Schlafwandelnd in die Finanzkrise 2.0? Bitcoin-Investmentcase stark wie nie

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Die US-Notenbank Federal Reserve hat am Mittwoch eine weitere Erhöhung des US-Leitzinses um 0,25% auf eine Spannweite von nun 4,75 - 5% beschlossen. Das war vom Markt bereits so eingepreist und hat dementsprechend nicht für große Kursbewegungen gesorgt.

Fed fährt weiter nach Fahrplan

Viel mehr von Interesse für die Marktteilnehmer war ohnehin die darauffolgende Pressekonferenz, in der der Fed-Vorsitzende Jerome Powell die weitere Guideline für die Geldpolitik der Notenbank gegeben hat. Die Fed beobachtet die derzeitigen Vorgänge im Bankensystem mit Argusaugen, allerdings sei der Vorfall um die Silicon Valley Bank ein Einzelvorfall und das Ergebnis einer „sehr schlecht gemanagten Bank“ gewesen. Man sehe keine weitere Gefahr, das Bankensystem sei robust aufgestellt und die Kundeneinlagen seien sicher, so Powell.

Die Fed will ihren bisherigen Fahrplan zunächst weiter durchziehen und Zinssenkungen, wie es mittlerweile viele Marktteilnehmer schon in diesem Jahr erwarten, sind laut Powell bisher definitiv nicht auf der Agenda der Notenbank. Angesichts der derzeitigen Probleme im Bankensystem könnte es allerdings bald zu einem Ende der Zinserhöhungen kommen. Powell hat auch darauf hingewiesen, dass die Finanzierungsbedingungen am Markt schwieriger werden, da Banken aufgrund der Unsicherheit und der Sorge vor einer Rezession weniger Kredite vergeben. Dies wirkt sich zusätzlich auf einen Rückgang der Inflation aus. Laut Powell wird man sich eng an den weiteren Konjunkturdaten orientieren und anhand dessen weitere Zinsentscheidungen treffen.

Hat Janet Yellen den Boden für weitere Bankruns bereitet?

Mit der Pressekonferenz hat Powell zwar viele Fragen offengelassen und die Unsicherheit bei weitem nicht beseitigen können, allerdings hat er keine große Marktreaktion ausgelöst. Anders war das bei der darauffolgenden Pressekonferenz mit US-Finanzministerin Janet Yellen. Yellen hat auf Nachfrage keine Universalversicherung aller Kundeneinlagen in amerikanischen Banken zugesagt. Dies sei bisher weder diskutiert noch überhaupt in Betracht gezogen worden.

Das hat für eine deutlich negative Reaktion an den US-Aktienmärkten gesorgt, denn mit dieser Aussage hat Yellen im Grunde den Boden für weitere Bankruns auf regionale US-Banken bereitet. Wenn Kundengelder angesichts der derzeitigen Unsicherheiten im Bankensektor und der Problematik der unrealisierten Verluste durch US-Staatsanleihen, in denen viele Kundeneinlagen der Banken stecken, im Zweifel nicht durch den Staat gesichert werden, dürften viele Bankkunden es sich zweimal überlegen, ob sie ihr Geld bei den regionalen Banken liegen lassen.

Wie sieht es an den Märkten aus?

Die Aktienmärkte haben nach den Aussagen Yellens deutlich negativ reagiert. Vor allem Aktien kleinerer US-Banken sind in den Keller gerutscht. Der S&P 500 ist um 1,6% bis zurück an seinen 200-Tage-Trend gefallen. Es herrscht weiterhin die Angst davor, dass es zu weiteren Problemen im Banken-Sektor kommen wird. Ein Blick auf die Anleihemärkte zeigt, dass die Anleger auch von dem Fahrplan der Federal Reserve alles andere als überzeugt sind.

