WOCHENAUSBLICK: Dax-Anleger bleiben in Woche der Notenbanken wohl vorsichtig

dpa-AFX · Uhr

FRANKFURT (dpa-AFX) - Am deutschen Aktienmarkt warten die Anleger in der neuen Woche gebannt auf die geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB). Aktuell wird damit gerechnet, dass beide die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte anheben, um der hohen Inflation endlich Herr zu werden. Doch die EZB könnte die Geldpolitik auch stärker straffen, was an der Börse wohl für Unruhe sorgen würde.

Bereits in den vergangenen Tagen war zu spüren gewesen, dass die Anleger vor diesen wichtigen Notenbanksitzungen keine großen Risiken eingehen wollen. So hat sich der deutsche Leitindex Dax nur mit Mühe von Jahreshoch zu Jahreshoch gehangelt. Vor der runden Marke von 16 000 Punkten aber schreckte das Börsenbarometer immer wieder zurück. Damit gerät auch das Rekordhoch von gut 16 290 Punkten vom November 2021 erst einmal etwas aus dem Blick. "An den Aktienmärkten herrscht eine abwartende Haltung vor, bis sich die weiteren Perspektiven klären", schrieb Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank.

Volkswirt Bernd Weidensteiner von der Commerzbank betonte, dass die Fed und die Europäische Zentralbank seit dem letzten Jahr ihre Leitzinsen angesichts der galoppierenden Inflation bereits außerordentlich rasch erhöht hätten. In der neuen Woche werden seiner Meinung nach wohl beide Notenbanken ihre Zinsen weiter anheben. Dabei dürfte sich die Fed am Mittwoch erneut mit 0,25 Prozentpunkten begnügen. Die EZB könnte einen Gang herunterschalten, auch wenn einige Ratsmitglieder versuchten, einen weiteren großen Zinsschritt um 0,5 Prozentpunkte im Spiel zu halten.

Zinserhöhungen gelten zwar als wirkungsvollstes Instrument der Notenbanken zur Bekämpfung der Inflation, können jedoch auch gravierende Nebenwirkungen haben: Investitionen und Kredite verteuern sich, sodass die Menschen weniger konsumieren und das Wirtschaftswachstum letztlich abgewürgt werden kann.

Gleichwohl bleiben die Experten der Weberbank erst einmal zuversichtlich: "Für Anleger ist das Marktumfeld zwar weiter herausfordernd, aber nicht so unattraktiv, wie man es vor dem Hintergrund der konjunkturellen Unwägbarkeiten vermuten würde." Mit jedem Zinsschritt der Notenbanken werde die Wahrscheinlichkeit für weitere restriktive Maßnahmen geringer. Da die Märkte nicht den Status Quo, sondern die Zukunft handelten, könnten sich Aktien weiter gut entwickeln.

Allerdings sollten Anleger auch nicht vergessen, dass mit dem Monat Mai für gewöhnlich die "Saure-Gurken-Zeit" am Aktienmarkt beginnt. Der Dax komme jetzt in eine saisonal gesehen schwierige Phase, schrieb Marktanalyst Konstantin Oldenburger vom Handelshaus CMC Markets. Der Mai sei seit Jahren ein heikler Monat, der nach dem "Flash Crash" an der Wall Street am 6. Mai 2010 seinen wohlverdienten Ruf genieße.

"Früher gehörte der Mai im Tandem mit dem Juni zu den Katastrophenmonaten an der Börse", fuhr Oldenburger fort. Ob es diesmal genauso kommt, dürfte vor allem von der Fed abhängen, die auf ihrer Sitzung die Weichen für die zweite Jahreshälfte stellen werde.

Aktienstratege Markus Reinwand von der Landesbank Hessen-Thüringen bleibt erst einmal vorsichtig. Die bisherige Entwicklung insbesondere bei deutschen und europäischen Titeln sei zwar beeindruckend. Dennoch sei die Stimmung unter den Anlegern von anhaltender Skepsis geprägt. Schließlich ließe sich eine ganze Latte von Risikofaktoren aufzählen. Reinwand resümierte: "Was läge also näher, als getreu der alten Börsenweisheit 'Sell in May' nun die Gewinne mitzunehmen? Immerhin existieren inzwischen dank massiv gestiegener Zinsen wieder Anlagealternativen."

Zudem geht in der neuen Woche die Berichtssaison der Unternehmen in eine weitere Runde. Sie könnte mehr Auskunft darüber geben, wie stark sich die gestiegenen Zinsen bereits in den jeweiligen Bilanzen bemerkbar gemacht haben. Besonders dicht gedrängt ist dabei das Programm am Donnerstag. Dann präsentieren auch etliche Dax-Unternehmen ihre Geschäftszahlen, darunter die Autobauer BMW und Volkswagen , der Konsumgüterkonzern Henkel und das Wohnungsbauunternehmen Vonovia ./la/tih/he

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---

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