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dpa-AFX · Uhr
    Ende der goldenen Zeiten, Kommentar zu Private Equity von Christoph
Ruhkamp
Frankfurt (ots) - Der Hype um Investments abseits der Börse ("Private Capital")
geht langsam zu Ende. Die Party war laut und nicht mehr zu übersehen in dieser
mit 8 Bill. Dollar ebenso großen wie undurchsichtigen Ecke des Finanzsystems.
Der Begriff umfasst so unterschiedliche, nicht börsennotierte und nicht
standardisiert gehandelte Vermögenswerte wie Wagniskapital (Venture Capital),
Immobilien, Private Equity (Unternehmensbeteiligungen), Infrastruktur und
Direktkredite (Direct Lending). Jahrelang trieben niedrige Anleiherenditen und
ausgereizte Aktienkurse die Investoren in diese Investmentfelder, so dass die
Assets under Management seit 2015 bis 2021 um jährlich rund 15 Prozent wuchsen.

Damit ist es jetzt vorbei. Das goldene Zeitalter der privaten Märkte endet - die
Mittelzuflüsse versiegen angesichts der Zinswende mit einem weniger üppig
sprudelnden Geldhahn der Notenbanken. Zum ersten Mal seit langem haben
Private-Equity-Firmen Schwierigkeiten, institutionelle Investoren zu finden, die
ihnen Kapital anvertrauen.

Das Fundraising ist vom Rekord des Jahres 2021 mit 700 Mrd. Dollar laut dem
Analysehaus Preqin auf 540 Mrd. Dollar im Jahr 2022 geschrumpft. Große Adressen
wie Carlyle und Apollo haben die Fristen für das mühsame Fundraising ihrer
nächsten großen Fonds schon um Monate nach hinten geschoben. Der Kapitalstrom
für die erfolgsverwöhnte Branche beginnt zu versiegen. Der "Denominator"-Effekt
torpediert das Fundraising: Weil die Börsenkurse gesunken sind, ist der Anteil
von Private Equity im Portfolio vieler institutioneller Investoren über die vom
Gesetz oder selbst auferlegte Grenze gestiegen.

Nachdem 2021 ein außergewöhnlich gutes Jahr für Private Equity war, ist das
Marktumfeld aufgrund der Verknappung und Verteuerung von Fremdkapital nun
deutlich schwieriger. In den Aktienkursen schlägt sich das längst nieder: Die
Börsenwerte von Branchenschwergewichten wie Apollo, Black­stone, Carlyle und KKR
haben allesamt 2022 um 20 bis 40 Prozent nachgegeben - und sich schlechter als
der S&P 500 entwickelt.

Seit KKR, die Mutter aller Private-Equity-Firmen, 1976 von Jerome Kohlberg,
Henry Kravis und George Roberts gegründet wurde, ist die Branche vor allem für
stark fremdfinanzierte Käufe von Mehrheitsbeteiligungen an relativ großen und
etablierten nicht börsennotierten Unternehmen samt anschließender
Kostensenkungen bekannt - ein Ruf, der 1989 in dem Buch und dem Film "Barbarians
at the Gate" verewigt wurde. Doch mit dem Schuldenhebel als wichtigstem
Instrument ist nun Schluss.

Zu den größten aktuellen Herausforderungen zählen die erhöhten Kosten und die
verringerte Verfügbarkeit des Leverage. Es wird schwieriger, aus Beteiligungen
auszusteigen und dabei die intern festgesetzte Mindestrendite (Hurdle Rate) zu
übertreffen. Der Wettbewerb um Akquisitionsziele drückt auf die Renditen. Ebenso
wie die Tatsache, dass immer größere Teile der Kapitalzusagen - im Fachjargon
"Dry Powder" - nicht mehr in Buy-outs, sondern in Immobilien oder Krediten
angelegt werden. Die Private-Equity-Riesen agieren insofern wie klassische
Assetmanager und Banken. Auf ihren Unternehmensbeteiligungen werden sie in
vielen Fällen noch lange sitzen bleiben, wenn sie mit Gewinn aussteigen wollen.

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