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Bitcoin: Kommt nun doch die Jahresendrally?

decentralist.de · Uhr
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Nach Wochen der Seitwärtsbewegung ist nun doch wieder etwas Leben in die Kryptowährung Bitcoin gekommen und hat den Preis jüngst wieder über die runde Marke von 20.000 Dollar getrieben, nachdem der Kurs dieses Niveau seit Anfang Oktober nicht mehr berühren konnte.

Der Aufschwung erfolgt im Einklang mit einer Erholung an den traditionellen Finanzmärkten, die nach Wochen des Trübsal Blasens ebenfalls wieder den Kopf nach oben recken. Zwar bleibt die makroökonomische Lage weiterhin düster, doch eine besser als erwartet ausgefallene Berichtssaison für das dritte Quartal kann die Köpfe der Anleger derzeit wieder ein wenig heben.

Bitcoin konnte sowohl die runde Marke von 20.000 Dollar zurückerobern als auch aus dem Abwärtstrend ausbrechen, der seit August vorgeherrscht hatte, und damit wieder ein wenig Momentum aufbauen. Die nächste Hürde steht derzeit bei der Marke von 20.800 Dollar, von größerer Relevanz für ein nachhaltig positives Preis Momentum dürfte jedoch die Marke bei 22.000 Dollar sein.

Quelle: Tradingview

Ebenfalls positiv gestaltet sich derzeit die Entwicklung der Gesamtmarktkapitalisierung des Krypto-Sektors, die auf charttechnischer Ebene den 200-Wochen-Trend vier Monate infolge als wichtigen Support verteidigen konnte, im Oktober jedoch Schwäche gezeigt und darunter notiert hatte. Mit dem jüngsten Aufschwung konnte der Kurs auf Monatsebene jedoch wieder über dem Support Fuß fassen und es zeichnet sich derzeit eine weitere charttechnische Bestätigung der Unterstützung auf Monatsebene ab. Ein weiteres Indiz für die Bildung eines Makro-Bodens in diesem Bärenmarkt.

Quelle: Tradingview

Wie ist die Lage?

Seit dem heftigen Einbruch des Gesamtmarktes im Juni, der eine ganze Reihe von Krypto-Projekten die Existenz gekostet hat, lecken sich die meisten Krypto-Anleger die Wunden und es herrscht wenig Bewegung am Markt. Die Entwicklung des Krypto-Sektors hängt weiterhin von der makroökonomischen Entwicklung an den Finanzmärkten – und vor allem von den Maßnahmen der Notenbanken – ab. Die Federal Reserve wird stand jetzt weiterhin an ihrem straffen Fahrplan festhalten und die Zinsen bis in das nächste Jahr hinein erhöhen.

Das bleibt denn auch weiterhin die Hauptsorge am Markt, da viele Marktbeobachter befürchten, dass durch die steigenden Zinsen und den dadurch entstehenden zusätzlichen Druck auf Wirtschaft und Finanzmärkte etwas fundamental kaputt gehen könnte. Ob das der Immobilienmarkt, die Anleihemärkte oder eine andere Baustelle sein könnte, darüber herrscht weiterhin Rätselraten. Mit den Problemen am chinesischen Immobilienmarkt, der kritischen Energiesituation in Europa und der immer noch in der Schwebe hängenden Finanzkrise in Großbritannien gibt es auch weiterhin einige andere Wildcards, die jederzeit zu einem Problem für die globalen Märkte werden könnten.

Die Stimmung ist weiterhin am Tiefpunkt – die Fundamentals auch?

Was jedoch ebenfalls ein Faktor ist: Die Stimmung der Finanzmarkteilnehmer ist weiterhin so trüb wie lange nicht mehr. Ein Großteil der Anleger rechnet weiterhin mit dem Schlimmsten. Das gilt ebenso für die traditionellen Finanzmärkte wie auch für den Krypto-Sektor, wo immer noch Kursziele für Bitcoin von 10.000 Dollar als Boden für den derzeitigen Bärenmarkt diskutiert werden. Die Tatsache, dass der Markt immer noch das Schlimmste befürchtet, könnte sich jedoch als stützender Faktor erweisen und eben nicht für einen weiteren herben Einbruch sorgen, vor allem wenn die diversen aufgezählten Probleme sich nicht oder zumindest nicht in voller Blüte entfalten sollten.

Hinzu kommt, dass die Berichtssaison für das dritte Quartal, die derzeit noch läuft, im Großen und Ganzen wesentlich besser ausfällt als vom Markt erwartet, was sich ebenfalls als stützender Faktor erweisen könnte. Eine herbe Rezession, wie viele befürchten, scheint doch noch nicht ganz unausweichlich zu werden. Letzten Endes bleibt der Kurs der US-Notenbank der entscheidende Faktor, wie stark die Wirtschaft noch unter Druck gesetzt wird und wie heftig eine befürchtete Rezession ausfallen könnte. Zwar will die Fed offiziell an ihrem unbarmherzigen Fahrplan festhalten, doch die jüngste Abschwächung des US-Dollars könnte darauf hindeuten, dass der Markt der Fed die vorgespielte Härte nicht ganz abkauft und damit rechnet, dass vielleicht doch bereits früher als kommuniziert ein Ende der Zinserhöhungsphase in Sicht sein könnte.

