Bitcoin: Jetzt kann ALLES passieren

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Eines kann man den Märkten derzeit wahrlich nicht unterstellen: Langeweile. Was in den letzten Tagen passiert ist und weiterhin passiert, kann man nur als „wild“ bezeichnen. Im Worst-Case-Szenario blicken wir einer systemischen Krise des Finanzsektors entgegen, die böse Erinnerungen an die Geschehnisse aus 2008 hervorrufen. So schlimm das auch für die Welt wäre, den Investmentcase für Bitcoin stellt der derzeitige Zustand an den Finanzmärkten mehr und mehr ins Rampenlicht.

Vom Retest der runden Marke von 20.000 USD und des 200-Tage-Trends, der nach dem Fall der für den Krypto-Sektor so wichtigen US-Bank Silvergate geschehen ist, hat sich der Kurs mittlerweile um fast 35 Prozent nach oben katapultiert.

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Mit der heutigen Tageskerze und einem weiteren Anstieg von über 5% versucht sich der Bitcoin-Kurs erneut an einem Ausbruch über die runde Marke von 25.000$ und den 200-Wochen-Trend, unter dem der Kurs nun bereits den neunten Monat infolge herumdümpelt.

Ein Ausbruch über den 200-Tage-Trend gelt stets als bullisches Zeichen für Vermögenswerte, so auch für Bitcoin. Doch der 200-Wochen-Trend spielt ebenfalls eine besondere Rolle für Bitcoin, da er im langfristigen Bild bereits mehrmals ein Signal für den Boden eines Bitcoin-Bärenmarktes war. Diese Rolle musste der Indikator jedoch im derzeitigen Bärenmarkt aufgeben.

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Umso relevanter wird eine Rückeroberung des 200-Wochen-Trends für die Bestätigung eines Endes des derzeitigen Bärenmarktes und eines Übergangs in eine neue langanhaltende bullische Preisphase werden.

Zwei unterschiedliche Narrative treiben den Bitcoin-Kurs derzeit an

Ein starkes Narrativ, was in den letzten Tagen im Angesicht gleich mehrerer kollabierter Banken und Bailouts immer mehr Futter erhalten hat, ist der wahre Usecase von Bitcoin, der nun deutlich in den Fokus rückt: Bitcoin ist ein komplett autonomes System. Die Bitcoin-Blockchain läuft 24/7 – es benötigt weder Geschäftsbanken noch eine Zentralbank, um Bitcoin-Transaktionen weltweit tätigen zu können. Von der bei Bitcoin nicht möglichen Geldmengenausweitung ganz abgesehen.

Nun dürften sich viele Anleger zweimal überlegen, ob sie nicht doch zumindest einen Teil ihres Kapitals in diesen komplett separiert vom Bankensystem funktionierenden Wertspeicher stecken sollen. Die Regierungen und Zentralbanken eilen zwar fleißig zur Rettung und stützen den Bankensektor, doch es ist ein offenes Rennen, ob die derzeitige Situation ohne weitere Reibereien so einfach gelöst werden kann.

Das zweite treibende Narrativ hinter der Bitcoin-Rally kommt von der komplett gegenteiligen Seite: Angesichts der sich nun aufzeigenden Risse im Finanzsystem müssen die Zentralbanken und Regierungen einmal mehr einspringen und großzügig Geld ins System pumpen. Das war der beherrschende Treiber für die Kursentwicklung von Vermögenswerten an den internationalen Finanzmärkten, seitdem in der Finanzkrise 2008 die Ära der großen Moderierung der Zentralbanken eingeläutet wurde. Vor allem im Zuge der vollkommen außer Kontrolle geratenen Geldmengenausweitung während der Corona-Pandemie hat auch Bitcoin erheblich davon profitiert und viele Geldflüsse aus dieser Quelle verzeichnet.

Genau das scheint sich nun wieder abzuspielen. Ein Blick auf das Balancesheet der Fed verrät, dass das Gelddrucken bereits wieder begonnen haben könnte. In dieser Woche hat die Fed ihr Balancesheet um knapp 300 Milliarden Dollar auf insgesamt 8,6 Billionen Dollar erhöht und den Wert damit auf einen Stand aus Ende 2021 zurück nach oben katapultiert.

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Man könnte nun argumentieren, dass es sich hierbei nicht wirklich um QE handelt, da es lediglich um Kredite für die Banken sind. Diese können sie sich im Gegenzug für ihre Staatsanleihen besorgen, die ihnen aufgrund der Entwicklungen an den Anleihemärkten in 2022 nun als riesige unrealisierte Verluste im Balancesheet sitzen. Die Fed nimmt diese Wertpapiere nicht zu ihrem Marktwert, sondern zu 100% des Werts als Collateral, um den Banken die nötige Liquidität zu geben, um weitere Bankruns zu verhindern.