Die Renditen der US-Anleihen sind nach der Pressekonferenz deutlich gesunken, da Anleger vermehrt in Staatsanleihen als sicheren Hafen geflüchtet sind. Wenn der Kurs von Anleihen durch eine höhere Kauf-Nachfrage steigt, sinkt die Rendite der Anleihen entsprechend. Der Markt geht weiterhin davon aus, dass bald eine 180 Grad-Wende der Fed kommen muss.

Bis Anfang 2024 werden vom Markt bereits mit einer hohen Wahrscheinlichkeit drei Zinssenkungen prognostiziert.

Wie ist nun die Lage bei Bitcoin?

Bitcoin ist in den Tagen bis zu Fed-Pressekonferenz bis an die Marke von 28.000$ geklettert und hat sich zwischenzeitlich an einem Ausbruch versucht. Die Zinserhöhung und vor allem die Aussagen der Fed, bis auf weiteres ihrem Plan treu zu bleiben, haben dann aber doch für Enttäuschung gesorgt und der Rally vorerst den Treibstoff genommen. Der Kurs ist zwischenzeitlich bis unter die Marke von 27.000$ gesunken, konnte sich nun jedoch wieder deutlich darüber stabilisieren.

Dass die Rally nach diesem Ergebnis des FOMC Meetings eine Pause einlegt, war abzusehen. Die Hoffnung auf eine deutlich lockerere Geldpolitik und damit noch mehr Liquidität an den Märkten, die in Assets wie Aktien oder auch Krypto fließen kann, sind nun unmittelbar vorbei. Das war eines der Narrative, die die Bitcoin-Rally zuletzt angetrieben hatten. Allerdings ist der Preis auch bei weitem nicht kollabiert, sondern hält sich vorerst weiterhin oben. Das zweite große Narrativ, welches sich im Zuge der Turbulenzen im Banken-Sektor der letzten Wochen herauskristallisiert hat, ist noch im Spiel.

Die Lage an den Finanzmärkten ist derzeit wahrlich unschön: Die Banken leiden derzeit unter einem enormen Vertrauensverlust, da weitere Eskalationen wie bei der Silicon Valley Bank befürchtet werden. Cash zu halten ist also derzeit schwierig. US-Treasuries sind eine gute Alternative – man sieht auch das Interesse des Marktes an dieser Zuflucht anhand der steigenden Kurse und sinkenden Zinsen. Allerdings droht hier langfristig eine erhebliche Entwertung durch die wieder angeworfene Druckerpresse, um die Banken stabil zu halten. Selbst Zinsen von 4 – 5% in US-Treasuries sind wenig attraktiv, wenn die Inflation wieder von der Kette gelassen wird. In Aktien kann man auch nicht unbedingt gehen, denn eine ausgewachsene Rezession braut sich weiterhin als Bedrohung am Horizont zusammen. Wertspeicher wie Gold und Bitcoin strahlen in diesem düsteren Umfeld als attraktive Alternative. Bitcoin dabei aufgrund seiner technologischen Überlegenheit gegenüber dem Edelmetall noch mehr als Gold.

Darum kann sich das „Safe Haven“-Narrativ für Bitcoin jetzt langfristig etablieren

Anders als im vergangenen Jahrzehnt, in dem Bitcoin synchron mit anderen Risk-On-Assets auf den Wellen der lockeren Geldpolitik gesurft ist und bei Anzeichen von Gegenwind im Makro-Bild entsprechend mit abverkauft wurde, wird sein echter Usecase als unabhängiger Wertspeicher und Geldsystem zum ersten Mal seit seiner Existenz wirklich relevant. Bitcoin wurde aus der letzten Finanzkrise heraus geboren und ist genau für Probleme, wie wir sie derzeit sehen, gemacht. Der Fahrplan der Fed und der US-Regierung – und im weiteren Sinne des globalen Finanzsystems, denn der Dollar gibt immer noch die Richtung vor – kann nur so lange gutgehen, bis die nächste Bank Risse bekommt und das System stabilisiert werden muss. Im Endeffekt pokern die Entscheidungsträger, dass ihre derzeitigen Maßnahmen ausreichen, um das Vertrauen ins Banken- und Geldsystem nicht schwinden zu lassen.