Quelle: Tradingview

Nach der enormen Rally ist der US-Dollar-Kurs-Index DXY wieder bis zurück an die Ausbruchszone von 110 Punkten und bereits darunter gerutscht und der Rally scheint mehr und mehr die Puste auszugehen. Das sorgt für Entspannung an den internationalen Märkten, da Druck von den Rohstoffpreisen und in Dollar denominierten Krediten genommen wird. Zudem steht immer noch eine gigantische Menge Geld an der Seitenlinie und wartet nur darauf, wieder in den Markt zu strömen.

Wenn der Deckel einmal offen ist, wird das den Dollar weiter schwächen und Risk-On-Werte wie Aktien, aber auch Kryptowährungen stärken, da die Anleger ihr Kapital wieder in die Märkte fließen lassen. Dazu braucht es jedoch mehr Sicherheit in der allgemeinen Datenlage. Die Börsen hassen nichts mehr als Unsicherheit.

Es bleibt ein Drahtseilakt

Die beiden größten Gewichte auf der Waage bleiben die Inflationsentwicklung und die Rezessionsgefahr, die beide Hand in Hand gehen. Im Optimalfall löst sich die Inflation schneller auf, als die Wirtschaft abschwächt und kann der Fed Spielraum für Lockerungen geben, ohne die Wirtschaft vorher in eine ausgewachsene Rezession stürzen zu lassen. Im pessimistischen Fall hält die Inflation sich so lange hartnäckig oben, dass die Fed weiter hart bleiben muss und letzten Endes eine Rezession herbeiführt, die die Inflation auf wesentlich schmerzhaftere Weise abwürgen wird.

Strategen von Goldman Sachs haben das Dilemma der Märkte in einer jüngsten Markteinschätzung recht treffend skizziert. Die derzeitige Erleichterung an den Märkten fühle sich laut den Analysten verfrüht an, da „keine der beiden Bedingungen – also eine überzeugende Inflationsentlastung oder ein erkennbarer Übergang in Richtung einer regelrechten Rezession – entschieden erfüllt sind, von denen wir glauben, dass sie für einen nachhaltigen Wandel notwendig sind. Daher glauben wir nicht, dass der Druck für strengere finanzielle Bedingungen beendet ist.“

Unmittelbar entscheidend wird der nächste Zinsentscheid der Fed am 2. November sein. Sollte die Fed weniger stark erhöhen – bspw. 0,5% - wird das die derzeitige Erholung voraussichtlich weiter befeuern, da es die Hoffnungen der Anleger auf eine mildere Fed bestärken würde. Folgen darauf weitere positive Inflationsdaten – also ein weiterer Rückgang der Teuerung – dürfte dies das Momentum weiter verstärken. Sollte sich keine Erleichterung bei den Inflationszahlen bemerkbar machen, stehen die Märkte erneut im selben Dilemma wie zuvor.

Für die Entwicklung des Bitcoin-Kurses und des restlichen Krypto-Marktes bleibt diese übergeordnete Entwicklung letzten Endes entscheidend, da eine Rally unmittelbar nur durch das Kapital, welches an der Wall Street am Seitenrand lauert, befeuert werden kann. Die langfristige Adaption geht zwar weiter, doch neue Investoren aus dem privaten Sektor sind aufgrund der schwierigen makroökonomischen Lage und dem derzeitigen Stimmungstief vor allem im Krypto-Sektor zumindest in den nächsten Monaten eher nicht als treibende Kraft zu erwarten. Die Korrelation mit den traditionellen Finanzmärkten, vor allem jedoch mit dem Dollar, dürfte vorerst noch anhalten.

Quelle: Tradingview

Ob eine eventuelle Jahresendrally sich als Bärenmarktrally oder als Start einer nächsten nachhaltigen Aufwärtsphase entpuppt, steht ebenfalls noch in den Sternen. Dazu bedarf es weiterer Daten bezüglich der konjunkturellen Entwicklung. Sollte sich der Kriegsverlauf in Europa überraschend positiv entwickeln, die Lage in China sich entspannen und die Inflation in den USA sich abschwächen, sodass die Fed lockerer werden kann, würde das jedoch das Fundament für den nächsten Bullrun legen. Vielleicht reicht sogar schon einer dieser Faktoren für ein besseres Jahr 2023. Hoffen wir das Beste und bereiten uns auf das Schlimmste vor. Denken Sie langfristig...

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