Siemens trotzt der Konjunktur besser als gedacht

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- von Alexander Hübner

München (Reuters) - Siemens kommt besser durch das Konjunkturtal als gedacht. Der Vorstand des Münchner Technologiekonzerns schraubte seine Umsatz- und Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 (per Ende September) nach einem Rekordquartal nach oben.

Vorstandschef Roland Busch sprach am Mittwochabend vom "bislang stärksten Start in ein neues Geschäftsjahr". Der Umsatz lag in den Monaten von Oktober bis Dezember mit 18,1 Milliarden Euro um acht Prozent über Vorjahr, der Auftragseingang hielt sich besser als Analysten geschätzt hatten. Beim operativen Gewinn legte Siemens überraschend um neun Prozent auf 2,7 Milliarden Euro zu, die Experten waren von einem stagnierenden Ergebnis ausgegangen.

"Mit vollen Auftragsbüchern und vorübergehend gezielt höheren Eindeckungen bei kritischen Beständen sind wir auch für die nächsten Quartale bestens auf weiteres profitables Wachstum vorbereitet", sagte Finanzvorstand Ralf Thomas am Vorabend der Hauptversammlung, die zum dritten Mal nur im virtuellen Format abgehalten wird. Siemens stellt nun ein Umsatzwachstum auf vergleichbarer Basis von sieben bis zehn (bisher sechs bis neun) Prozent in Aussicht. Das bereinigte Ergebnis je Aktie soll mit 8,90 bis 9,40 (bisher 8,70 bis 9,20) Euro ebenfalls höher ausfallen als geplant. 16 von Siemens befragte Analysten hatten für 2022/23 nur mit Umsätzen und Gewinnen am unteren Rand der bisherigen Prognosen gerechnet.

Besser als gedacht entwickelt sich derzeit vor allem die Industrieautomatisierungs-Sparte Digital Industries, aber auch das Geschäft mit Infrastruktur- und Gebäudetechnik. Der Nettogewinn dürfte im Geschäftsjahr ebenfalls deutlich stärker steigen als erwartet. Im ersten Quartal sank er aber auf 1,6 (2021/22: 1,8) Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr hatte eine Milliardenabschreibung auf die Beteiligung am Energietechnik-Konzern Siemens Energy den Gewinn gedrückt.

Siemens war bereits mit einem Auftragsbestand von mehr als 100 Milliarden Euro in das Geschäftsjahr gegangen und kann die schwierige Konjunktur deshalb gut abfangen. Beim Auftragseingang ist davon bisher wenig zu spüren. Im ersten Quartal ging er zwar um acht Prozent auf 22,6 Milliarden Euro zurück. Das lag aber vor allem an Milliardenaufträgen für Züge im vergangenen Jahr und daran, dass die Kunden angesichts brüchiger Lieferketten mehr bestellt hatten. Doch Siemens hatte kaum mit Nachschub-Problemen zu kämpfen. Am Trend, dass der Auftragseingang größer ausfällt als der Umsatz, soll sich auch in den nächsten Monaten nichts ändern.

REICHEN DIE ZAHLEN NUN AUCH DEM KAPITALMARKT?

Der Optimismus des Siemens-Vorstandes kam auch an der Börse gut an. Die Siemens-Aktie, die den Xetra-Handel mit einem Minus von 0,6 Prozent beendet hatte, legte im Späthandel 1,1 Prozent auf 143,40 Euro zu und näherte sich damit dem vor knapp einem Jahr erreichten Zwölf-Monats-Hoch. Dabei hatte Fondsmanagerin Vera Diehl von Union Investment im Vorfeld des Aktionärstreffens noch geunkt: "Operativ läuft alles rund bei Siemens, aber das reicht dem Kapitalmarkt nicht."

Das Aushängeschild von Siemens, Digital Industries, rechnet für das Gesamtjahr nun mit einem Umsatzwachstum zwischen 12 und 15 (bisher 10 bis 13) Prozent und einer Marge von 20 (bisher 19) bis 22 Prozent. Smart Infrastructure soll bei einem Umsatzwachstum von neun bis zwölf (bisher acht bis elf) Prozent 13,5 bis 14,5 Prozent Marge abwerfen, einen halben Prozentpunkt mehr als bisher. Dort schnellte der operative Gewinn im ersten Quartal um fast die Hälfte nach oben. Im Plan liegt die Zug-Sparte, die beim Ergebnis bisher noch auf der Stelle tritt. Hier werden ein Umsatzplus von sechs bis neun Prozent und eine Marge von acht bis zehn Prozent erwartet.

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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