Uniper will für acht Milliarden Euro "grüner" werden

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- von Alexander Hübner und Vera Eckert

Düsseldorf (Reuters) - Der Energieversorger Uniper will sich mit einem acht Milliarden Euro teuren Umbau von Erdgas und Kohle unabhängiger machen und sich vom Staat als Großaktionär lösen.

Durch die Entspannung am Gasmarkt und geschickte Absicherungsgeschäfte schreibt Uniper schneller als erwartet wieder schwarze Zahlen - so rasch, dass der Konzern nun prüfen muss, einen Teil seiner Staatshilfen von rund 13,5 Milliarden Euro zurückzuzahlen, wie Finanzvorständin Jutta Dönges am Dienstag in Düsseldorf sagte. Gleichzeitig will Uniper Milliarden in die Hand nehmen, um die Kohle- und Gaskraftwerke mit erneuerbaren Energien zu ersetzen und trotzdem Stadtwerke, Industrieunternehmen und Netzbetreiber verlässlich mit Strom zu versorgen. Der Kohleausstieg soll bis 2029 gelingen, acht Jahre früher als geplant.

"Durch unsere finanzielle Erholung haben wir uns wieder Spielraum für neues Wachstum und den Unternehmensumbau erarbeitet", sagte der neue Vorstandschef Michael Lewis. "Uniper ist zurück." Am Umbau führe nichts vorbei, schließlich gehe es darum, ein nachhaltig zukunftsfähiges Unternehmen zu schaffen. "Wir haben nicht die Option, nichts zu tun. Sonst kommt es nicht zur Energiewende." Dafür würden die Investitionen pro Jahr mehr als verdreifacht. Uniper wolle bereits 2040 CO2-neutral werden, zehn Jahre früher als geplant. 2030 sollen mehr als 80 Prozent der installierten Kraftwerksleistung CO2-frei Strom produzieren. Zurzeit sind es 20 Prozent. Von derzeit 22,5 Gigawatt Kapazität sollen dann 15 bis 20 Gigawatt übrig sein. Zugleich will Uniper selbst in Wind- und Solaranlagen investieren. Den Bau neuer Kernkraftwerke im Ausland schloss Lewis aus.

GRÜNE GASE

Vom Erdgas werde man aber nicht so rasch wegkommen. "Die grüne Elektrifizierung des Heizens, der Mobilität und weiterer Bereiche wird nicht schon morgen zur Realität", sagte Lewis. Gas bleibe eine wichtige Brückentechnologie. Erst nach und nach könne es Uniper durch Wasserstoff, Biomethan und andere "grüne Gase" ersetzen. Bis 2030 sollen sie fünf bis zehn Prozent des Portfolios ausmachen. Auch die eigenen Erdgasspeicher will Lewis zum Teil zu Wasserstoffspeichern umrüsten. Abstoßen will er - bis auf die von der EU geforderten Verkäufe von Firmenteilen wie dem Kraftwerk Datteln 4 - aus dem eigenen Portfolio nichts.

Der russische Gaslieferstopp hatte Uniper im vergangenen Jahr in Schieflage gebracht. Der Staatskonzern Gazprom hatte die Lieferungen über die Nord-Stream-Pipeline eingestellt, später wurde die Leitung durch Sabotage zerstört. Der Versorger musste Ersatz teuer einkaufen, um die Verpflichtungen gegenüber Kunden zu erfüllen, und häufte Milliardenverluste an. Am Ende musste der Bund für 13,5 Milliarden Euro den Versorger retten, er hält 99 Prozent der Anteile.

Nun hat sich das Blatt gewendet. Uniper konnte im ersten Halbjahr milliardenschwere Rückstellungen für drohende weitere Verluste aus dem Ausfall russischer Lieferungen auflösen. Alle Lieferverpflichtungen für dieses und das kommende Jahr seien durch Termingeschäfte abgesichert. "Ich kann deshalb heute mit Sicherheit sagen, dass sich 2022 für uns nicht wiederholen wird", sagte Lewis. Nach sechs Monaten steht ein bereinigter Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) von 3,70 Milliarden (2022: minus 757 Millionen) Euro zu Buche, bis zum Jahresende soll das Ebit auf einen mittleren einstelligen Milliardenbetrag wachsen.

VERHANDLUNGEN ÜBER STAATSAUSSTIEG

Finanzchefin Dönges warnte, diese Gewinne würden sich in den nächsten Jahren nicht wiederholen. "Angesichts der Preisrückgänge an den Rohstoffmärkten wird sich die Ertragslage von Uniper aber perspektivisch normalisieren." Wegen der Gewinnwende prüft Uniper nun, ob der Staat nicht mehr Geld in das Unternehmen gepumpt hat als nötig - eine solche "Überkompensation" wäre nach EU-Beihilferecht verboten. Uniper hat seine Kreditlinie bei der Staatsbank KfW bereits auf 11,5 Milliarden von 16,5 Milliarden Euro zurückgefahren.

Bis 2028 muss der Bund ohnehin seine Beteiligung auf 25 Prozent plus eine Aktie reduziert habe, einen Ausstiegsplan dafür muss er bis Ende dieses Jahres vorlegen. Dönges sagte, es gehe darum, das Unternehmen so schnell wie möglich kapitalmarktfähig zu machen, um dem Staat die Möglichkeit zu eröffnen. Wie der Ausstieg vonstatten gehen soll, ließ sie offen. Ein Verkauf der Anteile an einen Investor sei ebenso denkbar wie eine Rückkehr an die Börse.

(Mitarbeit: Hans Seidenstücker, Rachel More, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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