Heiko Böhmer: Trotz aller Krisen – bleiben Sie ein realistischer Optimist

Heiko Böhmer · Uhr
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Zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs fällt es schon etwas schwer, optimistisch zu sein. Zudem ist die Rückkehr des Krieges nach Europa nur eine der vielen Polykrisen, die uns derzeit beschäftigen. An den Börsen sorgt die immer noch hohe Inflation für Belastungen – genauso wie die wieder massiv gestiegenen Zinsen. In diesem Umfeld hilft es einfach, eine Haltung als realistischer Optimist einzunehmen - ohne dabei blauäugig zu agieren.

Mir ist der Zusatz realistisch an dieser Stelle sehr wichtig. Denn nur mit Optimismus verstellt man sich schnell den Blick auf die Realität. Wir kennen es alle: Zu optimistische Zukunftseinschätzungen können sich schnell als Falle erweisen. Wenn man einfach immer annimmt, dass die Dinge in der Zukunft schon besser werden, dann fühlt sich das gut an. Das Fortschreiben eines Trends in die Zukunft sieht gut aus und bietet eine vorgetäuschte Sicherheit.

Leider geht es aber an der Realität (ob nun der politischen oder wirtschaftlichen) komplett vorbei. Die Hoffnung auf eine gute Zukunft ist eine Form des Optimismus, die man auch deshalb häufiger sieht, weil die Vorstellung der Alternative einfach zu grausam ist. Ganz ehrlich: genauso ging es mir mit dem Ukraine-Krieg. Bis kurz vor dem Ausbruch habe ich eine solche massive militärische Eskalation für unmöglich gehalten. Ich wähnte mich in der falschen Sicherheit einer langen Friedensperiode im Herzen Europas.

Nun halte ich mich grundsätzlich für einen Optimisten. Persönlich denke ich, die Dinge werden im Laufe der Zeit für die meisten Menschen besser werden. Doch ich bin mir bewusst, dass es auf dem Weg dahin eine Menge Rückschläge, Überraschungen, Chaos und Enttäuschungen geben wird. Aber auch dieser qualifizierte Optimismus bedarf der Rechtfertigung. Warum glaube ich, dass es besser werden wird?

Sicherlich ist es möglich, dass sich nichts verbessert. Nur weil sich viele Dinge in der Vergangenheit immer weiter verbessert haben, heißt das nicht, dass sich dieser Trend einfach fortsetzt. Doch es gibt zumindest zwei Faktoren, die mich an dieser Stelle optimistisch in die Zukunft und auf die vor uns liegende Verbesserungen blicken lassen.

Innovation erfolgt oft aus der Krise heraus

Als erstes bleibt hier festzuhalten: Viele gute Dinge haben sich als Reaktion auf schlimme Ereignisse oder Entwicklungen ergeben. Ich bin an dieser Stelle zuversichtlich, dass die aktuellen Herausforderungen den Forschergeist des Menschen so stimulieren, dass hier weitreichende Lösungen für die Zukunft kommen. Der US-Investment-Experte Morgan Housel bringt es so auf den Punkt: „Die Evolution lehrt nicht, indem sie dir zeigt, was funktioniert, sondern indem sie zerstört, was nicht funktioniert.

So ergab sich aus der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre ein massiver Produktivitätsschub. Der Zweite Weltkrieg hat viele bahnbrechende Erfindungen hervorgebracht, die heute zu unserem Alltag gehören wie die Atomenergie, Jets oder auch das Penicillin. Nassim Taleb, Autor des Erfolgsbuches „Der Schwarze Schwan“ sagt es so: „Die überschüssige Energie, die durch Überreaktion auf Rückschläge freigesetzt wird, ist das, was innovativ ist.“

Der Leistungsgedanke treibt uns an

Und dann kommt noch der Leistungsgedanke ins Spiel, denn es ist der menschliche Wunsch vergangene Erfolge immer wieder zu übertreffen. Gleichzeitig wird bestehendes Wissen weitergetragen und so auch weiterentwickelt. Ein Beispiel aus dem Sport verdeutlicht diese Dynamik: Allein um sich heute für den Boston Marathon zu qualifizieren, ist eine zeitliche Leistung erforderlich, die vor 100 Jahren noch ausgereicht hätte, um nur 9 Minuten unterhalb des Marathon-Weltrekords zu liegen. Das gilt natürlich auch für andere Bereiche. Beispiel Medizin: Sicherlich hat ein Medizin-Student heute mit dem Abschluss des Grundstudiums mehr medizinisches Wissen als ein erfahrener Arzt vor 50 Jahren.

Also gilt tatsächlich: Bleiben Sie optimistisch für die Zukunft, denn die Chancen stehen realistisch gesehen gut, dass es besser wird. Das gibt uns auch Hoffnung für so eine vertrackte Situation wie den Ukraine-Krieg, bei dem sich leider auch nach einem Jahr noch kein Ende andeutet. Aber wie gesagt: Dinge verändern sich oft schneller, als wir annehmen.

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