Bitcoin: 200-Wochen-Trend als letzte Verteidigungslinie? So ist die Lage

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Nach einem desaströsen Wochenstart geht der Abverkauf für die Kryptowährung Bitcoin und den restlichen Krypto-Markt am heutigen Dienstag weiter. Der Bitcoin-Kurs ist im Tief bis auf die Marke von 20.800 Dollar gesunken und hat damit den 200-Wochen-Trend, einen historisch wichtigen Indikator, kurzzeitig unterboten. Derzeit liegt der Kurs bei einer Notierung von etwa 22.300 Dollar genau auf dieser Trendlinie.

Die Gesamtmarktkapitalisierung des Krypto-Sektors ist um weitere 3 Prozent auf nun knapp unter eine Billionen Dollar gesunken.

Der 200-Wochen-Trend als letzte Verteidigungslinie?

Mit dem Erreichen dieses Indikators, der in der Vergangenheit einen Boden in einem Bitcoin-Bärenmarkt signalisiert hat, beginnt nun der wahre Test für die Kryptowährung. Die nun am Markt heiß diskutierte Frage: dient der Indikator dieses Mal erneut als zuverlässiger Boden oder setzt sich der Abverkauf fort?

In früheren Marktphasen ist der Kurs bereits des Öfteren bis auf den 200-Wochen-Trend gesunken und hat diesen in kurzfristigeren Zeiträumen mehrmals unterschritten. Während des Corona-Crashs im März 2020 beispielsweise ist der Kurs mehr als 20 Prozent unter die 200WMA gefallen. Im längerfristigen Monatschart hat der Trend bisher jedoch jedes Mal als charttechnische Unterstützung gehalten und den Boden eines Bärenmarktes signalisiert.

Weitere Rückendeckung liefert der Relative Strength Index, der das derzeitige Preislevel als extrem überverkauft signalisiert.

Der Relative-Stärke-Index (RSI) ist ein Momentum-Indikator, der in der technischen Analyse verwendet wird und das Ausmaß der jüngsten Preisänderungen misst, um überkaufte oder überverkaufte Bedingungen im Preis einer Aktie oder eines anderen Vermögenswerts zu bewerten.

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Ein Blick auf das Marktvolumen liefert jedoch Raum für weitere Skepsis, da der jüngste Rutsch an den 200-Wochen-Trend, anders als bei den Kurskorrekturen vergangener Marktphasen, nicht von einem starken Handelsvolumen begleitet wurde und die vorläufige Stabilisierung an dieser Marke weniger aussagekräftig macht.

Fundamentale Marktlage liefert nicht viel Grund zur Hoffnung

Die Zinswende in den USA hält die Finanzmärkte und aufgrund der engen Korrelation damit auch den Krypto-Markt bereits seit Monaten im Klammergriff. Die letzte Woche Freitag veröffentlichten Inflationsdaten, durch die sich immer noch kein Höhepunkt der Inflationsentwicklung abzeichnen lässt, liefern Grund für weitere Sorgen. Für die Notenbanksitzung am Mittwoch wird am Markt mittlerweile mit einer Erhöhung von 0,75 Prozent gerechnet – eingepreist sind bisher jedoch nur Erhöhungen um 0,5 Prozent für Juni und Juli. Aufgrund der noch härteren geldpolitischen Straffung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer Rezession damit noch mehr. Das bedeutet weiteren Druck für die Finanzmärkte und damit auch für den Krypto-Markt.

Der nun eingeläutete Bärenmarkt wird daher eine zusätzliche Belastungsprobe, denn Projekte, die während der letzten bullischen Phase extrem in ihrer Marktkapitalisierung aufgeblasen wurden, werden nun einem Realitätstest unterzogen. Der Kollaps von Terra Luna und dessen Stablecoin UST war der erste Tribut des Bärenmarktes. Nun bekommt mit dem Celsius Network, welches einer der größten DeFi-Player am Markt ist, das nächste große Unternehmen Probleme und sendet Schockwellen durch den Markt.

Die Nachwirkungen des UST-Crashs sind noch nicht komplett ersichtlich – viele Projekte waren direkt oder indirekt involviert und einige dürften eine Menge Kapital verloren haben. Das schlägt sich auf die Marktliquidität nieder und sorgt wiederum für weitere Probleme für Exchanges und DeFi-Plattformen.

Historisches Support-Level vs. grausige fundamentale Lage

Das derzeitige Marktumfeld liefert noch eine Menge Spielraum für weitere Schmerzen, denn nun zählt die Substanz der Projekte und ihre Kapitalrücklagen, sowie der tatsächliche Wert ihrer Dienstleistungen und zugrundeliegenden Plattformen, was darüber bestimmen dürfte, wer den Bärenmarkt überleben wird und wer nicht. Nimmt man den letzten Bärenmarkt nach der geplatzten ICO-Blase von 2017 als Referenz, dann dürften in den nächsten Monaten viele Krypto-Projekte komplett aus dem Markt gewaschen oder zur Bedeutungslosigkeit degradiert werden.

Ob der Rutsch bis an den 200-Wochen-Trend die pessimistische Gemengelage zur Genüge einpreist, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Ein deutliches Candle-Wick unter die 200-WMA im Monatschart ist ein plausibles Szenario. Richtungsgebend sein wird dabei auch die weitere Notenbankpolitik und die Reaktion der Aktienmärkte.

Charttechnische Unterstützungspunkte unterhalb des 200-Wochen-Trends liegen bei dem Allzeithoch des letzten Bullruns aus dem Jahr 2017 bei knapp unter 20.000 Dollar, sowie bei dem Zwischenhoch aus 2019 bei einem Preis von 13.400 Dollar. Die darauffolgende Unterstützung liegt im Bereich der 10.000 Dollar Marke.

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Doch selbst wenn die Unterstützung halten sollte, sollte man sich als Anleger auf einen anhaltenden Bärenmarkt vorbereiten. Ein möglicher doppelter Boden in der Makro-Perspektive wäre angesichts der anhaltenden Lieferkettenprobleme, der Inflationsentwicklung und dem möglichen Zins Pfad bis in das Jahr 2023 hinein denkbar.

Der technische Analyst Rekt Capital hat dieses Szenario jüngst in einem Twitter-Thread skizziert und verweist dabei auf die Entwicklungen vergangener Bitcoin-Marktphasen, in denen ein Ausflug an den 200-Wochen-Trend jeweils in einem doppelten Boden gemündet ist, der sich über einen mehrmonatigen Zeitraum erstreckt hat.

„Wenn dem so ist, dann steht $BTC kurz davor, seinen ersten Makrotiefststand beim 200-Wochen-MA bei ~23.000 $ zu bilden. Der zweite Macro Bottom könnte sich in etwa zwei Jahren zu einem Preis von ~41.000 $ bilden.“

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