Bitcoin: Gegenwind aus den USA, Rückenwind aus China?!

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Quelle: AlyoshinE/Shutterstock.com

Der derzeitige Markt bleibt ein unsicheres Terrain für Krypto-Investoren. Während die Regulations-Front in den USA sich immer weiter verhärtet, scheint sich nun Rückenwind von gänzlich unerwarteter Seite aufzutun. Der Bitcoin-Kurs spiegelt weiterhin die Unentschlossenheit des Marktes wider und befindet sich im Limbus zwischen Bullen- und Bärenmarkt.

Nach dem gescheiterten Vorstoß der letzten Tage, die runde Marke von 25.000 USD und gleichzeitig den 200-Wochen-Trend zu überwinden, scheint der Bitcoin-Kurs nun Unterstützung bei der Marke von 24.000 USD zu finden, während gleichzeitig auch der US-Aktienmarkt sich ein wenig vom jüngsten Abverkauf erholt.

Damit bleibt Bitcoin deutlich über seinem 200-Tage-Trend, blickt jedoch weiterhin auf den 200-Wochen-Trend als wichtige Hürde, deren Überwindung einen Übergang in einen längerfristigen Aufwärtstrend verspricht.

Während das „Golden Cross“ im Daily Hoffnung auf eine Fortführung der Rally macht, signalisiert das „Death Cross“ des 50- und des 200-Wochen-Trends im Weekly-Chart, wie signifikant die derzeitige Doppel-Hürde aus 200-Wochen-Trend und der runden Marke von 25.000 USD sind, die das Tief aus dem Sommer-Crash um den Kollaps von Terra Luna und dessen Stablecoin TerraUSD markiert.

Quelle: Alexander Mayer

In den USA wird es regulatorisch richtig ungemütlich

Für den meisten Angstschweiß unter Krypto-Investoren sorgt derzeit definitiv die entflammte Diskussion um die richtige Regulatorik des Krypto-Sektors in den USA. Der Tenor scheint sich mehr und mehr dahin zu verschieben, dass die amtierenden politischen Kräfte und die Regulierungsbehörden den Sektor lieber aus den heimischen Finanzmärkten herausekeln wollen, als ihn auf konstruktive Weise zu regulieren.

Bei dem Mitte Februar stattgefundenen Hearing des US-Senats zum Krypto-Crash 2022 ist die negative Haltung vieler US-Politiker gegenüber dem Sektor noch einmal deutlich zutage getreten. Es sind eine Menge Aussagen gefallen, die die feindliche Haltung und die Skepsis um den wirklichen Nutzen von Krypto vor allem aus Sicht von Politikern der demokratischen Partei deutlich gemacht haben.

Die zweifelhaften Verbindungen des SEC-Chefs Gary Gensler und einiger hochrangiger Politiker mit Sam Bankman-Fried, dem ehemaligen CEO der implodierten Skandal-Krypto-Börse FTX, sind dabei etwas kurz gekommen, während lieber ausführlich über die allgemeinen Gefahren von Krypto für Privatinvestoren diskutiert wurde und nicht über zweifelhafte Anbieter, die bisher von maßregelnden Aktionen der Regulierungsbehörden wundersamerweise gänzlich verschont geblieben sind.

Die US-Börsenaufsicht SEC um Chef Gary Gensler hat jüngst ihren Kreuzzug gegen den Sektor eröffnet, indem sie unter anderem gegen Kraken, einer der kooperativsten und am besten reguliertesten US-Krypto-Börsen und deren Staking-Service vorgegangen sind. Angesichts der feindlichen Haltung vieler US-Politiker und der derzeitigen Vorgehensweise der Behörden herrscht nun verständlicherweise die Angst am Krypto-Markt, dass sich der Druck an der regulatorischen Front ausweiten wird.

