Kolumne

ChatGPT-Opfer und Profiteure: Plattformen überzeugen mit starken Geschäftszahlen

Holger Schmidt · Uhr
Quelle: Ascannio/Shutterstock.com

Gute Quartalszahlen, aber schlechtes Makro-Umfeld: Viele Plattform-Unternehmen wie Alphabet, Microsoft, Meta oder Uber haben für das erste Quartal sehr ordentliche Bilanzen vorgelegt, die meist über den Erwartungen lagen. Die Geschäftsmodelle funktionieren, die Entlassungen beginnen zu wirken und die Investoren hoffen, dass die Unternehmen mit Hilfe künstlicher Intelligenz nun dauerhaft produktiver werden. Denn viele Tech-Unternehmen beginnen nun, Verwaltungs-Jobs durch die KI zu ersetzen, um künftig mit weniger Personal auszukommen. 30 Prozent des Personals im Back-Office könne auf diese Weise eingespart werden, hofft IBM.

Andere Unternehmen kommunizieren diese Hoffnung nicht so laut, dürften aber ähnlich Erwartungen mit der KI verbinden. Allerdings bringt die KI nicht nur Profiteure hervor: Die Lernplattform Chegg musste die Erwartungen für dieses Jahr dämpfen, da Nutzer sich stärker mit Hilfe von ChatGPT weiterbilden. Das Ergebnis war ein Kurseinbruch um fast 50 Prozent an einem Tag. Weitere „ChatGPT-Opfer“ werden folgen. Trotz der Aufbruchstimmung in der Tech-Branche belastet die makroökonomische Lage die Kurse. Die weiter schwelende Bankenkrise, unerwartet hohe Inflationswerte trotz schwacher Konjunktur und wahrscheinlich sogar weiter steigende Zinsen belasten vor allem die Wachstumswerte.

Entwicklung ausgewählter Plattform-Unternehmen in der vergangenen Woche:

Uber: + 23 Prozent

Der Taxi-Dienst, der mit seinem Lieferdienst Uber Eats inzwischen ein veritables Zweitgeschäft aufgebaut hat, überzeugte mit unerwartet starkem Wachstum bei gleichzeitig geringerem Verlust. Auch hier spielt Künstliche Intelligenz inzwischen eine Rolle: CEO Dara Khosrowshahi sagte, die globale Größe verschaffe des Unternehmens einen "signifikanten Datenvorteil" gegenüber seinen Konkurrenten, der es Uber ermöglichen werde, KI-Lösungen auf beiden Marktseiten (Fahrgäste und Fahrer) einzusetzen.

Khosrowshahi sagte, dass Uber bereits KI einsetzt, um "hochpräzise" Ankunftszeiten für Fahrten und Lieferungen vorherzusagen und um das Onboarding von Fahrern zu beschleunigen, indem Dokumente zuverlässiger und effizienter verarbeitet werden. "Wir befinden uns noch in der Anfangsphase der Nutzung großer Datenmodelle, um die Nutzererfahrung und Effizienz unserer Plattform zu verbessern, und es wird noch viel mehr kommen", so Khosrowshahi in seinen Ausführungen.

Quelle: Holger Schmidt

Amazon: -1,3 Prozent

Als Amazon seine Zahlen für das erste Quartal verkündete, legte der Aktienkurs schnell zweistellig zu: Umsatz + 9 Prozent, Gewinn + 30 Prozent, Cloud-Sparte + 16 Prozent, Online-Werbung + 21 Prozent, Händlerservices + 18 Prozent und Abos + 15 Prozent. Allesamt Zuwächse über den Erwartungen und auch das Sparprogramm des neuen CEOs Andy Jassy scheint eine schnelle Rückkehr zu alten Margen eingeleitet zu haben.

Erst der Hinweis des CFOs Brian Olsavsky auf ein schwaches Cloud-Geschäft im April ließ die Kursgewinne wieder abschmelzen. Tatsächlich scheint die Cloud-Sparte AWS, die mit einem Marktanteil von 32 Prozent immer noch in Führung liegt, gerade etwas an Schwung zu verlieren. Konkurrent Microsoft hat mit der Integration von ChatGPT in seine Services gerade das Momentum auf seiner Seite. Amazon bemüht sich nun, seine Ambitionen in der Künstlichen Intelligenz hochzufahren. Ein Large-Language-Modell soll nun Alexa Beine machen.

Microsoft: +3,4 Prozent

Der Softwarekonzern hat mit seinem Umsatz und Gewinn die Erwartungen klar übertroffen. Wichtig für den Kursanstieg war vor allem der Ausblick im aktuell komplexen Umfeld: "Wie bei jeder bedeutenden Plattformveränderung steht am Anfang die Innovation. Wir freuen uns über die ersten Rückmeldungen und Nachfragesignale zu den KI-Funktionen, die wir bisher angekündigt haben", sagte Amy Hood, Chief Financial Officer. Künstliche Intelligenz könnte vor allem helfen, die Cloud-Sparte Azure im Wettbewerb gegen Amazon und Google zu stärken.

Das sehen die Analysten auch so: "Wir glauben, dass Microsoft eine der überzeugendsten Investitionsmöglichkeiten in der Technologiebranche und in allen Sektoren ist", schrieb Kash Rangan, Analyst bei Goldman Sachs. "Microsofts differenzierte Positionierung in den Bereichen Public Cloud und generative KI sowie die einzigartige Fähigkeit, konsolidierte Lösungen zu liefern, treiben die Aktiengewinne und die Outperformance gegenüber den Erwartungen der Börse an", schrieb Morgan Stanley-Analyst Keith Weiss in einer Investorenmitteilung.

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