RBI verschiebt Russland-Exit - Mögliche Abspaltung nun bis Jahresende

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- von Alexandra Schwarz-Goerlich und Tom Sims

Wien (Reuters) - Die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) verschiebt ihre Pläne für einen Ausstieg aus dem gewinnbringenden Russland-Geschäft.

Man strebe nun eine mögliche Abspaltung des Geschäfts bis Ende Dezember an, sagte Bankchef Johann Strobl am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Zuvor hatte der Manager einen sogenannten "Spin off" bis Ende September in Aussicht gestellt. "Aus heutiger Sicht ist das unwahrscheinlich", so Strobl.

Die RBI steht wegen ihres umstrittenen Russland-Geschäfts, das bisher der größte Ertragsbringer war, unter Druck von Investoren, Bankenaufsicht und US-Sanktionswächtern. Man sei weiter in Gesprächen mit den zuständigen Regulatoren und arbeite an beiden Optionen: Verkauf oder Abspaltung, sagte Strobl. "Wir sind nach wie vor entschlossen, eine Lösung zu finden", so der Banker. Diese könne allerdings mit zusätzlichen Kosten verbunden sein. Im Verkaufsprozess sei man "ein bisschen weiter" als mit einer Abspaltung, die komplexer sei. Bei beiden Optionen benötige die Bank zahlreiche Genehmigungen. Ein Verkauf muss laut früheren Angaben sogar von Russlands Präsident Wladimir Putin genehmigt werden.

Die RBI ist seit 30 Jahren in Russland aktiv und heute die größte westliche Bank in dem Land, das wegen seines Angriffs auf die Ukraine mit Sanktionen belegt wurde. Neben den Österreichern sind auch noch andere Geldhäuser - etwa die italienische Großbank UniCredit oder amerikanische Institute - dort aktiv. Seit Kriegsausbruch prüft die RBI die Optionen, die im März auf einen Verkauf oder eine Abspaltung eingegrenzt wurden. Währenddessen fährt die Bank ihr Geschäft in Russland zurück. So wurde das Kreditvolumen gemessen in Rubel seit Kriegsausbruch um 35 Prozent reduziert. Zudem zeigte sich erstmals ein deutlicher Gewinnrückgang in Russland: Das Ergebnis nach Steuern schrumpfte im zweiten Quartal um 28 Prozent auf 384 Millionen Euro. Gewinne abschöpfen kann die Konzernmutter in Wien wegen der Sanktionen aber nicht.

NEUEINSTELLUNGEN IM IT-BEREICH

Gestiegen ist in Russland hingegen die Zahl der Beschäftigten und Kunden der RBI. Ein Banksprecher erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters, dass der Großteil der Neueinstellungen auf den IT-Bereich entfalle. Der Stellenaufbau sei notwendig, da sich westliche IT-Dienstleister aus Russland zurückgezogen hätten und die Bank bei einem möglichen Verkauf oder einer Abspaltung IT-autark sein müsse. Zu den Kunden wollte sich der Sprecher nicht äußern. Er verwies aber darauf, dass Privatkunden in Russland von der Bank nicht abgelehnt werden dürften und man Basisdienstleistungen wie etwa ein Zahlungsverkehrskonto anbieten müsse. Diese Vorgabe gelte für das Kreditgeschäft allerdings nicht.

Insgesamt verbuchte die RBI im zweiten Quartal einen Gewinneinbruch um mehr als die Hälfte. Unter dem Strich sank das Ergebnis auf 578 Milliarden Euro nach 1,27 Milliarden Euro, was im Rahmen der Analystenerwartungen lag. An der Wiener Börse verloren die RBI-Aktien dennoch 3,5 Prozent.

Im Juni hatte Reuters berichtet, dass die Bank mit ihren Ausstiegsplänen nur schleppend vorankommt und der Zeitplan für eine mögliche Abspaltung wackelt. Kritiker werfen den noch in Russland tätigen westlichen Unternehmen vor, mit ihren Steuern den russischen Staatshaushalt zu unterstützen und damit indirekt den Krieg zu finanzieren. So plant Russland etwa die Einführung einer einmaligen Gewinnsteuer für Großunternehmen, die 300 Milliarden Rubel (knapp 3,0 Milliarden Euro) einbringen soll. Die RBI rechnet mit zusätzlichen Steuerzahlungen von bis zu 100 Millionen Euro, wie aus dem Halbjahresbericht hervorgeht.

Bezüglich der laufenden Untersuchung der US-Sanktionsbehörde Office of Foreign Assets Control (OFAC) erklärte die Bank, dass sie begonnen habe, die Fragen der Behörde zu beantworten. Strobl sagte, er sei zuversichtlich, dass die Systeme der Bank robust sind und man die Anforderungen erfüllen werde. Die RBI hatte zu Jahresbeginn ein Schreiben der US-Behörde bekommen, die einige Frage über das Geschäft in Russland und der Ukraine beantwortet haben will.

(Mitarbeit von Alexander Marrow; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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