Im schlimmsten Fall wird erst die US-Wahl 2024 einen Umschwung auf dieser Ebene bringen und auch nur dann, wenn die Republikaner das politische Ruder in den USA übernehmen. Während von Seiten der Demokraten eine Taktik gefahren wird, die auf eine extreme Kontrolle des Sektors und ein Abstoßen von nicht als Banken registrierten Krypto-Firmen abzielt, findet man unter Republikanern in der Tendenz eine wesentlich liberalere Einstellung gegenüber Krypto. Man könnte argumentieren, dass diese Unterschiede auch ganz generell auf beide Parteien zutreffen, da die Demokraten eine deutlichere fiskalische und politische Moderation als den richtigen Weg ansehen und die Republikaner hingegen möglichst wenig staatliche Kontrolle anstreben. Eine Bewertung beider Ansichten will ich hier keinesfalls vornehmen, jedoch denke ich, dass in Sachen Krypto-Regulierung in den USA wahrscheinlich eine republikanische Regierung zu einem konstruktiveren Ergebnis führen könnte.

Die Fed betreibt weiter Quantitative Tightening, doch in Asien wird fleißig Geld gedruckt

Eine unnötig harte Regulierung in den USA ist eine große Herausforderung für den Krypto-Sektor und kurz- bis mittelfristig definitiv eine Belastung für die Kursentwicklung. Im Makro-Bild bleibt jedoch immer noch die Geldpolitik der alles entscheidende Faktor für die Richtung der Märkte und damit vorerst auch Krypto.

Die Fed hält zwar weiterhin an ihrem straffen Kurs fest, doch die Märkte glauben weiterhin nicht so richtig daran, dass die US-Notenbanker diesen Pfad noch lange so durchziehen können, da die Gefahren durch die verzögert auftretenden Folgeeffekte weiterhin wie ein Damoklesschwert über den Märkten und der Wirtschaft hängen, auch wenn die Konjunkturdaten bisher robust bleiben.

Die Fed mag zwar die wichtigste Notenbank auf dem Planeten sein, doch sie ist nicht die einzige. Und bei den anderen Zentralbanken zeichnet sich ein anderes Bild ab. Die EZB mag zwar dem Pfad der FED folgen, doch sie kann dies niemals im selben Ausmaß tun, dazu sind vor allem die südlichen EU-Länder zu überschuldet. Mit dem 2022 neu eingeführten Werkzeug, dass den Kauf spezifischer Staatsanleihen erlaubt hat man bereits gesehen, dass die EZB sich alle Auswege offenhält, um zwar irgendwie die Inflation im Euroraum mit Zinserhöhungen zu bekämpfen, gleichzeitig jedoch trotzdem die schützende Hand unter die hochverschuldeten Staaten zu halten, um sie nicht abstürzen zu lassen. Der Spielraum der EZB ist viel enger als der der Federal Reserve.

Währenddessen wird in Asien fleißig die Druckerpresse bedient. Die japanische Notenbank kämpft gegen einen Anstieg der selbst gesetzten Zinsobergrenze von 0,5% für zehnjährige Staatsanleihen und hat zuletzt mit einem weiteren Notfall-Anleihekaufprogramm Staatsanleihen mit einem Gegenwert von umgerechnet 2,2 Milliarden Dollar gekauft und stemmt sich damit weiterhin gegen einen Ausverkauf am heimischen Anleihemarkt.

Währenddessen geht China in die Vollen und pumpt derzeit massenweise Liquidität in die heimischen Märkte, um die schwächelnde Wirtschaft zu stützen. China hat durch die lange durchgezogene Zero-Covid-Politik wirtschaftlich gelitten, da wichtige Produktionsstandorte lange dicht waren. Der chinesische Immobilienmarkt ist jedoch das eigentliche Sorgenkind, denn während der Immobilienmarkt in den USA bereits eine extrem wichtige Rolle für deren Wirtschaft spielt, ist der chinesische Immobilienmarkt einer der, wenn nicht sogar der wichtigste Pfeiler für die heimische Wirtschaft und auch den Wohlstand der Bevölkerung.

Und dieser Markt befindet sich nun schon seit Jahrzehnten in einer massiven Blase. Bereits 2021 sind mit den Problemen um den chinesischen Immobilienriesen Evergrande die strukturellen Risse ans Tageslicht gekommen. Am Markt wird nun vermutet, dass die chinesische Regierung vor allem aufgrund der strukturellen Probleme des Immobilienmarktes Geld ins System pumpt. Die Peoples Bank of China hält Stand Dezember 2022 umgerechnet gut 6 Billionen Dollar an Assets auf ihrem Balancesheet. Während die EZB und die FED ihr Balancesheet und damit die Geldmenge minimal verringern, wird in Asien in einem derzeit höheren Tempo die Geldmenge ausgeweitet und erzeugt damit auf globaler Ebene weiterhin eine wachsende Geldmenge. China ist dabei derzeit der entscheidende Faktor.