Denn Vertrauen ist letzten Endes die einzige Währung, die das heutige Geldsystem zusammenhält, nichts anderes. Sollten weitere Risse auftreten, dann wäre ein Emergency-Rate-Cut und eine weitere Flut an Liquidität ein wahrscheinliches Szenario. Das würde einen Kollaps des Bankensystems wahrscheinlich verhindern – so wie es 2008 der Fall war – im heutigen Umfeld würde das jedoch Öl ins Inflationsfeuer gießen. Und Kapital in Bitcoin. Unmittelbar könnte nun trotzdem ein Retest des 200-Wochen-Trends auf dem Niveau von ungefähr 25.000$ anstehen. Eine charttechnische Bestätigung würde das bullische Makro-Bild, dass sich für Bitcoin geformt hat, sowie einen Übergang in einen langfristigen neuen Aufwärtstrend aus meiner Sicht bestätigen.

Finanzkrise 2008 als lehrreiche Warnung für Investoren

Die Zuversicht der Behörden, dass die Bankenkrise im Keim erstickt wurde und man alles unter Kontrolle hat, so wie Powell es während der Pressekonferenz deutlich gemacht hat, sollte man zudem mit Vorsicht genießen. Ein mahnendes Beispiel ist die Finanzkrise 2008. Diese hat sich letzten Endes über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren gezogen (2007 – erstes Halbjahr 2009).

Anfang 2007 wurden die ersten Probleme im Immobiliensektor in den USA wahrgenommen, Ende 2007 meldeten die US-Banken Merrill Lynch und Bear Stearns die ersten deutlichen Buchverluste. Anfang 2008 weiteten sich diese Meldungen im ganzen Bankensektor aus und die Fed musste mit Zinssenkungen reagieren. Mitte 2008 ist Bear Stearns dann kollabiert und wurde von JPMorgan übernommen. Kurz darauf erschienen die ersten Risse bei Lehman Brothers. Erst im September 2008 ist Lehman dann umgekippt.

Quelle: decentralist

Auch wenn die Behörden teilweise aus der Finanzkrise 2008 gelernt haben und nun wesentlich schneller reagieren können und zudem noch mächtigere Werkzeuge haben, um direkt am Markt zu intervenieren. Letzten Endes bleibt es trotzdem dabei, dass Vertrauen die einzige relevante Währung im Fractional-Reserve-Banking und im Fiat-Geld-System ist. Und Vertrauen beruht auf Emotionen. Manchmal reicht auch eine Geldflut nicht, um diese positiv zu beeinflussen.

Emotionslose Mathematik hingegen schreibt gnadenlos Block um Block in der Bitcoin-Blockchain und menschliche Schwächen wie Gier, Korruption oder impulsive Entscheidungen sind ihr fremd. In einem auf in Form von Rechenleistung aufgewendeter Energie betriebenen Geldsystem ist kein Vertrauen notwendig, denn die Mathematik ist ein Naturgesetz, das nicht gebrochen werden kann.

Bitcoin funktioniert ohne Zentral- und Geschäftsbanken und macht genau das, was es soll – ohne versteckte Agenda oder unfaire Spielregeln. Das ist der Investment- und Usecase für Bitcoin.

Denken Sie langfristig! An den Märkten herrscht bereits seit Monaten die Sorge, dass ein Großteil der Quittung für die letzten Jahre noch nicht bezahlt wurde. Ist das Schlimmste bereits überstanden oder kommt noch mehr? Die Anleihemärkte schreien bereit seit Monaten eine Warnung heraus. Wie die Lage aussieht, erfahren Sie in der neuen Video-Ausgabe von decentralist.

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