Israel und Palästinenser vereinbaren Waffenruhe

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(Neu: Israel bestätigt Waffenruhe im ersten Absatz, Al-Saadi im zweiten Absatz, Angaben zu Opfern im sechsten Absatz)

Kairo/Jerusalem/Gaza (Reuters) - Nach tagelangen schweren Kämpfen haben sich Israel und militante Palästinenser im Gazastreifen auf eine Waffenruhe geeinigt.

Diese trat am Sonntagabend um 23.30 Uhr Ortszeit (22.30 Uhr MESZ) in Kraft, wie Israel und die auf palästinensischer Seite beteiligte Gruppe Islamischer Dschihad in getrennten Erklärungen mitteilten. Ägypten hatte den Waffenstillstand vermittelt. Zuvor hatte sich ein weiterer Brennpunkt abgezeichnet: Mehrere Juden beteten auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem und verstießen damit gegen israelische und muslimische Vorschriften. Palästinenser protestierten dagegen.

Seit Freitag hatte der Islamische Dschihad mit Raketen vor allem auf den Süden Israels gezielt. Es waren die schwersten Auseinandersetzungen seit über einem Jahr. Sie folgten auf einen israelischen Sondereinsatz gegen den Islamischen Dschihad am Freitag in Gaza, bei dem nach israelischen Angaben Tajseer al-Dschaabari, einer der führenden Kommandeure, getötet wurde. Am Montag hatten israelische Kräfte im besetzten Westjordanland Bassam al-Saadi festgenommen, ein hochrangiges Mitglied des Islamischen Dschihads. Die Gruppe erklärte nun, Bestandteil der Waffenstillstandsvereinbarung sei eine Freilassung Al-Saadis. Aus Israel lag zunächst keine Stellungnahme dazu vor.

Militante Palästinenser feuerten am Sonntag Raketen auch in Richtung Jerusalem ab. Berichte über Opfer und Schäden auf israelischer Seite gab es nicht. Allerdings zeigte das neue und weiter entfernt liegende Ziel die Eskalation am dritten Tag der gegenseitigen Angriffe. In der Nacht zu Sonntag wurde bei einem israelischen Luftangriff im Süden des Gazastreifens mit Chaled Mansur ein zweiter ranghoher Kommandeur des militanten Islamischen Dschihads getötet.

In mehreren Gemeinden rund fünf Kilometer westlich von Jerusalem heulten am Sonntagmorgen die Sirenen. Ein Sprecher des israelischen Militärs sagte, die Raketen seien in der Luft abgefangen worden. Der Islamische Dschihad erklärte, die Organisation habe Jerusalem als Vergeltung für die Tötung Mansurs, ihres Kommandeur im Süden des Gazastreifens, mit Raketen angegriffen.

Der Dschihad schwor darauf Rache: "Das Blut der Märtyrer wird nicht vergeudet, und die heiligen Krieger werden dieses Blut nicht trocknen lassen, bis sie die Siedlungen des Feindes mit ihren Raketen bombardiert haben."

Nach palästinensischen Angaben wurden 43 Menschen bei den israelischen Angriffen getötet, darunter mehrere Kinder. Fast die Hälfte der Toten seien Zivilisten. 203 Menschen seien am Freitag und Samstag verletzt worden. In Israel gab es nach Informationen des Rettungsdienstes keine Berichte über ernsthaft Verletzte.

PROTEST GEGEN BETENDE JUDEN AUF GELÄNDE DER AL-AKSA-MOSCHEE

Eine Eskalation drohte auch in Jerusalem. Dort verstießen Juden gegen seit langem geltende Vorschriften und beteten auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee, wo einst jüdische Schreine standen. Im Internet verbreitete Videos zeigten, wie die Polizei eingriff, um die Gläubigen zu stoppen. Palästinenser protestierten gegen die jüdischen Gebete auf Moscheegelände. Die Moschee befindet sich auf einem der umstrittensten heiligen Orte im Nahen Osten. Die Juden bezeichnen ihn als Tempelberg. Den Muslimen ist es die drittheiligste Stätte nach Mekka und Medina. Auf dem Moscheegelände ist nur muslimischer Gottesdienst erlaubt, Juden dürfen dort nicht beten. Einige taten es trotzdem, um Tischa B'Aw zu begehen, den Tag der Trauer um alte Tempel. Die beiden auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee wurden bereits in der Antike zerstört.

Das Auswärtige Amt in Berlin zeigte sich besorgt über die Entwicklung. "Wir verurteilen den Raketenbeschuss israelischer Städte und Gemeinden auf das Schärfste", erklärte eine Sprecherin und forderte ein sofortiges Ende. "Israel kann sich wie jeder andere Staat auf das Selbstverteidigungsrecht berufen. Zivilisten dürfen niemals das Ziel von Angriffen sein. Es gilt jetzt, eine weitere Eskalation zu verhindern und größtmögliche Zurückhaltung sowie die völkerrechtlich gebotene Verhältnismäßigkeit zu wahren."

(Bericht von Ali Sawafta, Ahmed Mohamed Hassan, Nidal al-Mughrabi und Dan Williams, geschrieben von Rene Wagner, Sabine Ehrhardt, Kerstin Dörr und Jörn Poltz. - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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