Für einen Deepdive in die Zahlen empfehle ich Ihnen folgenden Twitter-Thread von tedtalksmacro, in dem im Detail auf die derzeitigen Käufe eingegangen und anhand einiger Charts visualisiert wird:

Das allein ist jedoch noch kein Argument für steigende Krypto-Preise, denn vor allem China hat strikte Zugangsbeschränkungen um seine Finanzmärkte herum aufgebaut, die Geld-Zu- und -abflüsse schwierig machen. Allerdings scheint nun in Hongkong, dem global und vor allem für den asiatischen Raum wichtigen Finanz-Hub ein frischer Wind zu wehen, denn die strengen Restriktionen für den Handel mit Kryptos und auch die Ansiedlung für Krypto-Firmen scheinen dort nun nach und nach aufgehoben zu werden. Ein Verbot für den Besitz und Handel mit Krypto-Assets für Privatinvestoren scheint bald vom Tisch zu sein.

Das eröffnet in Kombination mit der lockeren Geldpolitik im asiatischen Raum die Chance auf ein ähnliches Szenario, wie wir es 2020 im Westen gesehen haben, als die Geld-Bazooka der Federal Reserve für eine extreme Rally bei Risk-On-Assets wie Aktien und Krypto gesorgt hat. Die derzeitige Rally im Krypto-Sektor könnte man teilweise als eine erste Antizipation des Marktes eines solchen Szenarios bewerten. Hongkong kann hierbei als Umschlagsplatz für chinesische Kapitalflüsse dienen, die ihren Weg in Krypto-Assets suchen.

Dieses Szenario ist natürlich alles andere als sicher, vor allem da die chinesische Regierung eine ganz andere Handhabe zur Verwaltung des Landes und der heimischen Märkte hat, als es im Westen der Fall ist. Sollte zu erkennen sein, dass die Liquidität nicht im ausreichenden Maße dahinfließt, wo sie hin soll (bspw. in den Immobilienmarkt), sondern zu einer neuen Spekulationsblase bei Risk-On-Assets wie chinesischen Aktien oder auch Krypto führen, dann könnten entsprechende Maßnahmen zur Entgegenwirkung schnell folgen. Offiziell behält die chinesische Regierung zudem natürlich immer noch ihre Anti-Krypto-Haltung bei.

Im langfristigen Bild sind die derzeitigen Aktionen der Notenbanken jedoch nur ein weiteres Signal dafür, wie angeschlagen die derzeitigen Finanzinfrastrukturen und das Geldsystem sind. Dem langfristigen Investmentcase von Bitcoin als autonomer und nicht manipulierbarer Alternative und hartem Asset spielt das nachlassende Vertrauen in dieses Konstrukt in die Karten und dürfte neben möglichen kurzfristigen, von weiteren Spekulationen und billigem Geld befeuerten Preis-Rallyes, auch weitere Investoren mit langfristigem Horizont anlocken.

Coinbase startet eigene Blockchain

 Zum Schluss möchte ich Ihnen noch einen Hinweis zu Ihrer eigenen Sicherheit geben, falls Sie bereits tiefer im Krypto-Markt unterwegs sind und an dezentralen Börsenplätzen handeln. Die US-Börse Coinbase hat jüngst eine eigene Blockchain angekündigt, an der das Unternehmen bereits entwickelt. Es wird allerdings KEINEN eigenen Token für diese Blockchain geben. Es kursieren jedoch bereits Fake-Coins unter dem Namen „BASE“ und anderen Namen auf dezentralen Plattformen. Bei diesen handelt es sich um Betrug, seien Sie also vorsichtig. Mehr zu der neuen Blockchain von Coinbase und was das für Ethereum und den Krypto-Sektor bedeutet, erfahren Sie demnächst.

Denken Sie langfristig!

Investieren ist ein Handwerk mit klar gesetzten Möglichkeiten und Zielen. Es isoliert zu betrachten und anzuwenden führt jedoch in den meisten Fällen nicht zum Erfolg. Nur wer die 4 Säulen für das richtige Fundament berücksichtigt, kann erfolgreich sein. Mehr dazu in der neuen Video-Ausgabe von decentralist.

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