Unter der Annahme, dass die Banken die Kredite zurückzahlen und die Fed danach nicht weiter neue Liquidität in den Markt pumpt, wäre das tatsächlich kein QE. Doch wollen wir uns hier wirklich etwas vorlügen? Die Balancesheets vieler Banken wurden durch die extreme Geschwindigkeit der geldpolitischen Straffung zu einem Pulverfass gemacht. Die Kurse der Anleihen sind invers zu den steigenden Zinsen am Anleihemarkt gefallen und die Banken sitzen nun auf gigantischen unrealisierten Verlusten, obwohl Staatsanleihen eigentlich als sicherer Parkplatz für Kundenkapital gelten. Angesichts dieses systemischen Risikos wird die Fed im Zweifel wohl kaum den Geldhahn versiegen lassen.

Es bleibt ein großer Spielverderber übrig

Das bullische Momentum für Bitcoin scheint also derzeit gleich von zwei verschiedenen Richtungen Rückenwind zu erhalten. Leider gibt es trotzdem einen Joker, der Bitcoin seinen derzeitigen Lauf vermiesen kann: die US-Regierung.

Die letzten Tage haben den Fokus weg von dem Regulierungskreuzzug gezogen, doch wenn man sich die Details anschaut, erkennt man die wirklich krude Vorgehensweise der US-Regulatoren gegen den Sektor. Silvergate als wichtigste US-Krypto-Bank wurde im Grunde durch eine Mischung aus Panikmache, extrem aggressiver rechtlicher Maßnahmen und mangelnder Unterstützung aus dem Markt gejagt. Der Fall der Silicon Valley Bank wurde kurze Zeit später ausgenutzt, um die Signature Bank, den letzten großen verbleibenden US-Dienstleister für Krypto-Unternehmen, ebenfalls vom Markt zu fegen.

Signature hatte zwar Probleme, doch laut Aussage der Führungsebene wäre man in der Lage gewesen den Sturm auszuhalten und eine Insolvenz hätte vermieden werden können. Die US-Regierung hat die Bank jedoch dicht gemacht, offiziell mit der Begründung, ein systemisches Risiko zu verhindern. Es gibt jedoch Vorwürfe von mehreren Seiten, dass der einzige Grund für die strikte Vorgehensweise ein weiterer Angriff auf den Krypto-Sektor war

Laut dem US-Politiker und Repräsentantenhaus-Mitglied Tom Emmer nutzt die Regierung das Chaos an den Märkten, „um den Krypto-Sektor auszuschalten“. Zudem wurde seitens der Behörden die Vorgabe an eventuelle Käufer der Signature Bank gegeben, dass eine Übernahme nur erlaubt wäre, wenn die Krypto-bezogenen Geschäfte aufgegeben würden, wie Reuters berichtet. Dies wurde jedoch von offizieller Seite mittlerweile wieder dementiert. Es scheint offensichtlich, dass die Regulatoren die Bande zwischen dem US-Finanzsystem und Krypto nun mit Gewalt kappen wollen.

Bitcoin bleibt eine Wildcard

Die offensichtlich feindliche Gesinnung der US-Regierung gegenüber Krypto bleibt eine Gefahr, die dem wachsenden Narrativ von Bitcoin als Alternative zum derzeitigen Bankensystem und den auflodernden Gefahren gegenübersteht. Wirklich angreifen können sie jedoch nur Krypto-Projekte, die innerhalb der USA operieren. Durch weitere Verbote, regulatorische Angriffe und ein Abschneiden des Krypto-Sektors vom US-Bankensystem können sie Bitcoin höchstens indirekt schädigen. Die USA sind jedoch nicht das einzige Land der Welt. Zudem werden Investoren immer Wege finden, ihr Kapital dahin zu schleusen, wo sie es haben wollen.

Unmittelbar bleibt ein nachhaltiger Ausbruch über den 200-Wochen-Trend und eine charttechnische Bestätigung mindestens im Weekly die größte Aufgabe für Bitcoin, um ein Ende des Bärenmarktes und weiteres Futter für eine ausgewachsene Rally zu signalisieren.

Denken Sie langfristig!

Sind die Bitcoin-Preiszyklen noch intakt? Welches Bitcoinkurs-Szenario bleibt für 2023 weiterhin am wahrscheinlichsten? Die Antworten darauf finden Sie in der neuen Video-Ausgabe von decentralist.

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