Gewinnwarnung von Lanxess wirft Schatten auf Chemieindustrie

Reuters · Uhr

- von Patricia Weiss

Frankfurt (Reuters) - Die Gewinnwarnung von Lanxess schürt Sorgen vor weiteren Prognosesenkungen in der Chemieindustrie.

Denn die von vielen Unternehmen erwartete Erholung im zweiten Halbjahr scheint auszubleiben, vor allem in China. Lanxess-Aktien fielen am Dienstag um mehr als 16 Prozent auf 26,33 Euro und damit auf den niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahren. Im Sog des Kölner Spezialchemiekonzerns gaben auch andere Chemiewerte deutlich nach. BASF fielen um fast drei Prozent, Covestro um mehr als fünf Prozent und Evonik um knapp vier Prozent. Die Prognosesenkung von Lanxess sei nach den jüngsten Warnungen aus der Branche, etwa von Croda und Victrex, zwar keine völlige Überraschung mehr, aber vor allem das zweite Quartal enttäusche, sagte ein Händler.

Chemieaktien waren bereits zum Wochenstart wegen Konjunktursorgen auf Talfahrt gegangen. Großbanken hatten nach den jüngsten Schwächezeichen der Wirtschaft in China reihenweise ihre Wachstumsprognosen für das Land gesenkt. Jüngste Daten zeigen, dass Chinas Wirtschaft bei der Aufholjagd nach der Corona-Krise nur langsam vorankommt. Die Industrieproduktion stieg im Mai mit 3,5 Prozent so langsam wie seit Februar nicht mehr. Nach Einschätzung von Analyst Konstantin Wiechert von Baader Helvea lässt die Entwicklung bei Lanxess darauf schließen, dass die Prognosen aller Unternehmen, die eine spürbare Verbesserung in China im zweiten Halbjahr erwarten, gefährdet sind. Dies dürfte vor allem BASF, Evonik, Ems-Chemie und Lenzing betreffen.

Der Kunsstoffkonzern Covestro bekräftigte nach der Lanxess-Gewinnwarnung seine Jahresziele. BASF und Evonik wollten sich nicht äußern. Ein BASF-Sprecher verwies allerdings darauf, dass Vorstandschef Martin Brudermüller bereits bei der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal Ende April gesagt hatte, dass vom zweiten Quartal nicht zu viel erwartet werden dürfte, es sei ein schwieriges Jahresviertel. Nach Einschätzung von Analyst Martin Evans von der HSBC war Brudermüller damit bereits "erfrischend geradeheraus". Evans geht davon aus, dass die Prognosen von BASF gefährdet sind. Denn die auch von BASF für die zweite Jahreshälfte erhoffte Erholung dürfte sich wegen des Abbaus von Lagerbeständen bei den Kunden, schwacher Chemikalienpreise und höherer Zinsen auf 2024 verschieben.

Auch der Verband der chemischen Industrie VCI erwartet nicht, dass sich die Lage für die Chemieunternehmen in den kommenden Monaten signifikant verbessern wird. "Die Aufträge gehen weiter zurück", sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. "Besonders stark getroffen hat es wegen der Energiekrise die europäische Chemie."

Lanxess hatte am Montagabend mitgeteilt, dass im zweiten Quartal wohl nur ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von etwa 100 Millionen Euro zu Buche stehen dürfte statt des ursprünglich erwarteten Ergebnisses auf dem Niveau des ersten Quartals von 189 Millionen. "Die Nachfragebelebung, die wir für das zweite Halbjahr erwartet haben, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar – weder in China noch in anderen für uns wichtigen Märkten", sagte Vorstandschef Matthias Zachert. Die sehr schwache Nachfrage, vor allem aus der Bau- und Elektronikindustrie, sowie der Lagerabbau bei Kunden dauerten an. Sollte es nicht zu einem Anziehen der Nachfrage kommen, rechnet Lanxess nun in diesem Jahr mit einem bereinigtem Ergebnis von 600 bis 650 Millionen Euro. Zuletzt hatte Zachert 850 bis 950 (2022: 930) Millionen prognostiziert.

(Mitarbeit von Linda Pasquini und Andrey Sychev, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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