Dax: Leitindex findet nicht in die Spur - Deutsche Börse profitiert von hoher Volatilität, Gerresheimer von abgelehnten Übernahmeangebot und K+S von mögicher Kooperation mit BHP

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Der deutsche Leitindex Dax hat am Dienstag seine jüngsten Verluste etwas ausgeweitet. Das Wohl und Wehe der Aktienmärkte hängt derzeit an den Zentralbanken und der kniffligen Aufgabe, die hohe Inflation zu bekämpfen, ohne der Wirtschaft zu schaden. Die steigenden Energiepreise, die Lohn-Preis-Spirale vor allem in den USA und die Lieferkettenprobleme in China stellten die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) dabei vor eine große Herausforderung, schrieb Analyst Christian Henke vom Handelshaus IG.

Der Dax fiel nach fünf Handelstagen mit teils deutlichen Kursrückschlägen nun um 0,91 Prozent auf 13 304,39 Punkte. Der MDax der mittelgroßen Werte büßte 1,45 Prozent auf 27 340,96 Punkte ein.

Marktbeobachter gehen davon aus, dass die Fed an diesem Mittwoch mit einer weiteren Zinsanhebung um 0,5 oder 0,75 Prozentpunkte auf die Teuerung reagiert.

Im Dax wurden einmal mehr die Papiere der Deutschen Börse ihrem Ruf als Nutznießer unsicherer Marktphasen mit hoher Volatilität gerecht. Sie gewannen nach einem positiven Analystenkommentar gut ein Prozent. Auch im gesamten zweiten Quartal dürfte der Auftrieb durch hohe Marktschwankungen und steigende Zinsen angehalten haben, schrieb der Experte Andreas Pläsier von Warburg Research.

Die Papiere des Sportartikelproduzenten Adidas fielen nach einer skeptischen Studie der Bank HSBC um rund drei Prozent. Lockdowns in China, ungünstige Währungsentwicklungen sowie Inflationsdruck machten es der Branche aktuell schwer, schrieb Analyst Erwan Rambourg. Das größte Risiko bestehe nach dem Mangel im Vorjahr nun in vollen Regalen im zweiten Halbjahr.

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Der Spezialverpackungshersteller für die Pharma- und Kosmetikbranche Gerresheimer hat Kreisen zufolge ein Übernahmeangebot wegen eines zu niedrigen Preises abgelehnt. Anleger reagierten euphorisch auf die kurz nach Schluss des Xetra-Hauptgeschäfts bekannt gewordenen Neuigkeiten. Auf der Handelsplattform Tradegate sprang der Gerresheimer-Kurs zuletzt um mehr als zehn Prozent nach oben.

Der US-Finanzinvestor Bain Capital habe den Deutschen in den vergangenen Wochen eine Übernahmeofferte unterbreitet, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstagabend unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Diese habe aber die hohen Preiserwartungen des Unternehmens nicht erfüllt. Auch die Turbulenzen auf dem Kreditmarkt, ausgelöst unter anderem durch steigende Zinsen, erschwerten die Möglichkeiten für Firmenkäufe durch Finanzinvestoren. Gerresheimer und Bain hätten keine Stellungnahme zu dem Bericht abgeben wollen, hieß es weiter.

Der Aktienkurs der Deutschen ist seit Jahresanfang um mehr als ein Fünftel abgesackt. Den Kreisen zufolge arbeitet Gerresheimer bereits seit Jahren mit einem Berater zusammen, um auf Übernahmeangebote vorbereitet zu sein. Wegen der beiden unterschiedlichen Sparten gilt das Unternehmen schon seit langem als Top-Kandidat für eine Aufspaltung.

Die Entwicklung bei Gerresheimer ist symptomatisch für die derzeitige Lage im Übernahmegeschäft. Auf der einen Seite leiden Finanzinvestoren zunehmend unter den Folgen des Ukrainekriegs, steigenden Zinsen, Inflation und Rezessionsängsten. Auf der anderen Seite sind Unternehmensführungen nicht bereit, Angebote ohne ordentliche Zuschläge auf den aktuellen Marktwert zu akzeptieren.

Die Anteilscheine von K+S legten an der MDax-Spitze um gut drei Prozent zu. Der Rohstoffkonzern BHP zeige sich offen für eine Partnerschaft bei einer Kalimine in Kanada und könnte dort die Erfahrung von K+S nutzen, sagte ein Händler.

Unter den schlechtesten Werten im Index konnten sich die Aktien von Fraport nicht ihrem jüngsten Abwärtstrend entziehen und sackten um rund sechs Prozent ab, obwohl der Passagierverkehr am Frankfurter Flughafen im Mai deutlich angezogen und den höchsten Wert seit Beginn der Corona-Pandemie erreicht hatte.

Im Nebenwerteindex SDax litten die Aktien von Hornbach Holding unter einer Prognosesenkung und rutschten mit einem Minus von mehr als 17 Prozent an das Index-Ende. Anleger seien vom Baumarktkonzern anderes gewohnt, sagte ein Händler.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 0,78 Prozent auf 3475,18 Punkte. Der Pariser Cac 40 geriet etwas stärker unter Druck, während der Londoner FTSE 100 etwas weniger nachgab. In New York fiel das Leitbarometer Dow Jones Industrial zum Börsenschluss in Europa um 0,5 Prozent.

Der Euro war am Dienstag kurz unter die Marke von 1,04 US-Dollar gerutscht, holte dann aber wieder auf und kostete zuletzt 1,0411 Dollar. Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,0452 (Montag: 1,0455) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9568 (0,9565) Euro.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 1,47 Prozent am Vortag auf 1,56 Prozent. Der Rentenindex Rex gab um 0,38 Prozent auf 131,29 Punkte nach. Der Bund-Future fiel zuletzt um 1,19 Prozent auf 142,83 Punkte./la/he

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX

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