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Geldpolitische Normalisierung als Bremsklotz für die Börsen

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Quelle: onvista

Hallo Leute! Geldpolitische Diskussion ohne Ende – das ist die Erkenntnis der ersten Januarwoche. Die Profis schreiben Fortsetzungsgeschichten, die sich meist nur wenig voneinander unterscheiden. Ein intensiver Beobachter (dessen Meinung ich sehr schätze) ist Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management. Und der will an ein ruhiges 2023 nicht glauben – auch wegen der Notenbanken.

So argumentiert der Zinsexperte: Nach dem turbulenten Jahr 2022 besteht Hoffnung auf ein besseres 2023. In den vergangenen Wochen gab es Anzeichen dafür, dass die Wachstumsaussichten weiterhin relativ gut sind. Das Unternehmens- und das Verbrauchervertrauen haben sich stabilisiert, die Rezessionsängste scheinen zumindest für eine gewisse Zeit in den Hintergrund gerückt zu sein. Die Wiedereröffnung der chinesischen Wirtschaft wird ebenfalls als wachstumsfördernd angesehen. Die Gaspreise sind wegen des milden Winterwetters in Europa auf ein Niveau gesunken, das es zuletzt vor Beginn des Ukraine-Kriegs gab. In Kombination mit ebenfalls sinkenden Ölpreisen hat das dazu beigetragen, dass die Inflationsdaten nach unten überrascht haben.

Insgesamt haben diese Entwicklungen die Stimmung an den Finanzmärkten zu Jahresbeginn gestützt. Es stellt sich jedoch die Frage: Ist dies der Beginn eines Trends, der die Investmentlandschaft im neuen Jahr prägen wird? Oder handelt es sich lediglich um eine kurze Atempause inmitten eines geldpolitischen Straffungszyklus, der weiterhin einen erheblichen Gegenwind für die Bewertungen von Vermögenswerten darstellt? „Wir haben den Eindruck, dass wir uns in den kommenden Monaten dem Höhepunkt des Zinserhöhungszyklus nähern könnten. Die Inflation dürfte sich im Laufe des Jahres auf beiden Seiten des Atlantiks weiter abschwächen. Angesichts der nach wie vor angespannten Lage auf den Arbeitsmärkten besteht jedoch das Risiko, dass der Lohndruck auch in den kommenden Quartalen die Preise treiben könnte“, schreibt der Fixed-Income-Stratege.

Selbst wenn die Nachrichten zur Gesamtinflation ermutigender aussehen: Die Kernraten deuten darauf hin, dass die Teuerung weiterhin deutlich über den geldpolitischen Zielen liegt. Wir sind daher der Meinung, dass die Entscheidungsträger nur langsam zu einer lockereren Haltung übergehen könnten – solange keine stärkere Abschwächung der Wirtschaftstätigkeit zu verzeichnen ist. Darüber hinaus signalisiert die US-Notenbank Federal Reserve weiterhin Unbehagen bezüglich der Lockerung der finanziellen Bedingungen. Die Zinssätze könnten also noch einige Zeit im restriktiven Bereich bleiben, bis die Inflation stärker unter Kontrolle ist. Aus unserer Sicht werden sich die Zentralbanker, die von der im Jahr 2022 nach oben schießenden Inflation überrascht wurden, sich davor hüten, die Geldpolitik voreilig zu lockern und einen weiteren Preisanstieg zu riskieren.

Die Marktteilnehmer rechnen derzeit mit weiteren Zinserhöhungen bis zum Frühjahr. Wir sind aber skeptisch, ob die Zinssätze danach so schnell zurückgehen werden wie in den Terminkontrakten eingepreist. Vor diesem Hintergrund werden die Federal Reserve und andere Zentralbanken in absehbarer Zeit aus unserer Sicht „eher eine Bedrohung als eine Unterstützung“ für die Märkte darstellen. Wir neigen daher weiterhin zu einer kurzen Duration (= Kapitalbindungsdauer). Fazit von BlueBay: Das Jahr wird sicherlich einige Überraschungen bereithalten. Anfang Januar ist es noch zu früh, das Ende des Winters auszurufen – das dürfte auch für die Finanzmärkte gelten.

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