und der IG Metall Vereinbarungen getroffen werden, um "intelligente Brücken" für die ehemaligen MV-Beschäftigten vom Ende der Transfergesellschaft bis zum Beginn der Produktion zu bauen. Die Landesregierung in Schwerin hatte die Finanzierung der Auffanggesellschaft mit knapp 1500 der einst rund 2000 MV-Mitarbeiter erst kürzlich um vier Monate bis Ende Oktober verlängert. Die MV Werften mit Standorten in Rostock, Wismar und Stralsund und weiteren Tochtergesellschaften hatten im Januar Insolvenz angemeldet, weil dem Eigner Gentig Hongkong wegen der Krise des Kreuzfahrt-Tourismus das Geld ausging.

In Wismar liegt das zu drei Viertel fertige Kreuzfahrtschiff "Global One", für dessen Weiterbau Insolvenzverwalter Christoph Morgen lange einen Käufer gesucht hatte. Verhandlungen mit Interessenten hatten sich jedoch zerschlagen. Um das für 9000 Passagiere ausgelegte Schiff seefest zu machen, sei die Dockhalle auf den Werksgelände bis Ende 2023 zurückgemietet worden, sagte Morgen. In der Zeit könne TKMS mit Umbauarbeiten am Standort beginnen. Morgen stellte damit frühere Aussagen eines Sprecher richtig, wonach das Schiff aus der Halle geschleppt und an einer Pier festgemacht werden soll um auf dem Gelände Platz für den U-Bootbau zu machen. Ob ein Käufer für das weltgrößte Kreuzfahrtschiff gefunden kann, ist noch offen.

(Bericht von Jan C. Schwartz, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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